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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux
Autoren: Paul Grote
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Kapitel 1
    «Wie lange sollen wir solche Geschäfte eigentlich noch weitermachen?» Gaston schob die Weinkiste auf die Ladefläche des Kombi und sah Martin vorwurfsvoll an, dann wandte er sich wieder der Garage zu, um die letzte Kiste zu holen.
    «So lange es sich lohnt», rief Martin ihm nach. «Weshalb fragst du?»
    Es dauerte einen Moment, bis sein Freund wieder mit einer Kiste im Arm in der Tür erschien. «Weshalb ich frage? Weil ich mir Sorgen mache. Irgendwann fallen unsere kleinen Spielchen auf. Einer von deinen Konkurrenten kriegt Wind davon und verpfeift dich bei der Steuerfahndung. Da reicht ein Anruf...»
    «Wieso interessiert dich das auf einmal? Das war dir doch bisher egal. Wir machen das seit Jahren so.»
    «Ebendarum», knurrte Gaston, «und irgendwann fällt es auf.» Er stellte die Kiste mit einem Ächzen zu den anderen auf die Ladefläche. Sie waren schwer, jede fasste zwölf Flaschen und wog an die 15 Kilo; aber harte Arbeit machte Gaston nichts aus, als Winzer war er daran gewöhnt.
    «Weshalb machst du dir Sorgen, Gaston? Was ist los mit dir? Du bist doch total von der Rolle. Da steckt doch was anderes dahinter!» Kopfschüttelnd beobachtete Martin Gaston und merkte, wie dieser seinem Blick auswich.
    «Das siehst du falsch. Ich bin nicht gereizt!» Gaston strafte seine Worte Lügen und grummelte: «Du weißt nie, was dich erwartet.»
    Martin verstand nichts mehr. Was war nur mit seinem Freund los? «Hast du schlecht geschlafen oder Ärger mit Caroline?» Er ging zum Heck seines Wagens und warf einen Blick auf die Kiste, die Gaston zuletzt gebracht hatte. Er betrachtete den aufgedruckten Schriftzug. «Haut-Bourton?» Nachdenklich blätterte er in seinen Rechnungen. «Habe ich nicht gekauft.»
    «Den findest du nicht in den Papieren», sagte Gaston hastig. «Ein ... äußerst interessantes Gewächs. Ich möchte, dass du es probierst, ganz in Ruhe, wenn du wieder in deinem Laden bist.»
    Martin verstand das Benehmen seines Freundes immer weniger. «Ich kenne den 89er. Davon habe ich noch was im Keller. Und wozu gleich zwölf?»
    «Probier ihn einfach mal, und vergleich ihn mit dem, den du im Keller hast. Dann erkläre ich es dir.»
    Gastons ruppiger Ton irritierte Martin. «Ist irgendwas passiert? Was ist los? Wir sprechen doch sonst über alles.»
    Gaston machte eine wegwerfende Handbewegung und schob die Kisten auf der Ladefläche des Wagens zurecht, quetschte sich dabei die Finger und fluchte. Als die Kisten eine Fläche bildeten, legte Gaston eine Decke darüber. Jetzt war nicht mehr zu erkennen, dass Wein im Wert von etlichen tausend Euro darunter lag. Auffällig war nur, dass der Wagen schwer auf der Hinterachse hing.
    Gaston schlug die Heckklappe zu. «Du musst los, sonst kommst du heute nicht durch. Caroline hätte sich gern verabschiedet, aber sie bringt die Kinder zur Schule.»
    Er schloss die so genannte Garage ab, die ihm als Kellerei und Flaschenlager diente, und ging ins Wohnhaus. Einen Augenblick später kam er mit einer Einkaufstüte zurück und stellte sie hinter den Fahrersitz. «Das hat Caroline für dich dagelassen, damit du nicht verhungerst.»
    Die Männer umarmten sich, bei weitem nicht so herzlich wie sonst, und Martin hatte das Gefühl, dass Gaston ihn möglichst rasch loswerden wollte. «Sag Caroline ein Dankeschön, und grüß die Kinder. Und was deinen Wein angeht, so gute Trauben wie in diesem Jahr hattest du noch nie. Ich bin sicher, der Pechant wird großartig.»
    Martin zwängte sich umständlich hinters Lenkrad. Der Rücken schmerzte ihn bereits jetzt so sehr, als hätte er die tausend Kilometer Autobahn schon hinter sich. Er blinzelte gegen die flach über den Weinbergen stehende Morgensonne. «Viel Glück mit dem Pechant , Gaston, ich drücke dir die Daumen. Dieses Mal wird es ein 95-Punkte-Wein.»
    «Worauf du dich verlassen kannst. Ich werde die Rebstöcke jeden Tag küssen.»
    Martin fuhr langsam an und hob grüßend die Hand. Er hatte ein ungutes Gefühl, seinen besten Freund in dieser Stimmung zurückzulassen, aber er konnte die Rückfahrt nach Deutschland nicht aufschieben. Das Überholen des Kühlaggregats und der Pumpen hatte länger gedauert als erwartet. Jetzt erwartete ihn sein Geschäft in Frankfurt.
    Er bog in die Landstraße Richtung Saint-Émilion ein, ließ das ihm seit langem vertraute Dorf auf dem Hügel hinter sich und erreichte eine knappe Stunde später die Autobahn. Es herrschte wenig Verkehr, sodass er bereits mittags kurz vor Paris war, wo
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