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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme
Autoren: John Barnes
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gehen, dann schauen
sie hinauf zum Himmel und sehen die kryogenischen Sturmwelten, welche
um die Gasriesen kreisen, und jenseits davon die Kugeln, die im
Leerraum an einem Halteseil von geringer Schwerkraft hängen, die
Kometen der Oort’schen Wolke… und dahinter die
Sterne…
    Die Geschichte beginnt von neuem. Die Menschen entdecken das
Geheimnis der Arbeitsteilung, die Nutzbarmachung der Kräfte der
Natur, und dann geht die Eroberung weiter, bis…
    Die Geschichte beginnt von neuem. Die schöne und unverdorbene
Natur wird langsam aufgezehrt und vernichtet…
    Die Geschichte beginnt von neuem. Und wieder von neuem, und wieder
von neuem, und als alle diese Geschichten erzählt sind,
spürt Mary Ann – und die Milliarde Menschen, die diese
Geschichten durch sie erleben, daß alle diese Geschichten wahr
sind, daß die Dinge sich tatsächlich so ereignet haben,
bis schließlich…
    Die Wahrheit besteht darin, daß jede Geschichte einmal
endet. Jede dieser Geschichten wird ihr Ende finden, einige als
Komödie, andere als Tragödie und wieder andere als
schlichte Dokumentationen. Dinge, die einfach geschehen sind. Und
doch sind manche von ihnen wahrer als andere; um die Weltgeschichte
als Sündenfall zu begreifen, muß man erst einmal imstande
sein, sich eine Natur vorzustellen, die so nie existiert hat. Nur
dann ist es möglich, die reale, blinde, von Kampf geprägte,
erbarmungslose, sinnlose, chaotische Fassade mit pastelliger
Disney-Kolorierung zu übertünchen und den
pflanzenfressenden Tieren große treuherzig blickende Augen und
den Raubtieren buschige, slawische Augenbrauen zu verpassen. Um die
Welt als eine Aufforderung zu begreifen, über den nächsten
Hügel zu gehen, muß man erst einmal lernen, die
unzähligen Menschen zu ignorieren, die niemals aus eigenem
Antrieb irgendwohin gehen, man muß den Blick auf den
Eigenbrötler richten, der nicht zu Hause bleiben kann, man
muß all das ignorieren, was Menschen gewöhnlich tun, so
daß wir einen Menschen betrachten können, der sich von
Neuland abhebt wie ein Schauspieler der alten Schule von einer
farbigen Kulisse…
    Es gibt keine Linse, die nicht verzerrt, und es gibt keine zwei
Linsen, deren Abbildungen identisch seien, und doch verzerren einige
mehr als andere; und wie immer auch die Handlung und das Bild
verbogen werden mögen, die Geschichten werden ihr Ende finden,
egal, durch welche Linsen man sie betrachtet.
    Wenn man das einmal verstanden hat, kommt der Rest der Geschichte,
aber ohne Titel und bedeutungslos, außer daß Mary Ann
erkennt, daß es mit dem Ende all dieser Geschichten kompatibel
ist, wie ein Stecker in eine Steckdose, als wäre er eigens
dafür angefertigt worden.
    Louie und Carla erzählen diesen Teil der Zukunft gemeinsam,
so daß Mary Ann ihren Kopf für sich allein hat und die
Worte aus ihrem Mund kommen hört, während die Bilder
vorbeiziehen. Sie sieht, wie ›Clem‹ in Tausende kleinerer
Böen und Stürme zersplittert wird, die gegen das Festland
anrennen – es wird einen langen, harten Winter in der
nördlichen Hemisphäre geben, aber eben nur einen langen,
harten Winter. Sie sieht, wie die Menschen wieder von den Bergen an
die Küsten zurückkehren und neue Städte errichten,
einige auf den Fundamenten der alten, andere dort, wo der neue
Küstenverlauf neue Häfen und Flußmündungen
geschaffen hat.
    Und sie sieht Louie – beziehungsweise seine Manifestation in
der ehemaligen Raumstation – wie er wieder ins All fliegt, um
noch mehr Kometen und Material zu sammeln, um noch mehr Replikatoren
zu bauen, und dann…
    Zunächst wird der Mars kolonisiert, dann wird die Venus auf
eine ausreichende Rotationsgeschwindigkeit gebracht, abgekühlt
und bepflanzt, und der Mond selbst erhält eine Atmosphäre,
die ständig aufgefüllt wird (tatsächlich haben
Eisbrocken, die sich von 2026RU gelöst hatten, bereits eine sehr
dünne Atmosphäre geschaffen, und sie wird sich noch
verdichten – sie sieht, tausend Jahre später, wie Regen auf
die Mondoberfläche fällt, und den grünblauen Mond, der
die Erde bescheinen wird).
    Sie sieht die vielen tausend Raumschiffe, die sich auf den Weg zu
weit entfernten Sternen machen; sie sieht, wie die Erde reicher und
lebenswerter wird, und als die Industrie in den Weltraum verlagert
wird, sieht sie, wie das Grün auf die Erde
zurückkehrt…
    Und sie begreift, daß keine dieser Entwicklungen
zwangsläufig eintreffen muß (außer, daß Louie
anscheinend wild entschlossen ist, das Sonnensystem
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