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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide
Autoren: Ralf Isau
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der nahezu bündig auf den rechteckigen Basaltkasten gefallen war. Nur mühsam fand er zu Worten zurück. »Er selbst hätte vermutlich geantwortet, er sei nur Ausschuss. Aber für mich war er ein Bruder. Irgendwie.«
    Unvermittelt segelte etwas an seinem Gesicht vorbei.
    Hobnaj griff den Papierbogen aus der Luft, warf einen kurzen Blick darauf und reichte ihn seinem Schützling. »Kannst du das lesen?«
    Francisco nahm Claras Brief entgegen und faltete ihn liebevoll zusammen. Es gibt so viel, das wir miteinander besprechen müssen. Und noch viel mehr, das ich mit dir erleben möchte. Er lächelte. »Ja, und ich werde es noch oft tun – obwohl ich seinen Inhalt schon kenne.«
    Mühelos trug der Nubier Francisco huckepack durch die Tunnel. Überall im Labyrinth waren die Spuren des Bebens zu sehen. Es bereitete Hobnaj keine Schwierigkeiten, nebenbei auch noch zu reden. Er sprach von Topra und dessen Mutter, der Blume vom Nil.
    »Ich habe Gisa verehrt. Nein, ich habe sie geliebt, obwohl ich für sie nur ein guter Freund war. Als ich Topra im Laderaum des Schiffes versteckte, um ihn vor Pharao Isfets Geheimpolizei in Sicherheit zu bringen, brach mir das Herz. Nichts gegen den wackeren Jobax, aber ich wäre viel lieber selbst der Ziehvater von Gisas Sohn geworden.«
    »Ich habe keinen Vater«, sagte Francisco und es klang ein wenig traurig.
    »Tatsächlich?«
    »Abgesehen von Pedro natürlich.«
    »Hat er dich aufgezogen?«
    »Ja, er ist ein Mönch.«
    »Oh! Dann bist du ein heiliger Mann.«
    Francisco musste unweigerlich schmunzeln. »Nicht so sonderlich, aber es gibt eine Menge Leute, die das glauben. Hobnaj?«
    »Ja, Francisco?«
    »Topra und ich sind uns sehr ähnlich, zumindest äußerlich…«
    »Auch eure Wesensart gleicht sich, wie mir scheint.«
    »Vielleicht kann ich dich ein wenig entschädigen für das, was du auf Anx aufgegeben hast.«
    »Du meinst, ich könnte dich adoptieren?«
    Francisco zögerte. Aber dann lachte er. »Warum nicht? Die Leute werden Augen machen, wenn ich ihnen sage, dass du mein Vater bist.«
    Auch Hobnaj musste lachen, dass der Staub von den Wänden rieselte.
    Wenig später erreichten sie die Stelle, wo die Decke eingestürzt war. Das Beben hatte alles nur verschlimmert.
    »Da kommen wir nicht durch«, jammerte Francisco.
    »Seltsam«, murmelte Hobnaj.
    »Was?«
    »Genau hier ist auch auf Anx der Tunnel eingebrochen. Ich war daran schuld.«
    »Wer kann schon genau sagen, wie unsere Welten zusammenwirken? Im Moment haben wir allerdings auch andere Sorgen.«
    »Nicht unbedingt. Ich kenne noch einen zweiten Ausgang.«
    »Tatsächlich! Wo?«
    »An der Basis der Großen Pyramide.«
    »Dem Grabmal von Cheops?«
    Hobnaj nickte.
    »Dann nichts wie hin!«
    Sie machten wieder kehrt und der Nubier trug Francisco zu dem Tunnel, der unter die Cheopspyramide führte. Hier erlebte er jedoch eine Überraschung, die bewies, dass die Erde und Anx sich seit der Teilung des Drillingsuniversums unterschiedlich weiterentwickelt hatten. Sie stießen auf eine glatte Wand. Weder rechts noch links zweigten Gänge ab.
    »Eine Sackgasse«, sagte Francisco bedrückt.
    Der Nubier leuchtete mit der aus der Kammer des Wissens mitgebrachten Lampe gegen die Wand. »Das ist ein Tura-Block.«
    »Ja, und?«
    »Unter der Cheopspyramide gibt es eine Schatzkammer, die mit Tura-Blöcken ausgekleidet ist.«
    Francisco entsann sich des Gesprächs mit Doktor Helwan. »Die Felsenkammer!«
    »Dann gibt es sie also auch in deiner Welt.«
    »Ja, aber sie ist leer. Die Gelehrten streiten sich darüber, was für einem Zweck sie ursprünglich diente. Es gibt da einen blinden Gang, der fünfzehn Meter weit von ihr wegführt, und niemand kann sich erklären, wozu?«
    »Er führt an die Oberfläche zurück.«
    »Tut er nicht.«
    »Auf Anx schon. Vermutlich ist er hier vor der Teilung des Universums nicht mehr fertig geworden.«
    »Das wäre eine Erklärung.«
    »Wie kommt man in deiner Welt in die Kammer?«
    »Man muss ein Stück die Pyramide hochklettern und gelangt von dort in ein Gangsystem, das sich später verzweigt. Der Schacht zur Felsenkammer hier unten ist einhundert Meter lang und nur ein Meter zwanzig hoch.«
    »Was ist ein Meter?«
    Francisco rechnete die Maßangabe in ägyptische Ellen um.
    »Dann werde ich wohl auf allen vieren nach oben kriechen müssen«, murrte der Riese.
    »Am besten, wir warten hier bis zum Morgen. Doktor Helwan – er ist so etwas wie der Verwalter der Nekropole – erzählte mir von Forschungsarbeiten
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