Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe
Autoren: Lucy Clarke
Vom Netzwerk:
gebucht.«
    Â»Was?«
    Â»Wir fliegen von San Francisco aus nach Maui.«
    Â»Maui?« Er sah sie mit verständnislosem Blick an. »Wieso?«
    Â»Weil Mick da lebt.«
    Sie wartete kurz, damit er den Namen einsortieren konnte. Finn hatte ihn lange nicht aus ihrem Mund gehört.
    Â»Dein Vater?«
    Sie nickte.
    Das quengelnde Kind wusste seine Stimme und die Aufmerksamkeit seiner Eltern zu nutzen; das Weinen wurde immer lauter, dann flog ein Stofftier in den Gang.
    Finn sah Mia an. »Du hast seit Jahren nicht von ihm gesprochen. Und nun willst du ihn sehen?«
    Â»Ich glaub schon. Ja.«
    Â»Hat er … Hast du von ihm gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir beide nicht.« Sie waren noch Kinder gewesen, als Mick sie verlassen hatte, und ihre Mutter hatte die beiden Töchter allein großziehen müssen.
    Â»Das versteh ich nicht. Wieso jetzt?«
    Das war eine berechtigte Frage, aber eine, auf die sie selbst noch keine Antwort wusste. Sie zuckte mit den Schultern. Vor ihr erklang das gereizte Flüstern der Mutter des Kleinkinds: »Jetzt. Ist. Es. Gut.«
    Finn fuhr sich nervös mit dem Daumen unter dem Kinn entlang. »Und was sagt Katie dazu?«
    Â»Ich hab’s ihr nicht erzählt.«
    Finns Verblüffung war nicht zu übersehen, und er hatte offenbar noch mehr zu sagen, doch Mia wandte sich dem Fenster zu und beendete das Gespräch.
    Sie blickte wieder in die Wolken. Könnten sie doch das mit sich nehmen, was sie vor ihrer Schwester verbarg.

Kapitel 3
Katie
Cornwall/London, März
    Katie saß kerzengerade in der Kirchenbank, die Füße eng nebeneinandergestellt. Bittere Meerluft kroch durch die Ritzen in den Fenstern und zog unter der schweren Eichentür hindurch. Katies Finger klammerten sich um ein feuchtes Taschentuch, Eds Hand lag obenauf. Anderthalb Jahre zuvor hatte sie in der gleichen Bank gesessen, bei der Beerdigung ihrer Mutter, nur damals hatten sich Mias Finger mit ihren verschränkt.
    Ihr Blick war auf den Sarg fixiert. Plötzlich kam ihr alles falsch vor – das schimmernde Ulmenholz, die Messingschlösser, der weiße Lilienschmuck. Wieso ließ sie Mia neben ihrer Mutter beisetzen, neben einem Grab, das Mia nicht ein einziges Mal besucht hatte? Wäre eine Feuerbestattung nicht eher angebracht gewesen, die Asche vertrauensvoll in die Brise gestreut, über die wilde See? Warum weiß ich nicht, was du dir gewünscht hättest?
    Sie hätte sich ohnehin nicht vorstellen können, dass Mia in diesem Sarg lag, hätte sie nicht vor zwei Tagen den Entschluss gefasst, dass sie den Leichnam sehen musste. Ed hatte stille Zurückhaltung angemahnt. »Bist du sicher? Wir wissen doch gar nicht, wie sie nach dem Sturz aussieht.« Das war die allgemeine Sprachregelung: der Sturz , als ob Mia in der Dusche ausgerutscht wäre.
    Sie hatte es sich nicht ausreden lassen. Mia so zu sehen, wäre eine Qual, aber wenn sie das nicht tat, würde der Hauch eines Zweifels bleiben – und wenn sie erst einmal zuließ, dass sich der Zweifel im Laufe der Zeit zu einer Hoffnung auswuchs, war die Gefahr, mit einer Illusion zu leben, groß.
    Als Katie in das Beerdigungsinstitut und hinter den schweren violetten Vorhang getreten war, hätte sie sich noch einreden können, dass Mia schlief. Ihre schlanke Figur, das dunkle Haar, der Schwung ihrer Lippen, alles wirkte wie immer. Der Tod hatte sich auf ihrer Haut gezeigt. Nach der langen Reise hätte Mia gebräunt sein müssen, und doch hatte eine gespenstische Leichenblässe auf ihrer Haut gelegen, eine Farbe wie Milch, die sich über einen dunklen Boden ergossen hatte.
    Der Chef des Beerdigungsinstituts hatte Katie gefragt, ob sie Mia in einem besonderen Kleid begraben wolle, aber sie hatte Nein gesagt. Es war ihr anmaßend erschienen, da sich Mia nicht für Mode interessiert hatte. Sie hatte sich in Kleidungsstücke nur dann verliebt, wenn sie eine Geschichte zu erzählen wussten; ein lockeres Etuikleid in einem tiefen Blau hatte Mia an das Meer erinnert, und wenn sie ein Paar Secondhand-Schuhe getragen hatte, hatte sie sich immer gefragt, über welche Straßen diese Schuhe schon gegangen waren.
    In der Nacht ihres Todes hatte sie blaugrüne Shorts angehabt. Man hatte ihr die Shorts über die Taille hochgezogen, sie saßen nicht auf der Hüfte, so wie Mia sie getragen hätte. Die Füße waren nackt, ein silberner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher