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Die Leute mit dem Sonnenstich

Die Leute mit dem Sonnenstich

Titel: Die Leute mit dem Sonnenstich
Autoren: Horst Biernath
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Ganz im Gegenteil! Ich habe mich in der höflichsten Form erboten, ihr kostenlosen Kochunterricht zu erteilen, nachdem sie fünf Eier, ein gutes Pfund Mehl und ein Stück Speck zur Herstellung von Kohle verwendet hatte. Und als ich zurückkam — ich war nämlich bei einem Bauern, um neue Vorräte einzukaufen —, da waren die beiden ausgerissen.«
    »Hm, ich verstehe nur nicht, weshalb du neue Vorräte holen mußtest, wenn sie nur fünf Eier verbraucht hat.«
    »Verstehst du nicht?« Er knurrte schon wieder ein wenig.
    »Verstehe ich wirklich nicht, Michael!«
    »Ihr hattet doch alles mitgenommen!«
    »Was mitgenommen?«
    »Herrgott, alles! Die Nudeln und die Büchsen, und die Butter und die Eier und das Geräucherte!«
    »Nichts davon haben wir mitgenommen! Nicht im Traum ist es Steffen oder mir eingefallen, euch auch noch die Lebensmittel zu klauen!« rief sie in einem Ton, an dessen Wahrheit nicht zu zweifeln war.
    »Dann hat dieser kleine Dicke also...?« sagte er verblüfft. »Aber das ist doch nicht möglich! Es war doch unser Acht-Tage-Proviant!«
    »Immerhin, ich habe den kleinen Dicken heute Kuchen essen gesehen«, meinte Barbara mit einem gewissen Respekt, »elf Stücke von einem riesigen Quarkkuchen, und zwischendrein fragte er, ob man noch Zeit genug hätte, im Bahnhofsrestaurant etwas Ordentliches zu essen!«
    »Dann hat also dieser alte Halunke...«
    »Nicht so, Michael! Du kannst dich nämlich bei diesem netten Alten Herrn dafür bedanken, daß ich so bald zurückgekommen bin!«
    »Ja, natürlich«, sagte er rasch, »bei Gelegenheit. Aber was ich mitgebracht habe, habe ich inzwischen verputzt, und ich frage mich nur, wovon wir heute leben sollen.«
    »Wenn du vielleicht ein paar Fische fangen würdest, Micha...?«
    Er wurde sehr verlegen und kleinlaut.
    »Kannst du es nicht vergeben und vergessen, Barbara?«
    »Was soll ich vergeben und vergessen, Micha? Ich verstehe dich nicht. Gerade wollte ich dich darum bitten, mir zu verzeihen, daß ich mich damals so weit gehenließ!« Ihre rechte Hand, die sie so lange hinter dem Rücken versteckt gehalten hatte, kam langsam zum Vorschein und mit ihr eine Stock- oder Golftasche — oder was es sonst sein mochte.
    »Angelzeug?« fragte er fassungslos.
    Barbara nickte schüchtern: »Als Ersatz für das andere. Du mußt es dir einmal anschauen, ob es auch gut ist. Idi habe es nur unter der Bedingung genommen, daß ich es Umtauschen kann, wenn es nichts taugt oder dir nicht gefällt.«
    Aber dann wurde ihre Stimme plötzlich deutlicher und auch energischer: »Um jedoch allen Fortsetzungen und Wiederholungen jener schlimmen Szene vorzubeugen, gebe ich dir das Angelzeug natürlich nur am Tag für« — Pause und sehr strenger Blick — »vierundzwanzig Stunden in die Hand! O Michael, hast du mich etwa wirklich für so engherzig gehalten, daß ich dir jemals Vorschriften machen würde, wie du dir deine Vergnügen und Lieblingsbeschäftigungen einzuteilen hast? Schäm dich, Micha! Komm her und halt die Wange hin! Ich sehe es dir doch an, daß du auf einen Stundenplan gerechnet hast!«
    »Hau zu, Barbara!« sagte er zerknirscht. »Und mach es nicht zu sanft! Ich habe es tatsächlich verdient.«
    Und er hielt still. Wenn auch nicht für eine Ohrfeige.

    ENDE

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