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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Einleitung
    D ie Hitze im Rettungsboot war unerträglich. Auch die letzten kühlen Wassertropfen waren jetzt verdunstet, die nach meinem Fluchtversuch noch auf der Haut übrig geblieben waren, und obwohl es 2.00 Uhr nachts war, strahlte die Hitze vom Bootsrumpf zurück und legte sich schwer auf mich. Es war, als säße ich direkt auf dem Äquator. Ich hatte alles bis auf die Khakishorts und die Socken ausgezogen. Aber trotz der Socken konnte ich die Füße nicht mehr auf das Deck stellen, weil es glühend heiß war. Auch meine Rippen und Arme schmerzten, das Ergebnis der Tracht Prügel, die mir die Piraten verpasst hatten. Sie waren stocksauer, weil ihnen ihre Millionen-Dollar-Geisel beinahe entwischt wäre.
    Durch die Achterluke konnte ich die Bordlichter des Kriegsschiffs sehen, das ungefähr eine halbe Meile entfernt achteraus auf den Wogen des Ozeans auf und nieder schaukelte. Beinahe hätte ich es geschafft. Doch im hellen Licht des Mondes hatten mich die Piraten entdeckt. Wäre ich entkommen, dann säße ich jetzt bei einem kühlen Bier in der Kajüte des Kapitäns, würde der halben Besatzung meine Abenteuergeschichte erzählen und auf die Telefonverbindung nach Hause warten.
    Von hier aus wirkte das Schiff dort draußen gigantisch. Wie ein Stück Heimat, so nahe, dass es mir unwirklich erschien. Vermutlich ein Zerstörer, was bedeutete, dass die Navy-Leute genug Feuerkraft hatten, um tausend Piratenboote bis nach Mogadischu zu pusten. Aber warum hatten sie nichts unternommen?
    Die harten Formschalen der Plastiksitze drückten gegen meinen Rücken, und meine Beine verkrampften sich. Ich ließ den Kopf nach hinten hängen, um die Nackenverspannung zu lockern. Die Somalis hatten mich wie einen erlegten Rehbock im Rettungsboot an eine Stange gebunden. Ich hing mit den Händen an einer waagrechten Haltestange an der Decke des kapselartig geschlossenen Rettungsboots. Auch meine Füße waren gefesselt. Ich hatte keinerlei Gefühl mehr in den Fingern. Der schlaksige Pirat, den ich Musso nannte, hatte die Stricke so fest angezogen, dass meine Hände schon nach einer Minute völlig taub waren. Meine Hände waren inzwischen so angeschwollen, dass sie wie ein Paar Clownshandschuhe aussahen.
    Ich hatte mich schon mal besser gefühlt.
    Da hing ich nun schlaff in den Fesseln, immer noch keuchend, und zählte die Minuten. Ich hörte das Knarren des Boots und die Wellen, die gegen den Fiberglasrumpf schlugen.
    Dann, urplötzlich, schlug die Stimmung im Boot um. Niemand hatte auch nur ein Wort gesagt, niemand hatte sich bewegt. Ich konnte ohnehin nicht viel sehen, nur das Weiße der Augen und Zähne der Somalis, wenn sie lachten oder redeten, und durch die Luken an Bug und Heck fiel ein wenig Mondlicht. Aber den Stimmungsumschwung spürte ich im Bruchteil einer Sekunde – als hätte jemand auf einen Schalter gedrückt und von positiv auf negativ umgeschaltet. Wenn einem jemand eine geladene AK-47 auf die Stirn richtet, merkt man ziemlich schnell, in welcher Stimmung er ist, das können Sie mir glauben. Ob er sich glücklich fühlt oder gereizt ist, ob seine Nase juckt, ob er mit dem Gedanken spielt, seine Freundin in die Wüste zu schicken, oder was auch immer. Das weiß man einfach. Wie eine Antenne registrierte meine Haut die Veränderung in der Luft – als ob sich etwas Gefährliches ins Boot geschlichen und sich direkt neben mich gesetzt hätte.
    Nur gelegentlich konnte ich kurz sehen, was vor sich ging, meistens war ich auf mein Gehör angewiesen. Und was ich zuerst hörte, war ein Klicken. Das Geräusch kam vom Cockpit des Boots, wo der Anführer saß. Klick . Stille. Klick . Stille. Klick, klick . Er drückte den Abzug seiner 9-Millimeter, aber das Patronenlager war leer. Im Dunkeln konnte ich zwar nicht sehen, ob er dabei die Waffe auf mich richtete, aber das Geräusch jagte mir trotzdem einen Schauder nach dem anderen über den Rücken. Dieser fiese kleine Bastard hatte die Waffe nicht durchgeladen, sonst würde mein Schädelinhalt wahrscheinlich längst in blutroten und grauen Schlieren über die Bordwand rinnen. Aber er hatte keine Patronen im Magazin. Noch nicht…
    Dann drang eine Art Sprechgesang durch die Dunkelheit zu mir. Der Führer im Cockpit rief etwas mit seiner dröhnenden Stimme, und die anderen drei antworteten – der Große, den ich Tall Guy nannte, Young Guy (der Jüngste, der meistens ziemlich irre dreinblickte) und Musso. Ich lehnte mich vor, versuchte herauszufinden, was sie sagten. Anscheinend
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