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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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zufrieden darüber, daß die Droge den Schmerz genommen hatte – oder das Gift. Nicht nötig, sich Sorgen zu machen; Shimshek hatte seine Schlacht gewonnen, und Boga und seine Genossen ließen Shimshek und einige seiner Leute zu ihm durch. Wie konnten sie es schon mit Würde verhindern?
    Und sicherlich wollten sie es nicht verhindern, damit sie beide Opfer auf einem Haufen hatten.
    Sie kamen zusammen herein, seine lieben Freunde; als erste stieg Gunesh die Leiter hinauf, unmittelbar gefolgt von Shimshek, selbst jetzt noch bedeckt vom Staub des Reitens und dem Blut seiner Feinde. Gunesh hatte ihm draußen rechtzeitig etwas ins Ohr flüstern können. Yilan sah den Ausdruck des Schmerzes auf Shimsheks Gesicht. »Setz dich!« sagte er. »Gunesh, du nicht... geh weiter!«
    Ihre Augen blitzten.
»Geh«, sagte er mit freundlicher Stimme. »Gib mir ein wenig Zeit, mit diesem jungen Mann privat zu reden. Es betrifft euch beide, aber gib mir die Zeit, mit ihm zu reden.«
    »Wenn es mich betrifft...«
»Hinaus!« sagte er. Sie ging, spürte vielleicht, daß er zu schwach war für einen Streit. Ein Schmerz packte ihn; er preßte die Kiefer zusammen, zog die Pfeife heraus, packte sie wieder mit zitternden Händen. Er streckte die Hand nach dem Licht aus, und Shimshek beeilte sich fieberhaft, ihm zu helfen, alles für ihn zu tun, verweilte in der Unmittelbarkeit dieses Augenblicks, war voller Schmerz. Yilan wandte den Blick ab und hatte für einen Moment eine Vision von dem, was Gunesh von ihnen sah – einen ergrauten, zerfurchten alten Mann, und Shimsheks göttliche Schönheit, dunkel und stark. Er sog den Rauch ein, streckte die Hand nach Shimsheks Gesicht aus, die Berührung eines Vaters diesmal.
    Shimshek brach in Tränen aus, und sie strömten ungehindert an seinem Gesicht herab.
    »Sie haben mich umgebracht«, sagte Yilan. »Gunesh hat es dir natürlich gesagt. Wenn ich nicht bald tot bin, werden sie sich darum kümmern; dann auch um dich und um sie. Hauptsächlich das Baby, das sie trägt; ob deines oder meines, spielt dabei keine Rolle... – o Shimshek, selbstverständlich weiß ich Bescheid; wie kannst du dich darüber nur täuschen?«
    Shimshek senkte den Kopf, und Yilan streckte die Hand aus und hob sein Gesicht wieder an.
    »Stolzer Unfug. Denkst du, der alte Mann wäre blind? Setz dich für einen Moment zu mir! Nur für ganz kurz.«
    »Für alle Zeit, Vater, wenn du es wünschst.«
    Er warf dem jungen Mann einen durchdringenden Blick zu, lehnte sich in die Kissen zurück und blickte ihn aus beschatteten Augen an. »Du hast nichts davon gesagt, wie es war. Waren es nicht die Nachrichten, die du mir überbringen wolltest? Sind sie nicht wichtig?«
    »Sie fielen wie Gras unter unseren Hufen. Morgen werden wir die Stadt nehmen, Yilan Baba; wir werden sie dir schenken.«
    Er grinste schwach und wurde wieder ernst, sog den angenehmen Rauch ein. »Tapferer Freund. Rom und Karthago, Theben und Ur... – wie viele, und wie viele noch...?«
    Shimshek schüttelte verwirrt den Kopf.
»Oh, mein junger Freund«, seufzte Yilan. »Ich bin müde. Ich bin diesmal müde, und es spielt keine Rolle. Ich habe alles Nötige getan; ich weiß das. Das ist der Grund, warum ich hier sitze und rauche. Von Yilan ist nichts mehr geblieben, nur von dir und von Gunesh. Bei dir habe ich etwas Hoffnung, wenn du schnell bist.«
    »Ich werde den Stamm aufrütteln. Ich werde Bogas Haufen aus deiner Nähe treiben...«
    »Nein. Du wirst die Stämme nehmen, die dir folgen wollen, und dann wegreiten, du und Gunesh. Verschwinde von hier!«
    »Die Horden jetzt auseinanderzureißen...«
»Es spielt keine Rolle, verstehst du? Nein, natürlich verstehst du nicht.« Er sog an der Pfeife und reichte sie an Shimshek weiter, ließ sich von dem beruhigenden Rauch einhüllen. »Tu, was ich dir sage! Mehr will ich nicht.«
    »Ich werde Bogas Kopf auf einen Pfosten stecken.«
    »Nein. Auch das wirst du nicht tun.«
»Dann sag mir, was ich zu tun habe.«
»Gehorche mir einfach. Geh! Die Stadt bedeutet nichts.«
    »So viele Jahre hast du gekämpft...«
»Ich bin hier. Ich bin hier, das ist alles.« Er nahm die Pfeife wieder entgegen und inhalierte. Der Rauch kräuselte sich nach oben und umhüllte sie im düsteren Licht der tiefhängenden Lampen, und der Rauch ballte sich zu Formen zusammen: Stadtmauern, seltsame Türme und ferne Länder, öde Wüsten, hohe Berge, saftige Hügel und befahrene Straßen, Tiere und phantastische Maschinen, Menschen in vielen Schattierungen
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