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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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mußte Desio damit rechnen, daß er argwöhnisch beobachtet wurde. Da er den Niedergang seiner Familie anführte, würden nun all jene, die sich bisher vor der Macht der Minwanabi gefürchtet hatten, die Stärke seiner Feinde vergrößern. Wenn nicht einer von Desios begnadeteren Cousins die Herrschaft übernahm, war das Schicksal der Minwanabi besiegelt. Das Ansehen eines großen Hauses war im Spiel des Rates weit nach unten gefallen.
    Genau darüber grübelte Mara während der Fahrt den Fluß hinunter und auch noch später, als sich ihre Sänfte durch die belebten Straßen von Sulan-Qu schlängelte und in die ruhigere Landschaft gelangte, die das Land der Acoma umgab. Da die Vorherrschaft der Minwanabi im Hohen Rat beendet war, herrschte Almecho jetzt völlig unangefochten, abgesehen von dem Bündnis zwischen der Partei des Blauen Rades und der Fortschrittspartei. Mara betrachtete die geschmückten Sänften der Edlen, die ihr folgten, und ihre Gedanken wurden von den nötigen Neuregelungen in der Politik in Anspruch genommen. Mit dem Ansatz eines Lächelns erkannte sie die Weisheit in Nacoyas Entscheidung, Hokanu von den Shinzawai wenigstens einmal während des Festes neben sie zu setzen. Dann lachte sie innerlich laut auf. Gerade jetzt, wo sie wieder über eine neue Heirat nachdenken mußte, würde im Kaiserreich eine erneute Streitrunde zwischen den Spielern beginnen, da das Spiel ein neues Stadium erreichte; doch es würde immer das Spiel des Rates bleiben.
    Mara wandte sich um und wollte Nacoya davon erzählen, doch die alte Frau war eingenickt. Jetzt endlich, da sie die vertrauten Straßen erreicht hatten, konnte die Erste Beraterin die Spannung ablegen, die sie während ihres gesamten Aufenthalts im Haus der Minwanabi im Griff gehabt hatte.
    In diesem Augenblick erhob Arakasi seine Stimme: »Mistress, etwas Merkwürdiges geschieht da vorn.«
    Nacoya wachte auf, doch ihre Klagen versiegten unausgesprochen, als sie ihre Herrin angestrengt nach vorn starren sah. Auf dem Kamm des nächsten Hügels, an der Grenze zum Besitz der Acoma, standen zwei Krieger, je einer auf jeder Seite des Weges. Der auf der linken Seite, auf dem Gebiet der Acoma, trug das vertraute Grün ihrer eigenen Garnison. Auf der rechten, auf dem Land, das dem Kaiserreich gehörte, stand ein zweiter Soldat in der rotgelben Rüstung der Anasati. Als Maras Sänfte und ihr Gefolge in Sicht kamen, drehten sich beide Männer um und riefen nahezu gleichzeitig:
    »Acoma! Acoma!«
    Mara war verwirrt, da ihre Sänfte jetzt einen Schwenk nach links vornahm. Sie blickte sich um und sah, daß die Träger Platz machten, damit die Sänfte des Kriegsherrn auf gleiche Höhe mit ihr gelangen konnte. Almecho erhob seine Stimme über den Lärm der trampelnden Füße hinweg. »Lady, Ihr habt eine ausgesprochen merkwürdige Begrüßung gewählt.«
    Mara wußte nicht mehr weiter. »Mylord, ich habe keine Ahnung, was das bedeutet.«
    Der Kriegsherr gab seinen Kaiserlichen Weißen ein Zeichen, und Seite an Seite erklommen die beiden Gefolgschaften den Hügel. Etwas weiter dahinter warteten wieder zwei Soldaten, und noch weiter entfernt noch einmal. Auf dem Kamm des letzten Hügels vor dem Gebetstor entdeckte Mara ein viertes Paar. Dem Hin-und Herwinken nach zu urteilen, war der Schrei »Acoma!« eindeutig weiter nach vorn getragen worden.
    Mara verbeugte sich leicht vor Almecho. »Mit Eurer Erlaubnis, Mylord …?«
    Als Almecho schroff nickte, befahl Mara ihren Trägern, schneller zu gehen. Sie hielt sich an dem perlenbesetzten Geländer fest, als die Sklaven jetzt nach vorn preschten. Ihre Krieger liefen mit, vorbei an den bekannten Feldern und den Needra-Weiden mit den goldbraunen Kälbern und Kühen. Mara spürte, wie sich ein eiserner Ring um ihre Brust legte. So weit das Auge reichte, waren die Felder wie leergefegt von Feldarbeitern und Hirten, Trägern und Fuhrleuten. Selbst die Sklaven waren nicht zu sehen. Wo eigentlich die Bediensteten der Acoma hart arbeiten sollten, lagen Felder und Vieh verlassen in der Sonne.
    Mara wünschte sich jetzt Keyokes unerschütterliche Gegenwart an ihre Seite, als sie dem ersten Soldaten der Acoma, der ihr begegnete, zurief: »Was ist geschehen? Sind wir überfallen worden?«
    Der Krieger paßte sich dem Schritt der laufenden Sklaven an und erstattete währenddessen Bericht. »Die Soldaten der Anasati kamen gestern hier an, Mistress. Sie schlugen jenseits des Gebetstores ihr Lager auf. Kommandeur Keyoke ordnete an, daß jeder
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