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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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Soldat in Bereitschaft sein sollte. Die auf der Straße aufgestellten Beobachtungsposten sollten Bescheid geben, sobald Ihr zurückkehren würdet, oder das Erscheinen der Minwanabi-Soldaten melden.«
    »Ihr müßt vorsichtig sein, Tochter.« Nacoya war völlig atemlos, so sehr wurde sie von den Bewegungen der Sänfte geschüttelt. Sie machte Anstalten, weiter auszuholen, doch Mara brauchte keine zusätzliche Warnung, um sich Sorgen zu machen. Sie winkte Keyokes Wachposten zurück, damit er sich zu ihrer Ehrentruppe gesellte, und rief den Krieger der Anasati herbei, der auf der anderen Seite der Straße gestanden hatte und ebenfalls in einiger Entfernung zur Sänfte weitergelaufen war.
    Jede Antwort würde reine Höflichkeit sein, denn kein Krieger der Anasati war der Lady der Acoma Rechenschaft schuldig. Dieser hier mußte den Befehl erhalten haben, sich nicht zu äußern, denn er rannte schweigend weiter. Als die Sänfte über den Kamm des letzten Hügels kam, schien das Tal unter ihr förmlich im Glanz verschiedenfarbiger Rüstungen zu erblühen. Mara blieb die Luft weg.
    Über tausend Krieger der Anasati standen in kampfbereiter Formation vor dem Tor. Ihnen gegenüber stand Keyoke, der eine gleiche Anzahl Acoma-Soldaten befehligte. Hier und dort waren die grünen Reihen unterbrochen von den glänzenden schwarzen Keilen der Cho-ja. Die Krieger der Cho-ja standen bereit, den Vertrag ihrer Königin zu erfüllen und die Acoma zu unterstützen, da fremde Eindringlinge den Frieden bedrohten.
    Rufe erklangen im Tal, sobald die Sänfte in Sicht kam. Der Anblick verleitete die Streitkräfte der Acoma zu hemmungslosen Freudenschreien; zu Maras Überraschung antworteten auch die Anasati-Krieger. Dann geschah etwas, von dem nicht einmal die alte Nacoya jemals gehört hatte, weder in Erzählungen, in Balladen oder sonstigen Erinnerungen an vergangene Ereignisse im großen Spiel des Rates: Die beiden Armeen lösten ihre Reihen auf; die Krieger warfen ihre Waffen nieder, öffneten die Helme und näherten sich Maras Sänfte in einer einzigen, freudigen Menge.
    Mara starrte verwundert um sich. Staub wehte in der frischen Brise und bedeckte die Ebene wie Rauch, als die zweitausend jubelnden Soldaten ihre Sänfte und die Ehrentruppe umringten. Nur mit größter Mühe konnte Keyoke sich einen Weg durch die Soldaten der Acoma bahnen. Auf der Seite der Anasati bildete sich eine Gasse, und verblüfft fand Mara sich Tecuma gegenüber. Der Lord der Anasati trug die Rüstung seiner Vorfahren, leuchtendes Rot mit gelbem Saum, und an seiner Seite marschierte sein Kommandeur mit dem Federbusch auf dem Helm.
    Die Mehrheit der Soldaten beruhigte sich jetzt etwas, selbst als die Sänftenträger mit einem Ruck zum Stehen kamen. Ihr heiseres Keuchen erklang laut in der Stille, als Keyoke sich vor seiner Herrin verneigte. »Mylady«
    Tecuma trat mit der ersten höflichen Verbeugung vor, die von einem herrschenden Mitglied der Acoma seit vielen Generationen gesehen worden war.
    »Mylord«, erwiderte Mara seinen Gruß. Sie war etwas steif vom langen Sitzen in der Sänfte. In aufrichtiger Verwirrung runzelte sie die Stirn und bat ihren Kommandeur, Bericht zu erstatten.
    Keyoke richtete sich zu voller Größe auf und sprach so laut, daß alle es hören konnten: »Wachtposten warnten uns gestern bei Tagesanbruch vor der Ankunft einer Armee, Mylady. Ich ließ die Garnison antreten und machte mich selbst bereit, die Eindringlinge anzugreifen –«
    Tecuma unterbrach. »Wir haben das Land der Acoma noch nicht betreten, Kommandeur.«
    Keyoke gestand dies mit steinernem Blick ein. »Das ist wahr, Mylord.« Er blickte wieder Mara an und fuhr fort: »Mylord von den Anasati kam zu mir und verlangte, seinen Enkel zu sehen. In Eurer Abwesenheit schlug ich ihm die Forderung nach seiner ›Ehrenwache‹ ab.«
    Mara betrachtete Ayakis Großvater mit ausdruckslosem Gesicht. »Lord Tecuma, Ihr habt die Hälfte Eurer Garnison als ›Ehrenwache‹ mitgebracht?«
    »Ein Drittel, Lady Mara.« Tecuma antwortete mit einem humorlosen Seufzer. »Halesko und Jiro befehligen die anderen beiden Drittel.« Hier schien der alte Mann ins Stocken zu geraten, obwohl er die Pause mit seiner üblichen Angewohnheit überbrückte, den Helm loszubinden und abzunehmen. »Ich habe Quellen, die andeuteten, daß Ihr die Feier des Kriegsherrn nicht überleben würdet, und« – er seufzte, als haßte er, dies zugeben zu müssen – »ich fürchtete, dieser Fall könnte wirklich eintreten. Um
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