Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke

Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke

Titel: Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
Das Nest

    Die Nummer 98 war eines jener vielen nichtssagend aussehenden Häuser in der Railsworth Street.
    Fünf Stockwerke hoch, mit einem halben Dutzend Fernsehantennen auf dem Dach und einer Fassade, deren Putz wohl vor Jahrzehnten einmal dunkelgrün gewesen sein mußte.
    Studierte man die Schilder neben der Eingangstür, so fand man — neben den gewöhnlichen Wohnungsmietern — einen Zahnarzt, einen Notar, eine Architektengemeinschaft, eine Werbeagentur, das Büro einer kirchlichen Sekte und, im Dachgeschoß, ein Immobilienbüro. Letzteres firmierte unter dem Namen: John Colfield, Vermittlung von landwirtschaftlichen Anwesen.

    Es war kurz nach 14 Uhr, als ein dunkelgekleideter Mann von etwa 30 Jahren, einen Stockschirm schwingend, das besagte Haus Nummer 98 betrat.
    Seine sportliche Art, die Treppenstufen zu nehmen, ließ auf einen gut durchtrainierten Körper und auf Kondition schließen. Man hätte ihn für einen Tennisspieler oder einen leidenschaftlichen Querfeldeinläufer halten können. Er legte keine ause bis zum obersten Treppenabsatz ein. Und als er wenig später den Klingelknopf neben dem Schild COLFIELD-GESELLSCHAFT drückte, war er weder außer Atem, noch deuteten sonstige Anzeichen darauf hin, daß er sich angestrengt hatte.
    Sein Gesicht zeigte lediglich eine Spur von Erwartung und Gespanntheit.
    Genau sechzig Sekunden vergingen, bevor sich die Tür öffnete.
    Ein mittelgroßer, eher kleiner Mann mit buschigem rötlichem Haarschopf und ebensofarbigem Vollbart breitete die Arme aus und rief mit heller, Überraschung heuchelnder Stimme: „Oh, Mr. Godley, Sie kommen wie gerufen. Gerade heute habe ich ein herrliches Objekt angeboten bekommen. Direkt auf Ihre Wünsche und Vorstellungen zugeschnitten.“
    Der Mann in Schwarz, Godley genannt, nickte lebhaft und erwiderte lachend: „Ich muß es geahnt haben, Mr. Colfield. Aber vielleicht liegt es auch daran, daß meine Großtante väterlicherseits Hexe und Hellseherin war.“ Beide lachten, daß man es noch mehrere Stockwerke tiefer hören konnte.
    „Bitte, treten Sie doch ein!“ tönte der Makler, und seine Stimme klang nach Verbeugung.
    Godley folgte der Aufforderung.
    Die Vorstellung für eventuelle Zuhörer im Treppenhaus war zu Ende, das eigentliche Gespräch konnte beginnen. Vorher jedoch erledigte Mr. Colfield einige Handgriffe, die dieser Besucher ungerührt verfolgte, die jedoch jeden anderen Beobachter zu einem verständnislosen Kopfschütteln veranlaßt hätten.
    Zuerst drückte der Makler auf einen Knopf neben dem Lichtschalter, und aus einem Lautsprecher über dem Briefkastenschlitz erklang Musik. Anschließend zog er einen dicken, anthrazitfarbenen Samtvorhang vor die Tür.
    Schweigend betraten die beiden Männer das Büro, dessen Wände mit Landkarten und Fotos mit ländlichen Motiven geradezu gepflastert waren.
    Colfield betätigte erneut einen Knopf, und ein eigenartiger Summton erklang. Von diesem Augenblick an würde es keinem Außenstehenden gelingen, das mitzuhören, was in diesem Raum gesprochen wurde.
    Der bärtige kleine Mann streckte dem Besucher die Hand hin, und die Andeutung eines Lächelns huschte über seine Lippen.
    „Willkommen in London, Mike! Ich hoffe, es ging alles glatt.“
    Mike Godley sah überrascht auf. Sein Zeigefinger deutete zur Wand. „Von meiner Seite aus ging alles glatt. Ich dachte, du hättest schon lange die Bestätigung.“
    Colfield schüttelte den Kopf. „Wir haben wieder eine neue Sendezeit ausgemacht. 14 Uhr 15.“ Während der Makler auf ein gerahmtes Foto an der rechten Wandseite zuging — es stellte die Ansicht eines Farmkomplexes dar — , warf Godley Stockschirm, Hut und Mantel achtlos in einen betagten Sessel mit zerschlissenem Lederbezug. Colfield klappte das Bild wie eine Schranktür zurück, und eine komplette Kurzwellenanlage bot sich ihren Blicken dar.
    Während er sich einen Stuhl heranzog, ließ sich Godley in einen Schaukelstuhl aus Korbgeflecht fallen.
    Stumm begannen sie zu warten.
    Um 14 Uhr 14 schaltete Colfield das Gerät auf Empfang. Und dann, ganz plötzlich, kam atmosphärisches Leben in die Apparatur, und eine metallisch vibrierende Stimme meldete sich verzerrt und monoton:
    „Hallo, Rosa Nelke, hallo, Rosa Nelke, hier ist der neueste Wetterbericht von den Fischgründen. Sonnenschein wie vorherberechnet. Leider an einer Stelle Schatten, weil Thunfisch noch zappelt. ersuche, neu zu angeln. Ich wiederhole: Sonnenschein wie vorherberechnet. Leider an einer Stelle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher