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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Schwarze, Hispanics, Orientalen zählen einfach nicht für die. Als der Alte einen Ersatz für Murphy suchte, habe ich einen Puertoricaner vorgeschlagen, Michael Ramon Suarez heißt er. Weil ich der Meinung bin, dass wir das dem puertoricanischen Bevölkerungsteil schuldig sind. Suarez unterstehen fünf Reviere in der Bronx, und er kommt damit glänzend zurecht. Conklin — den kennen Sie noch — hat einen gewissen Riordan vorgeschlagen, dem neun Reviere in Brooklyn unterstehen. Es kam zu einer hübschen Rauferei.«
    »Kann ich mir vorstellen.« Delaney goss nach. »Wer hat gewonnen?«
    »Ich«, sagte Thorsen, »Suarez wurde vorläufig zum Chef gemacht, und ich habe mir gedacht: Wenn die Zeit kommt, wird der Alte ihn ernennen, und wir haben einen tüchtigen Leiter der Kripo. Die Puertoricaner werden begeistert sein, und dem Bürgermeister geht es glatt runter.«
    »Sie sind der geborene Politiker, Ivar.«
    »Stimmt«, grinste der.
    »Aber was weiter? Sie sind doch nicht hergekommen, um mir zu erzählen, wie Sie die Iren aufs Kreuz gelegt haben? Worum geht es?«
    »Sie haben nicht zufällig die Zeitungen vom Wochenende gelesen? Oder das Regionalfernsehen gesehen? Sie wissen nicht, dass dieser Psychiater — Ellerbee oder so heißt er — umgebracht worden ist?«
    »Doch, ich hab's gelesen. In seiner Praxis, oder? Ganz hier in der Nähe. Ich habe gedacht, das war ein Süchtiger, auf der Suche nach Drogen.«
    Thorsen nickte beistimmend. »Richtig, das haben alle gedacht. Passiert ja auch oft genug. Bloß, Ellerbee hatte nie Drogen in seiner Praxis, und weder an der Haus- noch an der Korridortür sind Spuren von Gewaltanwendung festgestellt worden. Ich weiß die Einzelheiten nicht, nur, dass es aussieht, als ob er jemand rein gelassen hat, den er kannte und erwartete.«
    Delaney runzelte die Stirn. »Was hat das alles zu bedeuten, Ivar? Weshalb interessieren Sie sich für einen einzelnen Mordfall, wenn es täglich vier bis fünf Fälle in der Stadt gibt?«
    Thorsen stand auf und ging ruhelos im Zimmer umher. »Es ist nicht bloß ein gewöhnlicher Mordfall, Edward. Es könnte aus mehreren Gründen sehr unangenehm werden, wenn wir ihn nicht aufklären. Ellerbee war ein wohlhabender, gebildeter Mensch, der mit, wie man so sagt, einflussreichen Leuten Umgang hatte. Er hatte eine soziale Ader, hat zum Beispiel Patienten kostenlos in städtischen Krankenhäusern behandelt. Nebenbei ist seine Frau nicht nur Psychologin, sondern eine Schönheit, und sie macht uns die Hölle heiß. Und der Punkt auf dem ›i‹ ist, dass der Vater des Opfers jener Henry Ellerbee ist, dem der Ellerbee-Wolkenkratzer auf der 5. Avenue gehört und mehr Häuser in Manhattan, als unsereins Socken hat. Und der zetert aller Welt die Ohren voll, angefangen beim Gouverneur.«
    »Hm…, da haben Sie aber wirklich Probleme.«
    »Probleme? Dass ich nicht lache! Es kommt nämlich noch hinzu, dass dies der erste große Fall ist, den mein Kandidat Suarez auf den Tisch bekommen hat.«
    »Sieh an.« Delaney lehnte sich in seinem Sessel zurück und wippte hin und her. »Jetzt lassen Sie die Katze aus dem Sack.«
    »Ganz recht«, bestätigte der Admiral fast wütend. »Ich lasse die Katze aus dem Sack. Falls nämlich Suarez jetzt patzt, wird er unter gar keinen Umständen Kripochef.«
    »Und Sie sehen dann recht alt aus, weil Sie ihn empfohlen haben.«
    »Ganz recht«, wiederholte sich Thorsen. »Wenn er den Fall nicht rasch klärt, sitzt er in der Scheiße — und ich mit ihm.«
    »Das ist ja alles sehr fesselnd, aber was soll ich dabei?«
    Thorsen ließ sich grunzend in den Sessel zurückfallen. »Sie machen es mir nicht gerade leicht, Edward.«
    »Was mache ich Ihnen nicht leicht?« fragte Delaney gespielt arglos.
    Nun brach der Damm. »Sie sollen sich der Sache Ellerbee annehmen, Edward. Wie das gehen soll, habe ich noch nicht im einzelnen überlegt, ich wollte zuvor mit Ihnen reden. Sie haben mir auch schon früher aus der Klemme geholfen, mindestens zweimal schon. Ich weiß, dass ich Ihnen da oft einen Haufen Quatsch serviert habe, ›ich will Ihnen einen Gefallen tun, damit Sie nicht als Frührentner versauern‹ und lauter solchen Blödsinn, oder: ›Sie würden sich verdient machen um die Behörde‹, aber diesmal mache ich Ihnen nichts vor, ich bitte Sie als Freund. Ich bitte Sie um einen Gefallen. So, jetzt ist es heraus.«
    »Sie kassieren alte Schulden, Ivar«, sagte Delaney nachdenklich. »Ich schulde Ihnen nämlich wirklich allerhand. Das wissen Sie
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