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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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mit der Diagnose Schizophrenie stationär in einer Nervenklinik untergebracht; die Erziehung und Betreuung ihrer gemeinsamen Tochter Scottie, die 1921 geboren wurde, kostet ebenfalls regelmäßig höhere Summen, als Fitzgerald verdient. Und er selbst fällt immer wieder in seinen Alkoholismus zurück, wird ausfallend, verspielt Kontakte, verärgert, um das mindeste zu sagen, aktuelle oder mögliche Auftraggeber. Vorschüsse auf unverkaufte Storys oder den Roman zahlt niemand mehr. Seinen Agenten, der ihm immer wieder Darlehen gegeben hatte, hat er schon 1939 gefeuert, als sich dieser weigerte, weiterhin große Summen vorzustrecken. Bei seinem Buchverlag hat er einige tausend Dollar Schulden, so dass auch von dort kein Vorschuss mehr zu erwarten ist. Einzig sein Lektor, der wunderbare Max Perkins, schickt ihm ein paar hundert Dollar aus eigener Tasche. Obwohl also offenbar niemand ihm mehr viel zutraut und seine Arbeit nahezu unverkäuflich ist, ist sich Fitzgerald sicher, mit dem neuen Roman auf dem richtigen Weg zu sein. »Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob ich je wieder ein populärer Autor sein werde«, schreibt Fitzgerald am 20. November 1939 an seinen Lektor Max Perkins, dem [218] er die ersten Seiten seines Romanentwurfs geschickt hatte. »Was bisher von dem Buch da ist, sollte aber genügen, das zu beurteilen.«
    Fitzgerald wollte einen Roman schreiben, der als westliches Gegenstück zu seinem bis dahin reifsten Roman, dem Großen Gatsby aus dem amerikanischen Osten, gelesen werden könnte. Einen »Western« nannte Fitzgerald Die Liebe des letzten Tycoon daher; Monroe Stahr sollte, und sei es zunächst nur mit dieser Genrezuschreibung, mit all den armen Jungs in Verbindung gebracht werden, die einst nach Westen zogen, um ihr Glück zu machen. Selbst die Länge sollte die gleiche sein wie beim Großen Gatsby – fünfzigtausend Wörter, das sind deutlich weniger als zweihundert Seiten. Doch als Fitzgerald starb, hatte er bereits vierundvierzigtausend Wörter geschrieben, aber noch nicht einmal die Hälfte seiner Geschichte erzählt. Auch wenn wir annehmen können, dass der Teil, den wir heute als eigenständiges Buch lesen, durch zahlreiche Revisionen des Autors deutlich kürzer geworden wäre, hätte die Liebe insgesamt wahrscheinlich den geplanten Umfang hinter sich gelassen. Denn Fitzgerald hatte vor, noch zwei wesentliche Handlungsstränge weiterzuentwickeln – den Arbeitskampf zwischen der Gewerkschaft der Drehbuchautoren und den Studiobossen und die Eskalation der Feindschaft zwischen Stahr und Pat Brady, dem Vater der Erzählerin Cecelia und seinem Partner in der Führung des Studios.
    Jeder Autor plündert seine eigenen Erfahrungen, um Figuren und Geschichten zu entwerfen, ohne dass wir immer wissen müssen, worauf er sich bezieht und welche Eigenschaften einer realen Figur er von der Wirklichkeit in die [219] Fiktion hinübergeholt hat. Bei der Liebe des letzten Tycoon ist das ein wenig anders, denn hier hat der Autor selbst im frühesten Stadium seiner Vorarbeiten über das Vorbild für Monroe Stahr gesprochen. Es ist Irving Thalberg, der legendäre Produzent der zwanziger und dreißiger Jahre, der mit Louis B. Mayer das Filmstudio MGM gegründet und zum Synonym für Glamour, Stil und atemraubende Ausstattungen gemacht hatte. Zum ersten Mal überhaupt sprach Fitzgerald von einem Hollywoodroman nur wenige Tage nach Thalbergs Tod am 15. September 1936. Da wusste er noch viel zu wenig von Hollywood, um mit dem Roman zu beginnen. Aber er hatte offenbar schon ein Bild von seinem Helden Monroe Stahr, der ein Produzent mit denselben Prinzipien, die Thalberg verkörperte, sein sollte, der aussah wie er und ebenso früh starb.
    Thalberg hatte großen Respekt vor guter Literatur und erkannte, wenn jemand schreiben konnte. Doch er wusste auch, dass sich Stil nicht verfilmen lässt, was vielleicht das größte Problem Fitzgeralds in Hollywood war. Bei MGM führte Thalberg die Praxis ein, dass mehrere Autoren gleichzeitig am selben Film arbeiteten. Gekränkte Gefühle seiner Drehbuchautoren waren ihm einerlei. Wie auch die verletzten Gefühle der Regisseure, deren Rolle er noch vor den Autoren zusammengestutzt hatte. Thalberg wusste genau, worauf es ankam, wenn ein Film gedreht, geschnitten und vermarktet wurde. Er kannte die Mechanismen der Filmindustrie so gut, dass er sie variieren konnte, indem er ein System extremer Arbeitsteilung erfand, das die verschiedenen Kräfte ausbalancierte. Vom Ende der
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