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Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol

Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol

Titel: Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
Autoren: Andrew Hutchinson
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T roy hat’s versaut. Er hat die Regeln missachtet und kauert jetzt neben mir auf dem Beifahrersitz. Sein gewaltiger, mit Steroiden befeuerter Torso hängt über dem Armaturenbrett. Die Spitzen seiner weiß gefärbten Haare sind schweißverklebt. Seine Kiefer mahlen, unaufhörlich und schnell.
    Wir sitzen in Thorleys rotem Sportcoupé und starren auf die ausgestorbene Straße. Auf die Häuser, die sie säumen. Ziegelmäuerchen und Briefkästen, hübsch gehegte Vorgärten mit grünem Rasen und Kieselpfaden. Blätter, die in der frühmorgendlichen Brise durch die Luft wirbeln wie papierne Schneeflocken. Ein wohlhabendes Viertel, ausschließlich kleine Villen mit hohen Bogenfenstern, Balkonen und Doppelgaragen samt automatischen Türen. Früher wäre ich vielleicht gerne hier aufgewachsen.
    Troy ist panisch, er presst wie besessen seine Handflächen aneinander und schluckt häufiger, als ihm guttut.
    »Ich kann nicht in den Knast gehen«, sagt er. Er klingt kurzatmig, als würde er gleich anfangen zu heulen. »Du musst mir helfen.«

    Troys Muskeln sind zu groß. Er hat seine Anabolikadosis erhöht und seinen Testosteronspiegel hochgeputscht. Seine Adern winden sich als pralle blaue Linien direkt unter der Hautoberfläche. Er dopt sich seit mittlerweile zwei Jahren und hat sich von einem Hänfling in ein Monster verwandelt. Ich wollte ihn immer mal fragen, ob die Steroide seine Eier haben schrumpeln lassen, aber manche Sachen lässt man besser bleiben. Vor allem bei Anabolikajunkies, die deinen Schädel zerquetschen können wie eine Coladose. Erwähn Troy gegenüber, dass du irgendwo hast warten müssen, und er erzählt dir, wie viele Kilo er stemmen kann.
    »Was denkst du?«, fragt er.
    »Halt die Klappe.«
    Troy hat die Regeln missachtet; mich um vier Uhr morgens angerufen und mir erzählt, er schmecke Blut, das nicht von ihm sei. In seinem Zimmer sei alles damit verschmiert. Er hat aus dem Club ein Mädchen mit nach Hause genommen. Hat sie zugetextet und ihren Nacken geküsst. Händchen gehalten, während sie mit ihren Freundinnen Cocktails schlürfte. Sie dann mit zu sich genommen. Aber Troy hat’s versaut, weil er die Clique kannte. Und sie ihn. Sie können ihn identifizieren. Groß. Igelfrisur, gebleichte Haare. Muskeln wie der Unglaubliche Hulk . Deshalb beobachten wir jetzt die Häuser. Wir warten darauf, dass eine ihrer Freundinnen rauskommt, um
zur Schule zu gehen. Damit wir ihr klarmachen können, sie solle die Klappe halten.
    Tatsache ist: Wenn sie quatscht, sind wir am Arsch.
    »Ich habe nichts … Wir haben bloß rumgemacht.«
    Troy redet zu schnell. Erzählt mir Storys, die er über den Knast gehört hat. Von Häftlingen, die ihre Mitgefangenen mit abgebrochenen Besenstielen vergewaltigen. Von denen, die einem Mitgefangenen schwere Hanteln in den Schoß fallen lassen. Von einer Gang, die einem Vergewaltiger kochendes Wasser über den Schwanz gießt, bis alles zusammenschmilzt.
    »Das war nicht geplant.« Troy sieht mich mit tränenverhangenen Augen treuherzig an. »Ich meine …«
    »Halt die Klappe. Du hast die gottverdammten Regeln missachtet. Sehn wir zu, dass wir die Scheiße hinter uns bringen.«
    In meiner Magengrube ballt sich die kranke schwarze Panik zusammen. Ich muss an Szenen im Gerichtssaal denken, die ich im Fernsehen gesehen habe, an Polizeiverhöre. Troy kneift die Augen zu und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Ich denke an meine Eltern, die mich verachten. Den Versager.
    »Wo steckt dieses Mädchen? Weißt du überhaupt noch, wie sie aussieht?«
    »Ja.« Troy nimmt die Hände vom Gesicht, als er antwortet. Er klingt niedergeschlagen.
    »Wie hieß sie?«

    »Ich hab den Scheißnamen vergessen. Sie wohnt hier irgendwo.«
    »Woher weißt du, dass sie hier wohnt?« Ich brülle und starre ihn an.
    »Weil wir sie hier mit dem Taxi abgesetzt haben.« Troy brüllt zurück, er atmet schwer. Sein gewaltiger Brustkorb hebt und senkt sich. »Glaub ich wenigstens.«
    »Glaubst du?«
    »Ich weiß nicht mehr genau.« Troy blinzelt. Er legt die Hände aufs Armaturenbrett, sein Blick schweift ab, er starrt durch die Windschutzscheibe. »Warte mal«, sagt er und fuchtelt mit dem Finger. »Warte mal, das ist sie.«
    Das Mädchen betritt drei Häuser weiter den Gehweg. Sie macht einen kleinen Hüpfer, um einem Riss im Asphalt auszuweichen und entfernt sich in die uns entgegengesetzte Richtung. Sie hat ihre Schuluniform an, mit weißen Kniestrümpfen. Ihr dunkles Haar, in dem hellblonde Strähnchen
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