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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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nickte er.
    »Nicht einmal, dass ich von der jämmerlichen Affäre meines Mannes gewusst habe, können Sie beweisen«, Schloss sie triumphierend. »Mit einem Wort, Sie haben nichts gegen mich in der Hand.«
    Wieder bleckte er die Zähne.
    »Dafür haben wir Sie, Madam.«
    Das war ein Schlag für sie, denn sie erwartete, dass er nun den unwiderlegbaren Beweis ihrer Schuld führen würde. Statt dessen saß dieser bärenhafte Mensch ihr reglos gegenüber und starrte sie über die Lesebrille hinweg an.
    »Hören Sie endlich auf, mich mit ›Madam‹ zu titulieren. Mrs. Ellerbee reicht völlig aus«, beklagte sie sich schmollend.
    Er lehnte sich etwas vor und sagte liebenswürdig: »Schluss jetzt mit dieser ganzen Scheiße« — die Wortwahl war beabsichtigt —, »Sie gehen aus dieser Morduntersuchung rein wie ein Engel hervor. Falls Sie es noch nicht wissen sollten, werden Ihre Anwälte Sie darüber aufklären.«
    »Weshalb dann all dieser Wirbel?«
    »Nun, ganz folgenlos wird der nicht bleiben. Wenn es nach mir ginge, würden sie die nächsten zehn bis zwanzig Jahre hinter Gittern verbringen, aus dem Blechnapf fressen und sich nicht mal trauen, die Seife im Duschraum des Gefängnisses zu benutzen. Da ich das aber nicht haben kann, gebe ich mich mit der zweitbesten Strafe zufrieden.« Er steckte die rechte Hand von sich und Schloss die Finger demonstrativ zur Faust. »Ich werde Sie zermalmen, Madam, gerade so.«
    Sie schaute ihn an, dann die beiden uniformierten Polizisten, die wie Steinbilder hinter ihm saßen und unbewegt ihren Blick erwiderten.
    »Ich will es Ihnen beschreiben, damit Sie wissen, was Ihnen bevorsteht.« Er rückte näher an den Tisch und legte die Unterarme mit den gefalteten Händen auf die Platte.
    »Wir machen aus dieser Sache das, was man ein Medienereignis nennt. Wir verhaften Sie und beschuldigen Sie des vorsätzlichen Mordes an Ihrem Ehemann Doktor Simon Ellerbee. Man wird Sie aufs nächstgelegene Polizeirevier bringen und dort erkennungsrechtlich behandeln. Anschließend dürfen Sie ein, ich wiederhole, ein Telefongespräch führen, mit Ihrem Anwalt. Bis der kommt, werden Sie in einen Käfig gesperrt. Das wird Ihnen nicht gefallen. Nun, lange wird es nicht dauern, nach ein paar Stunden, spätestens am nächsten Tag sind Sie frei. Unterdessen sind die Medien informiert worden, die Presse und die Fernsehreporter. Und dann beginnt der Zirkus. Die Schlagzeilen können Sie sich ausmalen: »Ehefrau brutale Mörderin Ihres Gatten‹. Die Medien werden sich alle Finger danach lecken. ›Prominentes Paar mit Stadthaus in Manhattan und Herrschaftshaus auf dem Lande‹. ›Stinkreiche Psychiater!‹ Und ›Die andere Frau — eine Patientin ‹. Gibt es von Ihnen ein Foto im Bikini? Glauben Sie mir, die Reporter werden es auftreiben, und Sie können sich auf der ersten Seite sehen!«
    »Das wagen Sie nicht!« ächzte sie, und ihr Kopf glich plötzlich einem Totenschädel.
    »Da irren Sie sehr, Madam! Ich wage noch viel mehr! Die Presse wird von der Affäre Ihres Mannes erfahren. Joan Yesell wird ihre Story an eine große Illustrierte verkaufen — schließlich hat sie das Recht auf einen kleinen Profit!«
    »Ich werde Sie verklagen, Sie allesamt!« kreischte sie.
    »Das wäre ganz reizend von Ihnen«, lächelte er kalt. »Strengen Sie einen Prozess an, dann sind Ihnen die Schlagzeilen für lange Zeit sicher. Unterdessen ist hier wohl Schluss mit der Praxis. Keine kleinen Patienten mehr. Und wo Sie auch hingehen, für den Rest Ihres Lebens wird man mit Fingern auf Sie zeigen, und sagen: ›Das ist die Frau, die ihren Mann mit einem Hammer erschlagen hat.‹ Daran wird sich nie etwas ändern.«
    »Sie sind brutal! Brutal und gemein!« kreischte sie.
    »Ich brutal? Und wie nennen Sie jemanden, der einen Mitmenschen totschlägt und obendrein seine Augen verstümmelt? Ich bin brutal, sie aber nicht — sieht es so in Ihrem Kopf aus? Sie haben doch nicht wirklich glauben können, Sie kämen ohne einen Kratzer dabei weg? Ich gebe zu, die Welt ist unvollkommen, unfair, wenn Sie wollen, aber wer sündigt, bezahlt dafür, so oder so. Und heute ist Zahltag für Sie.«
    »Ich habe es nicht getan«, schrie sie verzweifelt, »ich schwöre, ich war es nicht!«
    »O doch, Sie waren es. Sie selber wissen es, ich weiß es, die beiden Herren hinter mir wissen es, und im Präsidium weiß man es ebenfalls. Und bald schon weiß es die ganze Stadt. Sie werden das Wunder des Tages sein, Mrs. Ellerbee. Vielleicht fällt einem
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