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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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verlieren, würde dein Herz brechen und meines; sorge für sie.«
    »Ah, Baba.«
»Du bist derjenige, der liebt, verstehst du. Mein lieber Freund, ich glaube wirklich, daß du mich diesmal überleben könntest. Du wirst Möglichkeiten zur Rache finden, wenn du abwartest und beobachtest.«
    »Was bedeutet Rache, wenn sie nie endet?«
»In der Tat. In der Tat, alter Freund. Ich will dir etwas erzählen, was mir langsam aufgeht. Das Pendel schwingt hin und her. Ich kann die Menschen in einer Lebenszeit nur so oder soweit treiben; nur so oder so viel in irgendeine Richtung helfen. Ich war Akkadianer, Sumerer, Ägypter, Kushite, Grieche, Mazedonier... Ich begründete Persien, verteidigte Griechenland an den Thermopylen gegen Persien, errichtete als Alexander ein östliches Weltreich und als Hannibal ein westliches; ich prüfte beide als Cäsar und zog auch nach Norden und nach Süden; war Chinese und Inder und Afrikaner... – eine Seite gegen die andere. Wir leben durch Gleichgewicht; es gibt keine Rache und es gibt doch eine. Eine Frage des Standpunktes, Shimshek.«
    Shimshek starrte ihn nur an.
»Liebe Gunesh«, sagte Yilan. »Lebe. Ich möchte, daß du vor der Morgendämmerung von hier verschwindest; schaff sie in dein Lager! Wenn ich tot bin, wird es etwas Aufruhr geben. Dann stoße ins Horn und reite los! Wahrscheinlich wird mächtig viel Durcheinander herrschen – manche werden die Stadt angreifen, andere werden dieses oder jenes tun; du siehst, der alte Mann macht sich immer noch Gedanken. Das ist eine meiner besten Kriegslisten.«
    »Nein, Baba. Ich lasse dich nicht hier, damit du getötet wirst.«
    »Sei nicht stur! Du würdest meinen Tod nur beschleunigen. Und Guneshs.«
    »Soll ich ihr erzählen – was du mir gesagt hast?«
    »Bringt es dir Frieden, zu wissen, was ich dir gesagt habe?«
    »Nein«, sagte Shimshek schwer. »Nein, Vater, kein Friede... es gibt kein Ende, nicht wahr?«
    »Was das anbetrifft... ich weiß nicht. Aber von der Morgendämmerung der Welt bis zu ihrem Ende... sind wir dieselben. Unveränderlich.«
    »Boga und du, ihr seid die Mächtigen«, meinte Shimshek. »Ist es nicht so... daß Gunesh und ich machtlos sind?«
    »Überwiegend schon«, antwortete Yilan und beobachtete, wie tief Shimsheks Stolz verletzt war. »Nur... Shimshek, wenn es nicht um dich ginge, könnte ich Boga sein. Denk daran! Wenn nicht deinetwegen – und ihretwegen. Weil ich dich liebe.«
    »Baba«, murmelte Shimshek, legte die Pfeife weg und umarmte ihn sanft, küßte ihn auf die Stirn.
    »Geh!« sagte Yilan. »Geh jetzt! Und wenn du den Aufruhr hörst, der meinem Tod folgen wird... reite mit Gunesh davon!«
    »Ich werde dich nicht verlassen, Baba. Nicht, damit du in deinem Bett stirbst.«
    »Kannst du es nicht tun? Gönnst du mir keinen ruhigen Tod? Selbst Boga hat ihn diesmal für mich vorgesehen, und ich bin müde, junger Unruhestifter; der alte Mann ist müde.«
    Der Vorhang wurde zurückgezogen. Shimshek riß heftig das Schwert aus der Scheide, aber es war Gunesh.
    »Wieviel Zeit muß ich euch geben?« fragte sie. »Setz dich!« sagte Yilan und klopfte auf den Teppich neben sich, und sie hockte sich dort auf die Fersen. »Du verfügst über einiges an Überredungskraft, Frau. Überzeuge diesen jungen Mann.«
    »Davon, dich zu verlassen?«
    Yilan nickte grimmig, deutete mit dem Pfeifenstiel zum Rand des Lagers. »Wie sieht es da draußen aus?«
    »Wie Sterne«, sagte sie. »Wenn der Himmel so viele tragen könnte.«
    »Wie der alte Himmel«, meinte er. »So viele mehr als jetzt. Träumst du manchmal von solchen Sternen, Gunesh? Ich tue es. Und ich sage dir, daß du mit diesem verrückten jungen Mann weggehen mußt, um nicht dein und sein Kind zu verlieren. Kannst du reiten, Gunesh?«
    Sie nickte, und ihre Augen waren feucht. Er hatte schon genug Tränen von Shimshek gesehen.
    »Macht keinen Unsinn!« sagte er.
»Ich habe geträumt«, erzählte sie, »daß wir diese Worte schon früher gewechselt haben.«
    »In der Tat«, sagte er. »In der Tat. Und wir werden es wieder tun. Eines Tages wird Shimshek es dir erzählen.«
    »Sie sind
wahr
«, sagte sie und zitterte dabei heftig. »Ja«, gab er schließlich zu, wußte sehr gut, welche »sie« sie meinte. »Ja, Gunesh. Die Träume. Vielleicht haben wir alle drei sie.«
    Shimshek schloß die Augen und wandte das Gesicht ab.
    »Yilan«, weinte Gunesh.
»Also kommt es nicht zum Streit. Ihr beide müßt von hier verschwinden! So sieht dieses Mal das Muster aus. Ich brauche
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