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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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Schwertkämpfer … doch Lujan gehört zu den Besten, was Taktik, Strategie und das Führen von Männern angeht, seit« – er zögerte –, »nun, seit Eurem Vater.«
    Mara hob ihre Augenbrauen. »So gut?«
    Keyoke lächelte, und sein Lächeln kam so unerwartet, daß Mara abrupt stehenblieb. Sie lauschte, als ihr Kommandeur seine Ansicht näher erläuterte. »Ja, er ist so gut. Er ist der geborene Anführer. Das ist der Grund, weshalb Papewaio den Burschen so schnell gemocht hatte. Und wenn Euer Truppenführer überlebt hätte, würde er das gleiche sagen. Wäre der Lord der Kotai noch am Leben, hätte Lujan wahrscheinlich bereits den Posten eines Kommandeurs.« Aus der Andeutung von Schmerz in Keyokes Stimme hörte Mara heraus, wie sehr der alte Kämpfer in Papewaio einen Sohn gesehen hatte. Dann umgab ihn jedoch wieder die tsuranische Selbstdisziplin, und der alte Krieger war so wie immer.
    Mara war froh über seine Wahl. »Dann ernennt Lujan zum Truppenführer, und sucht einen Patrouillenführer aus, der seinen Platz übernehmen soll.« Sie kamen unter den Bäumen vorbei, wo Papewaio einst gekniet und darum gebeten hatte, sich mit dem Schwert das Leben nehmen zu dürfen. Mara spürte einen schmerzhaften Stich, als sie daran dachte, was geschehen wäre, wenn sie die alte Tradition mit dem schwarzen Band nicht neu ausgelegt hätte. Ein leichtes Zittern wanderte an ihrem Rückgrat entlang. Wie zerbrechlich war doch die Kette von Ereignissen, die ihr Leben erhalten hatte.
    Seltsam abrupt blieb Keyoke stehen. Vor ihnen lagen die schützenden Hecken am Eingang zum Hain, und der Kommandeur begleitete sie gewöhnlich bis dorthin. Dann sah Mara eine einzelne Gestalt dort auf sie warten, direkt vor dem heiligen Hain ihrer Ahnen. Der rote und gelbe Helm in seinen Händen war vertraut, er glänzte im kupfernen Licht des späten Nachmittags, und in der Scheide an seiner Seite steckte keine Waffe.
    Mara entließ ihren Kommandeur mit weicher Stimme und trat vor, um den Lord der Anasati zu begrüßen.
    Tecuma hatte keine Ehrenwache mitgebracht. Die scharlachrote und gelbe Rüstung seiner Familie knirschte in der Stille, als er seinen Gruß entbot. »Mylady.«
    »Mylord.« Mara erwiderte seine leichte Verbeugung, sich bewußt, daß die Vögel in den Bäumen mit dem Sonnenuntergang still geworden waren.
    »Ich hatte gehofft, Euch hier zu finden. Hier haben wir uns das letztemal unterhalten, und daher hielt ich es für sinnvoll, auf dem gleichen Boden einen neuen Anfang zu machen.« Er blickte auf die plappernden Scharen der Gäste im Hof und auf das Gewirr der sich um sie kümmernden Bediensteten. »Ich hatte erwartet, beim nächsten Mal, da ich dieses Gras betreten würde, Krieger in orangefarbener Kleidung ausschwärmen zu sehen, nicht eine solche Masse an Feiernden, die gekommen sind, Euch zu ehren.«
    »Sie sind gekommen, um den Kriegsherrn zu ehren«, verbesserte Mara.
    Tecuma studierte das Gesicht seiner Schwiegertochter, als würde er sie jetzt zum ersten Mal richtig sehen. »Nein, Lady Sie feiern Almechos Geburtstag, doch sie ehren Euch. Es wird niemals Liebe zwischen uns herrschen, Mara, aber wir haben eine Gemeinsamkeit: Ayaki. Und ich wage zu glauben, daß wir uns in gegenseitigem Respekt treffen.«
    Mara verneigte sich, tiefer als jemals zuvor. »Das tun wir, Tecuma«, sagte sie mit vollem Ernst. »Ich bedauere nichts, außer daß gute Männer leiden …« – ihre Gedanken wanderten zu ihrem Vater, zu ihrem Bruder, zu Papewaio und sogar zu Buntokapi – »und sterben mußten. Was ich getan habe, tat ich für die Acoma und all das, was einmal Ayaki gehören wird. Ich hoffe, Ihr versteht.«
    »Das tue ich.« Tecuma machte sich bereit zu gehen, dann schüttelte er den grauen Kopf, und Gelassenheit schlich sich unbeabsichtigt in seine Haltung. »Ich verstehe es wirklich. Wenn Ayaki einmal erwachsen sein wird und herrscht, bin ich vielleicht in der Lage, Euch zu vergeben, was Ihr getan habt.«
    Mara wunderte sich über die seltsamen Wege, die die Ereignisse im Spiel des Rates nehmen konnten. »Ich bin zumindest froh, daß wir zunächst keinen Grund haben, Gegner zu sein«, sagte sie.
    »Zunächst einmal.« In Tecumas Seufzer klang so etwas wie Bedauern mit. »Wäret Ihr meine Tochter gewesen und Bunto Lord Sezus Sohn … wer weiß, was nicht alles möglich gewesen wäre?« Dann, als hätte er die Angelegenheit für immer beiseite geschoben, setzte er den Helm wieder auf. Die Haare standen über den Ohren merkwürdig ab,
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