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Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters

Titel: Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
Autoren: Joe Rosenberg
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TEIL I
    DAS STUDENTENHEIM
      
    Kapitel eins
    Die Spieler
      
    Karl Cullinane spießte mit seiner Gabel die letzte Spargelstange von der Edelstahlplatte mitten auf dem Tisch. Er machte sich nicht die Mühe, den Spargel auf seinem Teller abzulegen, ehe er hineinbiß. Der Spargel war kalt und matschig, fast ohne Geschmack. Karl schluckte ihn schnell herunter.
    »Karl, du bist ein Schwein. Ein zugegeben mageres, aber ein Schwein.« Andrea Andropolous' Lächeln nahm die größte Bissigkeit aus ihrer Bemerkung. Sie hatte so leise gesprochen, daß in der überfüllten Mensa niemand anders bei dem Klappern des Geschirrs und den Unterhaltungen von über hundert Studenten sie verstehen konnte.
    Karl schrieb das natürlicher Freundlichkeit zu. Zum Teufel, sie hatte es geschafft, daß er es – beinahe – mochte, wenn sie ihm einen Korb gab. Normaler weise drehte sich ihm bei der »Wir-wollen-nur-gute-Freunde-sein«-Masche vor stiller Wut der Magen um.
    »Ich muß los, Andy-Andy. Heute abend ist ein Spiel.« Er nahm noch einen Bissen, fügte einen Schluck lauwarmen, schwarzen Kaffee hinzu und schluckte alles schnell hinunter. »Wenn ich zu spät komme, fangen sie todsicher ohne mich an und jagen Barak eine Nacht hinaus auf die Weide.«
    »Du meinst, sie lassen den Hengst raus.« Sie lachte leise und zeigte dabei zwei Reihen weißer, eben mäßiger Zähne.
    Karl mochte ihr Lachen, ihr Lächeln. Er hatte die Vor stellung, daß jemand mit seinem Lächeln einen Raum aufhellen könnte, für Phantasie gehalten. Bis er Andy-Andy begegnet war. Das hieß nicht, daß er ir gend etwas gegen Phantasie gehabt hätte, ganz im …
    »Das ist doch schwachsinniger Scheiß«, sagte sie und lächelte ganz lieb dabei. »Bloß absurde Phantasie eures Männlichkeitswahns.« Sie streckte ihre Hand aus und streichelte mit einem langen, dunklen Finger seinen mageren Unterarm. War es Sonnenbräune oder nicht? Andy-Andy schien immer etwas Besseres vorzuhaben, als sich während der nachmittäglichen Bräunungsstunden in der Sonne zu räkeln wie eine gut eingeölte Schnecke auf dem Grill. Wahrscheinlich war der Olivton ihrer Haut natürlich. Vielleicht auch nicht. Es gab selbst verständlich eine Möglichkeit, das festzustellen; aber Karl hatte leider noch nie die Gelegenheit gehabt, sie nach Bikini streifen abzusuchen.
    Verdammt! »Nein, es ist nicht nur ein Spiel, eine Art, sich die Zeit zu vertreiben oder ein bißchen Spaß zu haben.«
    »Ein bißchen Spaß?« Sie zog eine Augenbraue hoch. »Du nennst das Spaß, wenn man Elfen zerhackt, ein oder drei Jungfrauen vergewaltigt oder einen Riesen aufschlitzt?« Sie flüchtete sich in ein Lächeln, lehnte sich zurück und kreuzte die Arme beinahe abwehrend über ihrem blauen Verlourspullover. Dieser war gut gefüllt, saß aber nicht hauteng. Karl mochte das. Andy-Andy war mehr als hübsch, aber keine Exhibitionistin.
    »Vor allem hast du überhaupt nicht kapiert, worum es geht.« Er klopfte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte, um sich bei der Unterhaltung zur Aufmerksamkeit zu zwingen. »So tun als ob ist nicht dasselbe wie etwas wirklich tun. Ich meine – nimm einmal unser Treffen vorige Woche als Beispiel – Barak hat einen Kobold erwürgt und einen Haibork in der Mitte auseinandergehackt – , hoppla, jetzt ist das Biest eigentlich zwei halbe Halborks. Oder sollte man › Viertelork ‹ sagen? Egal. Wichtig ist, daß es drei Schadenspunkte bekommen hat. Ein Punkt ist eine leichte Verwundung, zwei eine ernstere. Das geht bis zu fünf Punkten. Bei fünf Punkten ist die Verwundung mit Sicherheit tödlich. Drei heißt, ziemlich übel zugerichtet zu werden.« Er griff sich an den Hemdknopf. »Hast du Lust, nach Narben zu suchen?«
    »Ein andermal.« Sie schüttelte den Kopf, daß ihr schulterlanges schwarzes Haar um das Gesicht flatterte. »Vielleicht.« Eine Strähne blieb an ihrer etwas zu langen, leicht gebogenen Nase hängen. Sie blies sie weg. »Vielleicht aber auch nicht.«
    »Du frustrierst doch wirklich … «
    » … alle Schwänze! Tu dir bloß keinen Zwang an, Karl! Das wolltest du doch sagen, oder?«
    »In der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin, meinte man mit › Wichser ‹ auch nicht jemanden, der seine Schuhe besonders blank putzte.« Das mochte gut klingen, stimmte aber nicht. Karl war das Produkt einer Vorstadt, wo die Mittelklasse wohnte. »Aber ich wurde … besonders darauf aufmerksam gemacht, auf meine Ausdrücke zu achten, wenn – Frauen in der Nähe waren.« Wenn man
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