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0085 - Tigerfrauen greifen an!

0085 - Tigerfrauen greifen an!

Titel: 0085 - Tigerfrauen greifen an!
Autoren: Jason Dark
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Die nächste Laterne leuchtete wie eine trübe Zitrone. Ihr Licht versickerte bereits nach einer Handspanne im Nebel.
    Ich zog den Kragen meines Mantels höher und warf Suko, dem Chinesen, einen skeptischen Blick zu. »Du bist dir hundertprozentig sicher, daß es hier ist?«
    »Mein Vetter Kim lügt nicht.«
    »Hm.« Ich legte meine Stirn in Waschbrettfalten. Suko hatte zahlreiche Vettern. Ich kam da nicht mit. Er kannte Gott und die Welt, wenigstens bei seinen Landsleuten. Irgendwie waren sie alle miteinander verwandt. Suko hatte auch meistens recht, doch ein Rest Mißtrauen blieb einfach zurück.
    Vielleicht hing dies auch mit der Gegend zusammen. Sie sah einfach zum Fürchten aus. Enge Gassen, alte Häuser, ineinanderverschachtelt, durchzogen von zahlreichen Gängen und Geheimtüren, und ausgestattet mit vielen Schlupfwinkeln.
    Gefährlich, geheimnisvoll und rätselhaft war dieses Viertel, in dem hauptsächlich Chinesen lebten.
    Das Kopfsteinpflaster schien zu dampfen. Herbstnebel kroch in die Gassen. Ein Gully stieß Dampfwolken aus. Die Luftfeuchtigkeit näherte sich der 100-Prozent-Marke.
    Typisches Londoner Wetter. Alles war klamm und feucht. Diese Feuchtigkeit zog auch in die nicht so gut isolierten Häuser. Sie fand ihren Weg durch zahlreiche Ritzen und Spalten. Mein Mantel und Sukos Lederjacke glänzten wie mit Öl eingerieben.
    Der Chinese schaute an der Fassade hoch.
    Der Bau bestand zur Hälfte aus Stein. Über der ersten Etage waren die Steinmauern durch Holz ersetzt worden. Es verströmte einen beißenden Geruch. Das Dach stand etwas vor. Wasser tropfte von einer waagerecht laufenden Regenrinne.
    Und weshalb waren wir hier?
    Ganz einfach gesagt. Es ging um drei Morde. Die Opfer hatten schlimm ausgesehen, so als wären sie unter die Tatzen großer Raubkatzen geraten.
    Einem Tiger, zum Beispiel…
    An diese außereuropäischen Raubkatzen glaubte natürlich niemand, doch dann war es einer von Sukos Vettern, der allen Spekulationen um die Art und Weise der Morde die Luft nahm.
    »Es sind Tigerfrauen«, hatte er am Telefon geflüstert, die Adresse genannt und aufgelegt.
    Jetzt standen wir in dieser Gasse, wo mir das Wasser in den Nacken tropfte und unangenehm kalt über den Rücken rieselte.
    Wir hatten fast fünf Minuten vor dem Haus gewartet und keinen Menschen gesehen. Trotzdem war ich sicher, von zahlreichen Augenpaaren beobachtet zu werden. Diese fremdländischen Viertel flößten mir immer Unbehagen ein.
    Suko drückte die Tür auf.
    Dahinter lag ein enger, muffiger Korridor, und bereits jetzt fiel mir ein süßlich beißender Geruch auf.
    Opium!
    Fast hätte man darauf wetten können. Innerhalb des Chinesenviertels wurde Opium geraucht. Es gab regelrechte Opiumhöhlen, und ich hatte das Gefühl, in eine davon hineingeraten zu sein.
    Ich tippte Suko auf die Schulter. Als er sich umdrehte; teilte ich ihm flüsternd meinen Verdacht mit.
    Er hob nur die Achseln.
    Wir gingen weiter.
    Der Gang machte einen Knick nach links, und jetzt sah ich auch schmale Türen, die rechts und links abzweigten. Licht wurde von kleinen kugelförmigen Petroleumlampen gespendet, die an den Gangwänden hingen. Die Lampen waren jedoch so schwach, daß ihre Helligkeit nicht einmal den Boden erreichte.
    Aber wir konnten uns orientieren und sahen die Holztreppe, die nach oben führte.
    Wie mir Suko vorher erklärt hatte, waren die Bewohner von unserer Ankunft informiert worden, so daß wir sicher sein konnten, nicht gestört zu werden.
    Ein Geländer wies die Treppe nicht auf. Dafür sah sie mehr als brüchig aus, und als Suko seinen Fuß auf die erste Stufe setzte, knarrte sie erbärmlich.
    Ich verzog das Gesicht, schaute mich sicherheitshalber um, doch niemand folgte uns.
    Suko und ich hielten uns dicht an der Wand, gingen außen die Stufen hoch, erreichten den ersten Absatz und wären fast über das Mädchen gestolpert, das mit dem Rücken an der Wand saß und die Beine ausgestreckt hatte.
    Wir blieben stehen.
    Ich bückte mich.
    Das Mädchen war eine Weiße. Ihr Gesicht leuchtete hell, die Augen waren aufgerissen, doch die Pupillen winzig klein.
    Rauschgift!
    Die Kleine war vollgepumpt mit Opium.
    Verdammt auch. Ich ballte die Hände vor Zorn und Wut. Immer wenn ich Süchtige sah, überkam es mich. Es gibt wenige Menschen, die ich hasse. Aber Rauschgifthändler gehören dazu. Wenn ich daran denke, welch großes Leid sie schon über einen Teil der Jugend gebracht haben, dann kann man wirklich durchdrehen. Und die Zahl der
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