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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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Prolog
    Auf der gesamten Landoberfläche der Erde und einem großen Teil der Ozeane hatte die menschliche Rasse gelebt und war sie gestorben. In den frühen Tagen der Welt hatte sich die Spezies in den Becken der großen Ströme versammelt, in den Stromtälern des Nils, des Euphrats, des Indus'; war in den fruchtbaren Überschwemmungsgebieten zusammengekommen, um das Land zu bestellen; hatte in den reichen Wäldern gejagt und auf den wimmelnden Ebenen; hatte Vieh gehütet und gefischt, war umhergewandert und hatte gebaut. In den Ländern an den Ufern der Ströme entwickelten sich aus den Familien Dörfer; diese Gemeinschaften bewässerten das Land, wuchsen und schlossen sich zusammen. Systeme entwickelten sich zur Effizienz, und Systeme erforderten schriftliche Unterlagen; aus Dörfern wurden Städte; und Städte schluckten Dörfer und wurden zu Großstädten.
    Großstädte schluckten andere Großstädte und wurden zu Nationen; Nationen wurden zu Weltreichen vereinigt; Eroberern folgten Gesetzgeber, die das Hineinwachsen in neue Systeme regelten; Systeme funktionierten, bis spätere Generationen sich als weniger fähig zu ihrer Beherrschung erwiesen und auch die Systeme versagten. Wieder kam es zum Chaos und stiegen neue Eroberer auf, ein Muster ohne Ende. Kein Platz war mehr zu finden, über den nicht schon Füße geschritten waren, wo nicht schon Armeen gekämpft, Liebende geseufzt und menschlicher Staub sich niedergesenkt hatte, und all das völlig unbemerkt.
    Sie war einfach alt, diese Welt; sie hatte ihren Samen verstreut wie eine den Winden nachgebende Blume. Sie waren zu den Sternen gezogen – und hatten sich neue Welten eröffnet. Wer die Erde in ihrem großen Zeitalter besuchte, hatte seine Gründe – aber jene, die hier geboren waren, blieben aus dem althergebrachtesten aller Gründe: die Erde war ihre Heimat.
    Da waren die Städte, Mikrokosmen des menschlichen Gemeinwesens, riesige Wesen von sehr stark individuellem Charakter, die ihre Bewohner durch Gewohnheit, durch Liebe und durch die unsichtbaren Fäden an sich banden, die auch die ersten Menschen aneinandergebunden hatten, denn außerhalb der Wärme des vom Feuer beleuchteten Kreises herrschte Dunkelheit und beobachtete sie das Unbekannte mit wölfischen Augen.
    In der gesamten menschlichen Erfahrung fand sich kein Wort, das diesen Drang in all seinen Aspekten zum Ausdruck hätte bringen können; ›Liebe‹ hätte man vielleicht sagen können, aber zu oft war es doch der Haß. ›Gemeinschaftsgefühl‹ wäre vielleicht auch gegangen, aber das umfaßte zu wenige Angehörige; vielleicht auch ›Einheitsgedanke‹, aber die Vielfalt war groß. In einer Hinsicht war es bemerkenswert, daß die Menschheit nie ein geeignetes Wort dafür gefunden hatte, und in anderer Hinsicht überhaupt nicht bemerkenswert. Immer schon hatte es solche Dinge gegeben, die zu gewaltig waren und zu menschlich, um sie benennen zu können, wie zum Beispiel der Grund für die Liebe oder die Logik des Bergsteigens.
    Es war eben die Heimat, sonst nichts.
    Und die großen Städte waren die letzten Blüten dieser Entwicklung, wie sie auch schon an deren Anfang gestanden hatten.

Der einzige Tod in der Stadt
    (PARIS)
     
    Sie wurde die Stadt der Lichter genannt. Während der langen Geschichte der Erde hatte sie schon andere Namen getragen, in den Jahren, bevor die Sonne matt geworden war und von Krankheiten befallen, bevor der Mond glühend und riesig am Himmel hing, in den Raumhäfen die Schiffe von den Sternen weniger geworden waren und der Gründe für Ambitionen noch weniger. Die Stadt erstreckte sich, so weit das Auge reichte – wenn man sie von außen betrachtete, was die Einwohner nie taten. Sie war so gewaltig, daß ein Fluß durch sie hindurchströmte, Sin genannt, die in der unvorstellbaren Vergangenheit durch einen Wald von urzeitlicher Schönheit geflossen war und dann durch eine zahllose Folge von Städten im Verlauf der antiken Zeitalter der Weltreiche. Die Stadt wuchs an den Ufern der Sin und umschloß den Fluß gänzlich, so daß er, in einem steinernen Bett kanalisiert, durch die Hallen der Stadt strömte, im freien Fall von der zehnten auf die vierzehnte Ebene hinabdonnerte und anschließend sanft durch den Kanal auf der vierzehnten Ebene floß, einen großen Kanal, der die Stadt versorgte und sie unabhängig machte. Die Sin kam von außen, aber sie wurde so verwandelt und kanalisiert, daß sich niemand an diese Tatsache erinnerte. Niemand erinnerte sich an die
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