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Die Leute mit dem Sonnenstich

Die Leute mit dem Sonnenstich

Titel: Die Leute mit dem Sonnenstich
Autoren: Horst Biernath
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Insel zurückfahren, um Ihren Herrn Vater und auch Sie aus Ihrer gewissermaßen prekären Lage zu erlösen.«
    »Das hätten Sie sich getraut?«
    »Warum denn nicht?« fragte er, als wäre der Gedanke an Herrn Prack die allergeringste Sorge.
    Die Verstrebungsleiste widersetzte sich noch immer Marions Bemühungen, sie im Leinensack unterzubringen. Marion war rot bis an die Stirn vor lauter Anstrengung.
    »Darf ich Ihnen helfen, Fräulein Marion?«
    »Oh, das wäre sehr nett von Ihnen, ich fürchte, ich schaffe es nicht allein.«
    Sie hielt den Beutel auf, und er stopfte die Leiste ohne sonderliche Mühe zwischen die anderen Hölzer.
    »Wie geschickt Sie sind, Thomas...«
    »Oh, nicht besonders«, murmelte er errötend, »aber zu zweit und wenn man sich ein wenig hilft, nicht wahr?«

    Als Barbara den Taxistand angeläutet hatte, kam Herr Keyser aus einer der Umkleidekabinen heraus. Er bewegte sich mit henkelförmig abstehenden Armen und langem Halse vorwärts, denn ihn plagte der Sonnenbrand abscheulich. Barbara winkte ihm zu und riet ihm, falls er noch etwas essen oder trinken wolle, seine Bestellung rasch aufzugeben, da sie annehme, der Wagen, den sie soeben bestellt habe, werde in wenigen Minuten hier eintreffen. Sie überließ den Alten Herrn seiner nicht geringen Bestürzung und schloß die Tür der Telefonzelle, da sie noch ein Gespräch zu führen hatte.
    Später fanden sie sich zu viert unter der Kastanie zum Kaffee zusammen. Frau Beutelmoser setzte ihnen eine Quarktorte aus eigener Bäckerei vor. Herr Keyser vertilgte jeden von den ein wenig schmal geschnittenen Keilen mit zwei Bissen. Aber er blieb zugeknöpft, und seine Blicke wanderten mit heimlichem Mißtrauen zwischen Barbara und Thomas Steffen hin und her. Einmal ließ er sogar seinen Kaffeelöffel fallen und warf, während er sich danach bückte, einen raschen Blick unter den Tisch. Es war ihm vorgekommen, als würde dort unten gefußelt.
    Er kam mit rotem Kopf und augenscheinlich verwirrt herauf. Gewiß, dort unten wurde gefußelt, aber was war denn das? Dieses Fräulein Hollstein hatte doch weiße Sandaletten an, und unter Thomas Steffens zärtlicher Sohle hatten sich die bunten Lederstreifen eines italienischen Korksohlenslippers befunden, der seiner Tochter gehörte!
    Thomas Steffen warf einen Blick auf seine Uhr: »Der Wagen wird wohl jeden Augenblick kommen. Aber um drei legt hier das Motorboot an...«
    »Was für ein Motorboot, lieber Steffen?« fragte Herr Keyser ein wenig geistesabwesend, denn er war von seiner merkwürdigen Entdeckung unter dem Tisch noch immer leicht betäubt.
    »Das Boot, das zur Insel fahren soll, um Herrn Prack sein Boot, seinen Anzug und noch einiges dazu zurückzubringen.«
    Herr Keyser setzte seine Tasse klirrend ab.
    »Dieser Kerl! Dieser Lümmel! Dieser Widerling!« stieß er heftig hervor und versuchte, dem Paket, das in der Nähe seines Stuhles lag, einen Tritt zu versetzen, aber seine Beine waren für dieses Vorhaben nicht lang genug. »Dieses Ekel!« sagte Marion und ballte die kleine Hand zur Faust. »Wenn ich nicht gefürchtet hätte, daß Paps von der Strandung und der Aufregung bei unseren Unfall ernsthaft krank werden könnte, wäre ich noch am gleichen Abend weitergefahren!«
    »Ein fürchterlicher Grobian!« sagte Thomas Steffen mit einem zu seinen Worten in seltsamem Widerspruch stehenden fast zärtlichen Ausdruck und angelte etwas mit dem Fuß näher an sich heran. »Mir war es vom ersten Augenblick klar, was uns erwartete. Ein S-trolch!«
    »Jawohl, ein richtiger Schurke!« bestätigte Barbara und blickte zum Gartentor hin, wo ein Bursche von seinem Moped stieg und mit einer Art Stock- oder Golftasche in der Hand durch die Pforte trat. Sie ging dem Jungen entgegen, und die drei Zurückgebliebenen sahen, daß sie ihm Geld in die Hand drückte und diese Stock- oder Golftasche oder was es sonst sein mochte, in Empfang nahm. Und fast gleichzeitig mit dem motorisierten Boten erschien auch das Taxi, und der Chauffeur kündigte sich durch ein dreifaches Hupsignal an.
    »Und wenn ich diesen Donaupiraten einmal unter normalen Verhältnissen unter die Finger bekommen sollte...«, sagte Herr Keyser noch rasch, ehe sich alle erhoben.
    »Nun, Herr Keyser, was dann?« fragte Barbara neugierig.
    Herr Keyser machte nichts als eine drehende Bewegung, jene häßliche Bewegung, mit der man Gänsen oder sonstigem Geflügel den Kragen abdreht.
    »Schön«, sagte Barbara, »ich will es ihm gern ausrichten. Denn wenn Herr
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