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Ein Cowboy aus Manhattan

Ein Cowboy aus Manhattan

Titel: Ein Cowboy aus Manhattan
Autoren: Carter Brown
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    Es
war Hochsommer in Manhattan, die Taxifahrer guckten schlau und sagten, es sei
noch nicht mal die Hitze, die Feuchtigkeit wäre viel schlimmer. Die Mädchen auf
der Fifth Avenue hatten diesen Sommer noch weniger
an, es gab mehr Morde und Überfälle denn je, und im nächsten Jahr würde jeder
nach Connecticut ziehen und einpendeln. Ich für meinen Teil dachte mir, daß ich
besser blieb, wo ich war, denn letzten Endes würde uns die Luftverschmutzung
alle doch erwischen. Die Leute in Connecticut kamen ein paar Tage später dran,
das war alles.
    So
um vier am Freitagnachmittag hockte ich in meinem Büro und fragte mich, was, zum
Kuckuck, ich eigentlich dort verloren hatte, wenn ich doch in einer Bar mit
Klimaanlage sitzen und eiskalten Martini trinken konnte. Außerdem hatte ich
gerade keine Sekretärin, und die Geschäfte waren so lausig, daß ich nicht
einmal sicher war, ob ich mir überhaupt eine leisten konnte. Plötzlich wurde
die vordere Tür zugeschlagen, dann klackten ein Paar Absätze resolut durchs
Vorzimmer. Ich hatte gerade noch Zeit, die Füße vom Schreibtisch zu nehmen, ehe Calamity Jane hereinkam.
    »An
der Tür steht Boyd GmbH«, sagte sie kalt. »Sie sehen beschränkt aus, also
müssen Sie Boyd sein.«
    »Ich
bin Danny Boyd«, gab ich zu, »und ich habe sie auch am Schwarzen Canyon
geschlagen, aber der Anführer — der mit dem Schimmel und dem schwarzen Hut — ist
mir entwischt.«
    Sie
sah nämlich aus, als wäre sie für die Hauptrolle in einer neuen Westernserie
gerüstet, von ihrem weißen Stetson bis hinunter zu den hochglanzpolierten
Stiefelspitzen. Honigblondes Haar fiel locker über ihre Schultern, und ihre
weit auseinanderstehenden Augen waren von einem tiefen Blau. Die Nase war
schmal, gerade und verächtlich gerümpft, und den breiten, beweglichen Mund
schien sie von einem Faun geerbt zu haben.
    Sie
trag eine kurze blaue Jacke mit eingewebten Lurexfäden, die glitzerten und
schimmerten. Die Hose, im passenden Farbton, war so eng, daß ich es kaum
erwarten konnte, ihr einen Stuhl anzubieten — was würde dann wohl passieren?
    »Sind
Sie so eine Art Privatdetektiv?«
    »Von
der besten Art«, verbesserte ich, drehte dann den Kopf ein wenig, damit mein perfektes
linkes Profil auf sie wirken konnte.
    »Wie
ich gehört habe«, sagte sie, »sind Sie ein ausgemachter Halunke, der für Geld
fast alles macht und fast immer Glück dabei hat.«
    »Setzen
Sie sich doch«, schlug ich vor, »und entlasten Sie ihr Mundwerk ein bißchen.«
    Sie
setzte sich in den Besuchersessel, und die hautenge Hose blieb zu meiner
Enttäuschung ganz. Mit dem rechten Daumen schob sie sich den Stetson ins
Genick, schlug dann sorgfältig die Beine übereinander. Ich schaute genau hin,
konnte aber keine Sporen entdecken.
    »Ich
bin Primel Hill«, sagte sie, »und Ihre Kommentare können Sie sich in Zukunft
schenken.«
    Ich
hatte den Eindruck, daß sie noch ein bißchen weichgeklopft werden mußte, deshalb
wandte ich ihr mein rechtes Profil zu, von dem bekannt ist, daß es alte Damen
in Entzückungsschreie ausbrechen und mitten auf der Straße in Ohnmacht fallen
läßt. Primel Hill zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, was bedeutete, daß
sie frigide sein mußte.
    »Okay«,
sagte ich. »Sie sind also Primel Hill, und ich bin Danny Boyd. Was ist
passiert? Ist Ihnen im Centralpark der Gaul
durchgegangen?«
    »Ich
komme aus Wyoming«, sagte sie, »vor drei Wochen ist mein Vater gestorben und
hat mir seine Ranch hinterlassen.«
    »Haben
Sie Schwierigkeiten mit Viehdieben? Knallt Ihnen wer die Büffel ab?« Meine
Vorstellung von der Welt außerhalb New Yorks ist etwas nebulös, zugegeben.
»Sind wilde Siedler eingedrungen und reißen Ihre Zäune nieder?«
    »Was
sind Sie eigentlich?« fragte sie verwundert. »Verrückt nach Fernsehwestern?«
    »Es
ist eine Ranch«, sagte ich nervös. »Auf einer Ranch muß man doch irgendwas
züchten, oder?«
    »Es
ist eine Ferienranch«, sagte sie knapp. »Wir haben genug Rinder, um die
Landschaft zu dekorieren, und genug zahme Pferde, auf denen die Gäste reiten
können. Außerdem haben wir Holzhütten, klimageregelt selbstverständlich, in
denen die lieben Knaben schlafen, und dann ist da noch unser
Original-Pseudo-Saloon, in dem sie sich zu horrenden Preisen vollaufen lassen
können. Manchmal schleppen wir sie sogar bis runter zum Fluß und veranstalten
ein Original-Wyoming-Steak-Grillfest. Zuvor gibt es selbstverständlich
Martinis.«
    »Das
hört sich mächtig einträglich
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