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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme
Autoren: John Barnes
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für die Infrarot-Strahlung
undurchlässig wird, wie der Pazifik sich erwärmt…
    Und dann geht es plötzlich nicht mehr um den Sturm;
während sie noch spricht, wird Mary Ann von der Intuition
überwältigt, gerade als Carla Louie beim Erzählen
ablöst. Dieser kleine Ruck läßt Mary Ann Zeit
für einen flüchtigen Blick, und sie sieht 3-D-Bildschirme,
die im Sechseck um Gebäude J konfiguriert und nur für Mary
Ann transparent sind, so daß jeder die 3-D-Abbildung von Mary
Ann auf dem Monitor sieht. Sie wußte nicht, daß man so
etwas mit Hologrammen machen kann…
    Bis jetzt nicht, meldet Louie sich in ihrem Kopf und
gluckst belustigt. In der letzten Stunde mußte ich
große Fortschritte in der Physik erzielen, um das
zustandezubringen. Damit wird verhindert, daß deine Haut und
deine Kleidung die Farbe der Steine und des Himmels annehmen. Keine
Sorge also – wir machen weiter…
    Die Thematik ändert sich wieder, und Carla macht mit ihr eine
Exkursion durch die Menschheitsgeschichte – seit der Homo
sapiens Afrika verließ und sich über die Welt
ausbreitete – und das Ganze sechsmal hintereinander:
    Zuerst sieht man Menschen streiten und kämpfen, und sie
lernen, daß manche der ersten Werkzeuge auch als tödliche
Waffe benutzt werden können; man sieht, wie diese
streitsüchtige Spezies sich über die Erde verteilt, dabei
in immer kleinere Glaubens- und Sprachgemeinschaften zerfällt
und diese Fraktionsbildung ständig zum Anlaß nimmt, sich
gegenseitig abzuschlachten. Man wird Zeuge einer kontinuierlichen
Kampfwertsteigerung der Schlachtwerkzeuge, nicht nur was das
Tranchieren und Durchbohren schreiender Menschen betrifft, sondern
auch hinsichtlich Planung und Organisation, so daß die
Leichenproduktion immer effizienter gerät und immer
größere Ausmaße annimmt. Und das ganze wird nicht
– oder nur teilweise – als Schreckensgemälde
gezeichnet, denn die vorbeiflimmernden Bilder zeigen auch angenehme
Seiten, das Entspannen vom drögen Tagewerk und das
allmähliche Anhäufen materieller Güter bis hin zu
einer entfesselten Welt, in der die Menschen sich im Furor
zerstückeln, verletzen und vergewaltigen, wo es nur noch
Täter und Opfer gibt und das Bewußtsein, ein Barbar zu
sein, schier orgiastisch ist. Die Mittel, die zur Ausführung
dieses Auftrags erforderlich sind, werden von überallher
zusammengerafft, den Tiefen der Erde entrissen, aus den Wäldern
geschnitten; alles wird auf seine Verwertbarkeit für noch
größere Massaker geprüft und zu diesem Zweck
bearbeitet. Auf diesen großen Materialfluß gründet
sich die ganze menschliche Wirtschaft, so daß die Menschheit um
so reicher wird, je mehr sie in Gefahr gerät. Damit wird ein
Bogen zur Gegenwart geschlagen, wo die Erde selbst die
mörderische Disposition der Menschen nicht mehr aushält, wo
die endlose Gewaltorgie das Leben selbst in Gefahr bringt…
    Und plötzlich werden wir wieder nach Afrika
zurückversetzt, um die Geschichte nochmals von vorne zu erleben,
und diesmal beobachten wir die Menschen beim kreativen Schaffen, beim
Verändern, wie sie ohne Unterlaß der Natur nutzloses und
überflüssiges Zeug wegnehmen und daraus schöne und
nützliche Dinge machen. Sie verwandeln den Planeten von einem
Ort, der nicht mehr als fünfzig Millionen Menschen Platz bot, in
einen Ort, an dem Milliarden gut leben; aus einer Welt, in welcher
der geistige Horizont sich kaum über die Jagd am nächsten
Tag erstreckte, wurde eine Welt, die mit Geschichten und Bildern
angefüllt ist, eine Welt, deren Bewohner sich der Bedeutung
ihrer Existenz bewußt sind. Bis das Meer wieder Methan speit
und die Welt den Punkt erreicht, an dem – wie bei einem Wal, der
in dünnen Nylonfäden, die nur einen winzigen Bruchteil
seines Eigengewichts ausmachen, gefangen ist – die Natur ihre
Stimme erhebt; die Organisation der Welt ist so umfassend geworden,
daß sie selbst nun die Welt ist, und von da an…
    Die Geschichte beginnt von neuem. Menschen gehen über den
nächsten Hügel, und dahinter liegt ein neues Land; manche
bleiben, um es urbar zu machen, andere gehen über den
nächsten Hügel, und über den nächsten. Jeder Ort,
den die Menschen betreten, wird letztendlich vermessen, benannt und
bezeichnet – und dann zieht man weiter – zum Teil, um
später wiederzukommen und diesen Ort mit anderen Augen zu
betrachten, zum Teil, um einfach etwas Neues zu sehen.
Schließlich sehen alle Zuschauer mit Louies Augen, wie sie
durch die leeren Eisenstaub-Wüsten des Mars
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