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Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert

Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert

Titel: Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
Autoren: Maggie Furey
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1
Das Wunder des Frühlings
     
     
    Niemals würde Parric diesen Sonnenaufgang vergessen – diese spektakuläre Dämmerung, mit der sich der grausame Zugriff des Winters endlich lockerte und ein wunderbarer Frühling seine sanften Flügel über die Welt breitete. Der Kavalleriehauptmann hatte während der langen Stunden der Dunkelheit auf der hohen Brüstung von Incondors Turm gestanden, durchgefroren bis auf die Knochen trotz seines Umhangs und einer zusätzlichen Decke, die er sich über die Schultern geworfen hatte. Die ungewohnte Last der Verantwortung für ein ganzes Volk hatte alle Hoffnung auf Schlaf zunichte gemacht, so daß er sich freiwillig erboten hatte, Wache zu stehen, während die anderen sich ausruhten; und nun war er hier hinaufgeklettert, um mit seinen Gedanken allein zu sein.
    Parric hatte vieles zu bedenken, was seine Rückreise in das Land der Xandim betraf, und der Kavalleriehauptmann aus Nexis, der in den Rang des Rudelfürsten der Xandim aufgestiegen war, mußte nun noch eine zusätzliche Verantwortung tragen: die Sorge um Aurians seltsame neue Freunde aus dem Süden. Aber Parric fiel es an diesem Morgen ungeheuer schwer, sich auf banalere Dinge zu konzentrieren. Statt dessen ertappte er sich dabei, wie sein Blick immer wieder nach Nordwesten wanderte, zu den hohen Berggipfeln, hinter denen das prachtvolle Aerillia lag, die Zitadelle des Himmelsvolkes. Aurian, die halsstarrige junge Magusch, der der Kavalleriehauptmann durch die halbe Welt gefolgt war, hatte sich am vergangenen Tag in aller Eile dorthin auf den Weg gemacht, durch die Luft getragen von geflügelten Kriegern. Wieder einmal hatte sie Parric zurückgelassen, und das nahezu ohne jede Erklärung und obwohl er auf der Suche nach ihr so viele Gefahren bestanden und die junge Frau gerade erst wiedergefunden hatte.
    Mit düsteren Gedanken stand er da und blickte über die trostlose Fläche der Schneefelder, die langsam unter einem bleichen Himmel sichtbar wurde, während das fahle Licht eines neuen wolkenreichen Sonnenaufgangs widerwillig über das triste, nackte Land kroch. Was, zum Kuckuck, führte Aurian jetzt wieder im Schilde? Was war so wichtig, daß sie ihren neugeborenen Sohn in Incondors Turm zurückließ? Parric wußte nur, daß sie sich auf die Suche nach dem Diener Anvar gemacht hatte, der in der Nacht von Forrals Tod mit ihr aus Nexis geflohen war. Parric runzelte die Stirn. Was bedeutete Anvar ihr, daß sie in so verzweifelter Hast davongestürzt war? Nun gut, sie hatte den Jungen immer gern gehabt, aber … »Ach, sei doch nicht so ein Idiot, Parric«, beschimpfte er sich. Es war reine Zeitverschwendung, sich um Aurian zu sorgen. Sie hatte ein wenig Zeit gefunden, um ihm von ihren Abenteuern zu erzählen, aber aus den Bruchstücken, die zusammenzusetzen ihm gelungen war, ging deutlich hervor, daß die Magusch mit weit mehr fertig werden konnte als mit einer Horde fliegender Monster, wie es das Himmelsvolk von Aerillia war.
    Parric, dessen Laune sich ein wenig gebessert hatte, beschloß, sich etwas zu trinken zu besorgen, um die Kälte aus seinen Knochen zu vertreiben. Als er jedoch von der Brüstung zurücktrat, erschreckte ihn eine Bewegung über seinem Kopf, eine Bewegung, die er kaum wahrzunehmen vermochte. Seine kampferprobten Reflexe ließen ihn mit gezücktem Schwert in einer geschützten Ecke der Brüstung in die Hocke gehen, noch bevor er überhaupt begriffen hatte, was vor sich ging. Als sein Verstand Zeit gefunden hatte, seinen Instinkt einzuholen, trat der Kavalleriehauptmann mit ein wenig törichter Miene aus seiner Zuflucht heraus und schob sein Schwert mit einem kläglichen Fluch zurück in die Scheide. Nur gut, daß niemand dagewesen war, der ihn hätte sehen können, dachte er. Wie ein Idiot hatte er sich benommen!
    Parric blickte finster hinauf zu dem sich ständig ändernden Himmel. Wolken. Nichts als verfluchte Wolken, das war’s, was ihn erschreckt hatte. »Ich muß wohl langsam alt werden«, murmelte er vor sich hin – bis er jäh stehenblieb und noch einmal hinsah; seine Augen wurden schmal, und er blinzelte in das heller werdende Licht. Irgend etwas Unnatürliches ging da vor. Die Wolken bewegten sich schneller und schneller, schossen dahin, jagten über den Himmel nach Norden. Turmhohe Bänke grauen Dunstes schoben sich über den Horizont, lösten sich vor Parrics ehrfurchtsstarren Augen auf, wurden zu rauchenden, jämmerlichen Fetzen, als würden sie von den Kiefern eines mächtigen Windes
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