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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
Autoren: Diana L. Paxson
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PROLOG
     
    Das erste Leben entsprang dem Meer.
    Als Wiege der Schöpfung, als schützender Mutterleib enthielt es alle Elemente. Die aufgelösten Elemente verbanden, vereinigten sich miteinander, verschmolzen zu Wesen wachsender Komplexität.
    Wasser ist Verwandlung.
    Es steigt an und schwillt ab, es stirbt und wird wiedergeboren, es nährt die Welt. Seine stete Bewegung gehorcht den Gesetzen des Mondes und der Gezeiten. Eingedämmt wird es schal und verendet; in freiem Fluss erneuert es die Welt.
    Wasser ist das Blut der Göttin, es füllt die Bäche und Flüsse, die das Land durchziehen. In die Seen und Tümpel, genährt aus der Tiefe durch sprudelnde Quellen, lässt es ihren Segen fließen.
    Wasser ist die Magie der Frau.
    So wie das Meer als Antwort an den Mond flutet, so flutet auch ihr Leib; jeden Monat blutet sie und wird erneuert. In Blut erschafft sie ein Kind, und blutig bringt sie es zur Welt; aus ihren Brüsten quillt süße Milch, um es zu nähren. Frauen suchen die geheiligte Quelle und opfern der Göttin, deren Name jene Macht bedeutet, die aus den Tiefen in die höchsten Höhen emporsprudelt, denn sie wissen, dass die Magie der Göttin und ihre ein und dieselbe ist…
    Auf einem Eiland im Meer dienen neun Priesterinnen einem geheiligten Schrein. In Einklang mit dem Wandel des Mondes preisen sie die Göttin zu ihrer rechten Zeit. Aber wenn der Mond voll ist, wandert die Priesterin, die als die Anführerin gilt, oft am Meeresufer entlang. Mondlicht schimmert silbrig auf den Wassern. Sie streckt die Arme aus, um jene Pracht einzufangen, doch sie zerfließt zwischen ihren Fingern. Sie ist von einem schmerzlichen Verlangen erfüllt, jene Macht zu besitzen, von der sie selbst besessen ist, und langsam wächst in ihrem Bewusstsein eine Vision.
    Wenn die Häuptlinge ihres Volkes eintreffen, um ihre Gaben darzubringen, verlangt sie Silber von ihnen. Stück für Stück schmelzt sie zusammen, klopft es zu dünnen Platten, in denen Bildnisse der Göttin eingebettet sind. Bereit für die Liebe, bewaffnet für den Krieg, Kranke heilend oder dem Barden Lieder eingebend, eine Kuh melkend, Wild jagend oder ein Schiff wohlbehalten in den Hafen geleitend, ihr Kind stillend oder die Seele eines Toten über das Meer tragend – die Göttin erscheint in all ihren Gestalten und segnet die Menschheit.
    Abschnitt für Abschnitt werden die Stücke geformt, vernietet und gelötet, bis sie eins sind. Mit Hand und Herz wird ein großer Kessel erschaffen, silbrig wie der Mond. In den Rand werden sanft schimmernde Flussperlen eingelassen. Dann tragen die Priesterinnen ihn singend zur geheiligten Quelle. Nacheinander füllen die Priesterinnen ihre Kelche und heben sie empor, um die Strahlen des Mondes einzufangen. Schließlich schütten sie das Wasser in den Kessel, in dem silbriges Licht schimmert.
    Die Gesänge werden tiefer, verwandeln sich in ein wortloses Summen, ein Pulsieren, das die Oberfläche des Wassers erbeben lässt. Von jenseits dieser Welt erklingen Obertöne und Harmonien. Ein strahlender Nebel hängt über dem Wasser, windet sich empor, formt sich zu der Gestalt einer Frau. Sie dreht sich herum, öffnet die Arme, stimmt in den Gesang mit ein und verleiht ihm Worte. Schließlich schöpft sie Flüssigkeit aus dem Kessel; in jeden Kelch ergießt sie ihren Segen bis zum Rand.
    Und als die Priesterinnen sich schließlich wieder bewusst werden, wer und wo sie sind, ist der Kessel leer. Aber bei jedem Vollmond, wenn sie ihn mit Wasser aus der geheiligten Quelle füllen, schimmert das Wasser, und alle, die davon trinken, werden erneuert.

I
    Geburtswehen
    A.D. 487
     
    Kurz vor Sonnenuntergang blies ein Wind von den Höhen herab und kräuselte das Wasser. Dankbar atmete die Herrin vom See ein, denn der Tag war warm gewesen, eine Verheißung des Sommers, der mit dem Beltenefest beginnen würde. In der Welt der Menschen würden die Jungen in die Wälder ausschwärmen, um Grün für das Fest zu sammeln, und wenn die jungen Leute länger brauchten, als unbedingt nötig war, um die Zweige zu schneiden, und mit zerwühlten Kleidern zurückkehrten, würden an jenem Abend selbst die Christen kaum wagen, sie dafür zu bestrafen. Aber auf der Insel der Maiden war es nicht nötig, die Wildnis mitzubringen, denn sie umgab sie auf allen Seiten. Und während Mann und Maid dem alten Zauber der Erde frönten, würden sie und ihre Priesterinnen die Magie des Wassers heraufbeschwören, deren Macht all jenen wachsenden Dingen das Überleben
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