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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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friedliche Stille des Gartens, den sie für ihre Meditationen bevorzugte.
    Vier Krieger standen am Eingang Wache, zwei trugen das Grün der Acoma und zwei das Weiß der Kaiserlichen Garde. Sie hielten beim Springbrunnen an, und der Kriegsherr nahm seinen Helm ab. Er sprenkelte etwas Wasser über sein verschwitztes, leicht ergrauendes Haar, dann sah er die Lady der Acoma an. »Ich muß mich vor Euch verneigen, Mädchen. Ihr habt in den letzten zwei Jahren im Spiel des Rates gezeigt, was in Euch steckt«, sagte er, als er sicher sein konnte, daß sie hier ungestört von den anderen Gästen und Bediensteten sein würden.
    Mara blinzelte; sie war nicht ganz sicher, ob sie verstand, was er meinte. »Lord, ich habe nur getan, was notwendig war, um meinen Vater und meinen Bruder zu rächen und die Existenz meines Hauses sicherzustellen.«
    Almecho lachte, und sein hartes Lachen brachte kleine Vögel dazu, von den Baumspitzen aufzuflattern. »Lady, was glaubt Ihr, was das Spiel ist, wenn nicht der Versuch, selbst zu bestehen und sich der Feinde zu entledigen? Während andere im Hohen Rat herumhuschen und über die eine oder andere Allianz schwatzen, habt Ihr Euren zweitmächtigsten Feind neutralisiert – ihn beinahe in einen widerwilligen Verbündeten verwandelt – und Euren mächtigsten Feind besiegt. Wenn das nicht ein meisterhafter Sieg in unserem Spiel ist, habe ich noch niemals jemanden spielen sehen.« Er zögerte einen Augenblick. »Dieser Hund Jingu war ein bißchen zu zielstrebig geworden. Ich glaube, er hat sich dreier Gegner entledigen wollen: Er wollte Euch loswerden, den Lord der Anasati und schließlich mich. Tecuma und ich stehen irgendwie in Eurer Schuld, denke ich, auch wenn Ihr sicherlich nicht bewußt für uns gehandelt habt.« Er zog seine Finger nachdenklich durch das Wasser; kleine Wirbelund Strömungen entstanden und kräuselten die Oberfläche, so wie die Wirbel und Strömungen der Intrigen immer unter den offiziellen Angelegenheiten des Kaiserreichs verlaufen. Der Kriegsherr betrachtete sie genau. »Bevor ich Euch verlasse, möchte ich, daß Ihr eines wißt: Ich hätte Jingu Euch töten lassen, wenn das Euer Schicksal gewesen wäre. Doch jetzt bin ich froh, daß Ihr lebt und nicht er. Dennoch ist meine Gunst gering. Nur weil bisher noch keine Frau das Weiß und Gold getragen hat, dürft Ihr nicht glauben, daß ich Eure Absichten als weniger gefährlich einschätze, Mara von den Acoma.«
    Mara war irgendwie überwältigt von solch einer Einschätzung ihrer Fähigkeiten. »Ihr schmeichelt mir zu sehr, Lord. Ich habe keine anderen Absichten als den Wunsch, meinen Sohn in Frieden aufwachsen zu sehen.«
    Almecho setzte den Helm wieder auf und bedeutete seinen Wachen zurückzukehren. »Dann weiß ich es nicht«, sagte er gedankenverloren. »Welche Person muß man mehr fürchten – eine, die aus Zielstrebigkeit handelt, oder eine, die aus der Notwendigkeit des Überlebens heraus handelt? Ich möchte gern glauben, daß wir einander freundschaftlich gesinnt sind, Lady der Acoma, doch meine Instinkte warnen mich, daß Ihr gefährlich seid. Also laßt uns fürs erste festhalten, daß wir keinen Grund haben, Gegner zu sein.«
    Mara verneigte sich. »Dafür bin ich sehr dankbar, Mylord.«
    Almecho erwiderte die Verbeugung, dann ging er, um seine Diener mit den Vorbereitungen für ein Bad zu beauftragen. Als Mara ihm aus dem Garten folgte, sah Keyoke seine Lady und trat sofort zu ihr. »Pape …«, sagte er.
    Mara nickte in teilnahmsvollem Mitleid. »Er starb wie ein Krieger, Keyoke.«
    Das Gesicht des Kommandeurs verriet nichts. »Kein Mann kann mehr erhoffen.«
    In der festen Überzeugung, daß Nacoya mit den Gästen bestens zurechtkäme, forderte Mara ihn auf: »Begleitet mich zum Hain meiner Ahnen, Keyoke.«
    Der Kommandeur der Acoma verlangsamte seinen Schritt, um sich der Geschwindigkeit seiner zarten Herrin anzupassen. Schweigend öffnete er eine Seitentür. Als sie das Hauptgebäude verließen und Vogelgesang das Geplapper der Gäste und Bediensteten ersetzte, seufzte Mara. »Wir werden einen neuen Truppenführer suchen müssen.«
    »Wie Ihr wünscht, Mistress.«
    Doch Mara teilte ihm ihre eigene Wahl noch nicht mit. »Wer ist der Beste für diese Position?«
    Keyoke zeigte sich ungewöhnlich ausdrucksstark, als er sagte: »Es ärgert mich, es sagen zu müssen, doch trotz seiner manchmal weniger als angemessenen Haltung ist kein Mann fähiger als Lujan. Tasido ist länger bei uns und der bessere
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