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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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euch jetzt nicht mehr.«
    »Nicht?« fragte Shimshek.
»Nicht in dieser Weise«, gestand er. Er konnte es keinesfalls ertragen, sie zu verletzen. Und langsam nahm die Sache den Geschmack von etwas an, das sie schon oft getan hatten, eine Bewegung wie ein Ritual, zu dem sie die Worte kannten, schon seit dem ganzen Lebensalter der Erde. »Haltet mich fest!« sagte Yilan und breitete die Arme aus. Es war das einzig Wirkliche, was ihnen geblieben war, das, was sie alle am meisten wollten. Sie umarmten sich, er und sie und er, und es war ein Lohn für all den Schmerz, der mehr bedeutete als Städte, mehr als Weltreiche... – eine sehr seltene Gelegenheit, daß sie einander so gut verstanden; Montmorency und Dunstan und Kuwei; Arslan und Kemal; so viele Gestalten. Nichts war ihnen gegeben, das sie mitnehmen konnten, außer der Erinnerung, der Liebe und dem Wissen – daß das Muster sich fortsetzte.
    »Ich liebe euch«, sagte er ihnen. »Die Nacht ist zur Hälfte vorüber, und es gibt nichts mehr, was ihr noch tun könntet. Ich sehe euch wieder. Könnt ihr denn daran zweifeln?«
    Der Rauch der Scheiterhaufen war zu einer stetig aufsteigenden Wolke abgeflaut, die vom Wind weggerissen wurde. Viele Menschen aus der Stadt des Himmels versammelten sich auf dem dunkel gewordenen Platz, um zu trauern; weiße Knochen waren in diesem mitleiderregenden Gewirr zu sehen, in der Glut dieses Feuers, in das viel vom Reichtum dieser Stadt geworfen worden war, damit es Barbarenhände nicht mehr berühren konnten.
    Ein großer Teil der Vergangenheit starb hier, ein bittererer Verlust noch als die Menschenleben. Es war die Schönheit der Stadt, die gestorben war.
    Und manche beteten, und andere waren betrunken, erwarteten den Tod.
    Und manche suchten sich ihre eigenen Plätze und ihre vertrauten Heime.
    Und Liebende berührten einander stumm. Niemand konnte Worte finden für das, was geschah, obwohl es schon immer geschehen war, seit die erste Armee das erste Dorf aus Stroh geplündert hatte. Sie fanden keine Worte, weil es ihnen selbst geschah und weil es Morgen war, und sie waren betäubt in dem Bereich ihres Geistes, der die Situation eigentlich hätte verstehen sollen; und allzu schnell auch in dem Bereich ihrer Herzen, der sie fühlte.
    Sie faßten einander an, Kan Te und Tao Hua, und aus Berührungen wurden Liebkosungen; dann wurden die Liebkosungen grenzenlos angenehm, ein Mittel, um die Existenz des Todes zu leugnen. Sie waren nicht verheiratet – und so war es nicht rechtmäßig –, aber es blieb keine Zeit mehr für Hochzeiten. Die Asche der Toten senkte sich auf ihr Dach und trieb durch das offene Fenster herein, legte sich auf ihr Bett.
    Sie liebten sich; und sie verbrauchten sich, schliefen mit Tränen auf den Wimpern den Erschöpfungsschlaf von Liebenden, die keine Zukunft hatten.
    »Nein«, sagte Gunesh und berührte Yilans Gesicht mit jener geheimen, liebenden Geste. Sie hatten eine zu lange Zukunft. »Diesmal... bleiben wir. Diesmal – nach all den Zeitaltern der Welt – könnten wir den Unterschied herbeiführen. Wir könnten es... nicht wahr? Wenn wir schon vorher in die Falle gegangen sind, können wir dann diesmal nicht kämpfen?«
    Eine seltsame Wärme berührte Yilans kaltes Herz. Er drehte sich um, so schmerzhaft es war, und umfaßte Guneshs schönes Gesicht mit den zernarbten Händen. »Ich habe mir gedacht... daß du vielleicht... eines Tages eine Rolle zu spielen haben könntest.«
    »Dann gewähre es uns doch!« rief Lancelot/Shimshek/Antonius. »O Yilan, laß uns!«
    Er überlegte. »Wir kommen nur langsam voran, meine Freunde. Oh, so langsam; vielleicht wartet das alte Muster auf eine Veränderung. Vielleicht löst es sich selbst im Verlauf der langen Zeitalter. Ich werde weiser; und Boga – möglicherweise auch! Vielleicht könnt ihr eines Tages das verändern, was ist. Vielleicht haben wir durch diese Erkenntnis mehr als ein Weltreich gewonnen, meine Freunde; und vielleicht
seid
ihr diejenigen... eines Tages. Aber diesmal nicht. Diesmal nicht, denke ich. Es ist zu spät. Wir haben zuviel verloren.«
    »
Wissen
wir das denn?«
    Er betrachtete Shimshek, lächelte und verlor dabei plötzlich die Ängste, die ihn alt gemacht hatten. Lachte, wie er in seiner Jugend gelacht hatte und in der Jugend der Welt, als sie noch nichts von dem gewußt hatten, was kommen würde. »Nein. Nein. Hai, meine Freunde, meine lieben Freunde, es
ist
etwas geblieben, was wir nicht kennen.«
    »Sag mir, was wir machen sollen«,
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