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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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zwanziger Jahre und bis in die vierziger Jahre hinein funktionierte [220] dieses System blendend, in dessen Mitte ein einzelner Mann stand: der Produzent.
    Fitzgerald hat nie direkt mit, oder besser: unter Thalberg gearbeitet, und er hat sehr in den Schreibfabriken Hollywoods gelitten. Aber er bewunderte Thalberg für dessen Intelligenz und Autorität und schätzte sicher auch dessen glänzendes Aussehen und tadellose Manieren. Mit Monroe Stahr entwirft er eine Figur, in der er die wichtigsten Lebensdaten und die besten Eigenschaften Thalbergs mit inneren Wirklichkeiten kombiniert, die aus seinem eigenen Leben stammen. Thalberg war glücklich mit der Schauspielerin Norma Shearer verheiratet, Liebesaffären außerhalb dieser Ehe sind nicht bekannt. Stahrs Verhältnis zu Frauen erinnert eher an Fitzgeralds Geschichte mit den Frauen, die er liebte. Die tote Minna, die Stahr nicht loslässt, trägt Züge der kranken Zelda, mit der kein Leben mehr möglich war. Kathleen wiederum ist deutlich von Sheilah Graham inspiriert, die Fitzgerald zum ersten Mal auffiel, weil sie einen silbernen Gürtel trug. Monroe Stahr ist nicht Thalberg, und Die Liebe des letzten Tycoon sollte kein Porträt seines Lebens werden. Stahr ist eine fiktive Figur, doch zusammengeschmolzen aus einem Vorbild, eigenen Erlebnissen und einer romantischen Vision vom großen Einsamen, der Ausnahmegestalt, die außerhalb jeder Ranküne steht und jeder Schweinerei.
    Thalberg war 1899 mit einem Herzfehler geboren worden, und es hieß, er werde nicht älter werden als dreißig Jahre. Er ließ diese Prognose hinter sich und starb im Al-ter von siebenunddreißig Jahren. Sein kurzes Leben verbrachte er in dem Bewusstsein, keine Zeit für Umwege zu [221] haben, er war in Eile und arbeitete mehr, als die Ärzte ihm rieten. Auch Monroe Stahr hat dieses unerschütterliche Arbeitsethos, und eine der Szenen, von denen Fitzgerald sich literarisch viel versprach, war jene, in der sein Arzt Stahr verbietet, weiter in dem Tempo zu arbeiten, das er gewohnt war: »Die Worte des Doktors erfüllen Stahr mit einem Entsetzen, das ich noch dem faulsten Leser verständlich machen muss«, schreibt Fitzgerald in einer seiner Notizen für spätere Episoden, »diesen Schlag für Stahr und seine völlige Unwilligkeit zuzugeben, dass sein Körper ihm, mit fünfunddreißig Jahren, nicht mehr gehorchen sollte, um seine Pläne auszuführen.« Fitzgerald stellte sich vor, diese Szene als etwas ganz Neues zu schreiben, in einer Form, die es in der amerikanischen Literatur noch nicht gegeben hatte. Er kam nicht mehr dazu, weil auch sein Körper ihm nicht erlaubte auszuführen, was er geplant hatte.
    Thalberg gehörte zur zweiten Generation in Hollywood. Die erste stellten Einwanderer zumeist aus Osteuropa, die mit der großen Einwanderungswelle im späten neunzehnten Jahrhundert nach Amerika gekommen waren. Männer wie Louis B. Mayer und Sam Goldwyn, der eigentlich Goldfish hieß, Adolph Zukor oder Harry Warner. Sie alle waren Juden mit orthodoxem Hintergrund, die von der Armut und den Ghettos in Europa genug hatten; von den acht großen Filmstudios in der Anfangszeit Hollywoods führten sie sechs. Ihr unbedingter Wille zum Erfolg trug sie durch alle möglichen Branchen ins Filmgeschäft, das in erster Linie ein Manufakturbetrieb und also nichts grundlegend anderes war. Niemand hielt das Kino für wirklich seriös, aber es ließ sich sehr schnell viel Geld damit verdienen. [222] Irving Thalberg hatte mit diesen Männern, die sich selbst als Eroberer sahen, nichts gemein. Er kam aus einer soliden mittelständischen deutschen jüdischen Familie, war in Amerika geboren und hatte eine gute Erziehung genossen. Das allein stellte ihn in gewisser Weise über die Filmmogule, die in Hollywood herrschten und deren Macht er für eine Weile auch für sich in Anspruch nahm. Thalberg war ein boy wonder. Mit neunzehn begann er als Sekretär und Stenograph im New Yorker Büro des Chefs von Universal Pictures, Carl Laemmle, mit zwanzig leitete er dessen Büro in Kalifornien, mit vierundzwanzig wurde er Vizepräsident von Metro-Goldwyn-Mayer, einem neuen Studio. Ihm unterstand die gesamte Filmproduktion, und er war es, der begann, sehr viel Geld für Filme auszugeben, die früher für möglichst wenig produziert worden waren. Zahlreiche Wiederholungen von Einstellungen, teure Ausstattung, sorgfältig aufgebaute Stars – das alles hat Thalberg in Hollywood eingeführt. Zu den wichtigsten Filmen, die er
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