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Steile Welt (German Edition)

Steile Welt (German Edition)

Titel: Steile Welt (German Edition)
Autoren: Stef Stauffer
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Dieses Buch schildert den Alltag und das Leben der Menschen im Onsernonetal. Es ist die Würdigung einer Welt, die vielleicht in Kürze und in aller Stille zugrunde gehen wird, nämlich dann, wenn die Stimmen der Alten dereinst verstummt und die dauerhaften Bewohner immer weniger sein werden.
    Die einzelnen Erzählungen setzen sich aus den Geschichten zusammen, die im Verlaufe eines Sommers von der Autorin unterwegs im Tal und zu Hause bei den Menschen gesammelt und aufgeschrieben wurden. Dabei sollen weder Familien- noch Ortsnamen genannt werden, ansonsten hätte man nicht viel erfahren. Das Gehörte setzt sich Stück für Stück in der Art eines Puzzles zusammen und gibt so allmählich einen Einblick in ein fast vergessenes und immer wieder und immer mehr verlassenes Tal.
    Tralocá ist die Einleitung, und fantulígn sind die Kindheitserinnerungen einer heute über siebzigjährigen Frau, welche es verstand, die schwierigen damaligen Lebensumstände mit ihren Streichen erträglicher zu machen. Sciagrignoo sind die Erzählungen einer Frau von bald achtzig Jahren, welche ihr Leben einsam und unter Schmerzen mehr erduldet als geniesst. Na in ghèlda beschreibt die Autofahrt mit dem fast achtzigjährigen Nachbarn durch das Tal, und capelón schildert die Begegnung mit einem eingewanderten Bewohner. In medeghèsc erzählt eine vierundneunzigjährige Frau, wie sie als Kind die Ferien bei ihrer Grossmutter hier im Tal verbracht hatte, und in giuvinòtt erzählt ein junger Mann, wie es ihn heute nicht mehr anzutreffen gibt, von seinem Leben und seinen Träumen. Mazzafám ist die Geschichte einer Mutter, heute auch über neunzig Jahre alt, die ihre grosse Familie ernähren und den Hof unter schwersten Bedingungen bewirtschaften musste, während paufiir vom Leben hier und heute als Bauer und Baumeister erzählt. Binda ist ein Teil Talgeschichte, dargelegt von einem ebenfalls über siebzigjährigen Mann. Legòrd sind die Erinnerungen einer Frau, welche sie kurz vor ihrem Tod noch zu Papier gebracht hatte. Pístula könnte man als Dorfklatsch bezeichnen, und da vegiarésc spannt den Bogen zwischen Jugenderinnerungen und Unausgesprochenem eines weit über Achtzigjährigen. Das Gespräch mit dem Postautochauffeur wird in müdria aufgezeichnet, und in scüpetígn besinnt sich ein fünfundsechzigjähriger Mann auf seine Schulzeit zurück. Na véa schliesslich beschreibt den Abschied von dem Ort und seinen Menschen mit einer eingeflochtenen alten Legende aus dem Tal.

tralocá
    Vün düi tri quatru
    cinch e siis e vintaquátru
    vintaquátru e vintasiis
    sett e vott e nöu e diis
    Ein, zwei, drei Monate will man bleiben.
    Wird am Ende nicht weit herumgekommen sein. Dafür hoch hinaus. Und wenn es hoch kommt, tief hinein in dieses Talleben, von dem man nach bald zwei Jahren endlich mehr erfahren will. Nicht im Hin-und-her-Reisen, sondern im Hiersein. Jetzt, in diesem Sommer, der so gar kein rechter werden will. Nicht einmal im Süden.
    Trotzdem macht man sich auf den Weg ins Ungewisse.
    Die nächsten Nachbarn kennt man ja bereits. Bruder und Schwester samt Ehemann. Alle gehen sie auf die achtzig zu. Weitere gilt es aufzusuchen, in ihren Häusern aus massivem Stein. Wer wagt, an die Türen zu klopfen, gewinnt vielleicht Einblick in den Alltag der Menschen, die hier, abseits von der übrigen Welt, ihre letzte Zeit verbringen. Noch ist offen, auf wen man zugeht, wo man hinkommen wird – wenn überhaupt. Man wird herausfinden, ob man Zutritt erlangt. Zudringlich will man nicht erscheinen, sich ja nicht aufdrängen. Interesse zeigen, ohne allzu neugierig zu wirken.
    Das Notizbuch ist im Gepäck, ebenso das Aufnahmegerät. Und der Laptop. Da läppert sich einiges zusammen im Stauraum. Stau ist keiner vor dem Gotthard. Hart ist einzig das letzte Wegstück bis zum Ende des Tals. Doch auch dies hat man mittlerweile im Griff. Der Sonntag ist ein guter Reisetag, wenn die Lastwagen ruhen. Zeit hat man genug und diese hängt nicht länger von Terminen und Pflichten ab. Das Ziel ist selber gewählt und der Weg dahin nicht vorgegeben. Es gilt, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen. Erwarten tut man nicht allzu viel.
    Man erinnert sich zurück an die erste Begegnung mit dem Onsernonetal. Als es sich abweisend zeigte und man unschlüssig war, wie man sich hier fühlen sollte. Ob man hier einen Platz finden würde, der einem zusagt. Beharrlichkeit war angebracht und ein gewisses Mass an Widerstand. Es muss nach knapp einer Woche gewesen sein, als
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