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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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Prolog
     
    Walpar Tonnraffir landet mit dem Hinterteil auf dem Betonfußboden, gefolgt von einem Regen aus Fensterscherben. Ein Alarm quiekt, eine Durchsage auf Arabisch dröhnt durch die Fabrik, aber Walpar versteht sie nicht.
Er setzt diese Tatsache auf die Liste der möglichen Ausreden, für den Fall, dass ihn jemand zur Rede stellt, bevor er seinen Auftrag ausgeführt hat. Es erscheint ihm sinnvoll, eine besonders große Scherbe aus seinem silberweißen Pferdeschwanz zu ziehen, bevor er sich an einer Aluminiumstange hochzieht und einmal in alle Richtungen guckt. Von links kommt ein tonnenförmiger Sicherheitsroboter mit wurfbereiter Angelrute angerollt, von rechts gleich zwei. Vor Walpar befindet sich die Quatling-Dusche, in der ein vibrierendes Gewächs nach dem anderen über ein Förderband durch einen Hochdruckstrahl rollt. Der Strahl stinkt nach Chemie, was eine schlechte Nachricht ist, weil Walpar über mindestens vierzehn ärztlich attestierte Allergien verfügt, zuzüglich zwölf juristisch beglaubigter. Die gute Nachricht ist, dass sich die mutmaßlich unter Starkstrom stehenden Angelschnüre der Roboter schlecht mit dem Strahl und den hindurchrollenden Bäumchen vertragen.
Walpar schwingt seinen durchtrainierten Körper auf das Förderband, stößt einen raschelnden Quatling beiseite und ist sofort pitschnass. Er hat das Gefühl, die Dusche ätzt ihm das Fleisch unter den Fingernägeln weg, während die Dämpfe in seiner Lunge dem Zigarettenteer vom letzten Samstag den Garaus machen. Walpar raucht eigentlich nicht, aber auf jener Party war das die einzige Möglichkeit, um die Nacht nicht allein zu verbringen.
Unzufrieden schiebt Walpar diesen Gedanken und den nächsten Quatling beiseite. Aus dem Augenwinkel sieht er, wie einer der Roboter die Angelschnur wirft. Er duckt sich hinter ein Bäumchen; die Schnur verfängt sich in den Blättern und reißt ein paar von ihnen aus. Der Quatling raschelt schmerzerfüllt. Walpar sieht zu, dass er vorwärtskommt. Das Förderband führt aufwärts, aus dem Waschraum hinaus. Klackernd erklimmen Walpar und die Quatlinge die Steigung und erreichen ein vibrierendes Gestell.
Greifhaken packen die Gewächse und rupfen sie aus ihren Töpfen. Walpar möchte dieses Schicksal gerne vermeiden und weicht dem Greifer aus. Der schnappt zu, merkt, dass er nichts zwischen den eisernen Kiefern hat, und klappt enttäuscht quietschend wieder auf. Im Kopf rekapituliert Walpar den Lageplan des Geländes, aber ihm fällt auf Anhieb nicht ein, wie es weitergeht. Also schiebt er sich auf einen Sims und lässt den Greifer den nächsten Quatling ausrupfen.
Walpar zieht seinen digitalen Pinguin hervor, der an einer Kette um seinen Hals hängt. Mit nervösen Fingerspitzen ruft er die Blaupause der Fabrik auf und erinnert sich daran, dass jetzt die Sache mit dem Über-dem-Abgrund-Baumeln kommt. Der Pinguin verschwindet wieder unter dem Hemd. Walpar zuckt mit den Schultern, klammert sich an den nächsten Quatling und hängt kurze Zeit später über dem Nichts. Das Problem ist nicht die Höhe von zehn Metern, sondern die Tatsache, dass die Quatlinge hier so lange durchgeschüttelt werden, bis alle Blätter abgefallen sind. Der Greifer, an dem Walpars Bäumchen hängt, tut sein Bestes, aber die Last ist zu schwer. Trotzdem gehen Walpar die Vibrationen langsam auf die Nerven. Außerdem erinnert ihn ein anschwellendes Rumoren daran, dass die entlaubten Bäume am anderen Ende des Abgrundes in einer ziemlich rustikalen Maschine landen, in der sie zu Presspappe für Billigmöbel weiterverarbeitet werden.
Walpar fällt ein, dass er unbedingt einen neuen Schlafzimmerschrank benötigt – diesmal endlich einen mit Spiegel –, und lässt sich fallen.
In den Sekunden bis zur Landung zieht sein Leben an ihm vorbei, komischerweise aber nur die letzten 60 Minuten.

Eine Stunde zuvor, ein Stück weit außerhalb der Erdatmosphäre
Walpar Tonnraffir hält den Kosmojaguar seines Auftraggebers für reine Rumprotzerei. Der Fahrgastraum ist mit künstlichem Leopardenfell ausgekleidet, das so echt aussieht, dass man das eingenähte Herstellerschildchen für eine Laune der Natur halten möchte. Und dann das Tempo! Im Weltall hat der Körper keine Anhaltspunkte für halsbrecherische Geschwindigkeit.
Daher hat der Hersteller es für nötig gehalten, ein Display unter der Decke zu montieren, das die aktuelle Geschwindigkeit auf drei Stellen nach dem Komma anzeigt.
Walpar wendet seinen Blick von der ziemlich übertrieben
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