Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vier auf dem Laufsteg

Titel: Vier auf dem Laufsteg
Autoren: Sarra Manning
Vom Netzwerk:
PROLOG
    D ie Scheinwerfer im Studio waren heißer als eine Hitzewelle in der Sahara. Obwohl ihr Gesicht abgepudert war, merkte Laura, wie ihr der Schweiß ausbrach. Sie fühlte, wie Nemi neben ihr zitterte. Nemi umklammerte Lauras Hand ganz fest, obwohl sie sie noch letzte Woche vor laufender Kamera eine fette Kuh genannt hatte.
    Nemi hatte den Sieg nicht verdient.
    Nemi würde nicht gewinnen.
    Sie hatte riesige Glubschaugen und hässliche Adern an den Beinen, außerdem war sie auch noch eine keifende Zicke, die tatsächlich dachte, Europa wäre ein Land »irgendwo bei Frankreich, nä?«. Laura versuchte, sich auf Daisy Bloom zu konzentrieren, überirdisch blondes Ex-Supermodel und inzwischen TV-Moderatorin, die nun die entscheidende Phase des Abends einleitete.
    »Die Jury hat sich intensiv beraten, das Publikum hat seine Stimme abgegeben und bald werde ich die Siegerin von Supermodel 2008 bekannt geben. Doch lassen Sie mich vorher noch mal daran erinnern, was die Glückliche erwartet: ein Vertrag mit der internationalen Model-Agentur Fierce , ein Coverfoto für das Skirt -Magazin, geschossen von Star-Fotograf Gerry Valandry, ein Exklusivvertrag mit der Kosmetikfirma Sparkle über einhundertfünfzigtausend Pfund...«
    Blablabla, komm endlich zur Sache, blablabla...
    Das Licht war zu grell, um im Publikum mehr als verschwommene Gesichter zu sehen, aber Laura wusste, dass ihre Eltern auf ihren üblichen Plätzen am linken Rand der dritten Reihe saßen und Tom hinter ihnen. Sein Gesicht würde widerstreitende Gefühle spiegeln: die Peinlichkeit, dass er live im Fernsehen war, gemischt mit Stolz auf eine so hinreißende Freundin.
    Ach, armer verwirrter Schatz.
    Laura hatte mittlerweile jegliches Zeitgefühl verloren. Sie stand direkt an der Schwelle zu ihrem neuen Leben, und es fühlte sich immer mehr an wie das Fegefeuer: auf ewig verdammt, den Moment herbeizusehnen, wenn Daisy Bloom endlich aufhören würde, die Spannung immer weiter zu steigern, obwohl der Regisseur eine Tafel hochhielt, auf der »NOCH DREISSIG SEKUNDEN LÄNGER!« stand. Außerdem musste sie dringend pinkeln, und das Klebeband, das ihr Kleid zusammenhielt, juckte.
    »Viel Glück«, flüsterte Laura Nemi zu, die ihre Hand noch fester drückte. In Wirklichkeit meinte sie: »Viel Glück, wenn du demnächst deine idiotischen Kunden wieder fragen musst, ob sie die große Portion Fritten wollen, du Miststück.«
    »Da stehen also zwei bildhübsche junge Frauen vor mir«, gurrte Daisy Bloom und glitt zu den beiden Mädchen hinüber. Lauras Gesicht war zu einem Grinsen erstarrt, ihre Lippen klebten an den trockenen Zähnen, weil alle Spucke offensichtlich direkt in ihre Blase geströmt war. Denk nicht mehr ans Pinkeln , ermahnte sie sich streng.
    Daisy machte wieder eine dramatische Pause, um die Spannung noch weiter zu steigern. Allmählich war es unerträglich.
    »Aber ich halte nur ein Foto in meiner Hand. Eines dieser Mädchen ist zweifellos schön, aber das reicht nicht aus, um Model zu werden. Wir suchen auch innere Schönheit. Woche um Woche haben wir miterlebt, wie Nemi die Kameras verzauberte, aber in der Jury haben wir auch ihre unschöne Seite gesehen. Das Publikum findet dein Aussehen toll, Nemi, aber ist das genug?«
    Nemi war anscheinend der Ansicht, dass das genügte, denn wie auf Knopfdruck floss wie jede Woche die Träne. Ein einzelner glitzernder Tropfen kullerte langsam ihre seidenglatte Wange hinab, sehr telegen und nie so viel, dass ihr Make-up gelitten hätte.
    »Doch das Publikum findet auch dich toll, Laura. Während des gesamten Wettbewerbs hattest du kein einziges schlechtes Foto, aber wir haben auch deine Kämpfernatur kennengelernt, deinen Sinn für Humor, und selbst den Sturz beim letzten Laufstegtest hast du zu deinem Vorteil genutzt. Doch reicht dein Funke für die gnadenlos harte Modelwelt oder wird er viel zu schnell verglühen?«
    Laura hätte am liebsten aus vollem Hals gebrüllt: »Jetzt verrat uns schon die verdammte Siegerin!«, aber im letzten Moment bremste sie der gesunde Menschenverstand. Mit aller Kraft riss sie die Augen auf Bambigröße auf, damit sie nicht heulen musste. Sie wünschte sich diesen Sieg mehr als alles auf der Welt. Sie wünschte ihn sich so sehr, dass sie ihn schmecken konnte - und er schmeckte genau wie das größte Vanilleeis des Universums mit Schlagsahne und einer Extraportion Schokostreusel.
    Daisy stand fünf Sekunden lang schweigend da.
    Hinter den Kulissen hatte sie Laura erzählt, dass sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher