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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe
Autoren: Lucy Clarke
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sagte die Polizistin. »An der Südspitze von Bali.«
    Bali. Bali lag nicht auf Mias Route. Das war ein Irrtum! Am liebsten hätte sie laut gelacht, die Erleichterung hemmungslos aus sich herausgelassen. »Mia ist nicht auf Bali. Sie ist in Australien!«
    Die Polizisten tauschten einen vielsagenden Blick. Die Beamtin trat einen Schritt vor. Sie hatte blassblaue Augen, benutzte aber keine Wimperntusche. »Ich fürchte, der Ausweis Ihrer Schwester ist vor vier Wochen auf Bali abgestempelt worden.« Ihre Stimme war sanft, und doch lag darin eine Gewissheit, die Katie frösteln ließ. »Miss Greene, wollen Sie sich nicht lieber setzen?«
    Mia war nicht tot. Sie war vierundzwanzig Jahre alt. Ihre kleine Schwester. Alles verschwamm. In der Wohnung unter ihr summte der Wasserkasten. Irgendwo lief ein Fernseher. Draußen sang – sang!  – ein nächtlicher Heimkehrer.
    Â»Was ist mit Finn?«, fragte sie plötzlich.
    Â»Finn?«
    Â»Finn Tyler. Sie waren gemeinsam auf Reisen.«
    Die Polizistin schlug ihr Notizbuch auf und blätterte eine Weile darin herum. Sie schüttelte den Kopf. »Zu ihm liegen mir aktuell keine Informationen vor. Aber die balinesische Polizei hat sich bestimmt bei ihm gemeldet.«
    Â»Ich versteh das alles nicht«, flüsterte Katie. »Können Sie … Ich … Ich muss alles wissen. Sagen Sie mir, was passiert ist.«
    Die Beamtin berichtete ihr genau, wo und wann man Mia gefunden hatte, dass die Sanitäter sehr schnell vor Ort gewesen seien, Mia aber bereits kurz nach ihrem Eintreffen für tot erklärt hätten. Mias Leiche sei momentan in der Gerichtsmedizin des Sanglah-Krankenhauses in Denpasar. Selbstverständlich werde es weitere Untersuchungen geben, die balinesische Polizei sei jedoch sicher, dass es sich um einen tragischen Unfall handelte.
    Währenddessen saß Katie vollkommen reglos da.
    Â»Möchten Sie, dass wir jemanden für Sie benachrichtigen?«
    Ihre Mutter. Einen Moment lang erlaubte sich Katie die tröst­liche Vorstellung, in ihren Armen zu liegen und den weichen Cashmerepullover an ihrer Wange zu spüren. »Nein«, sagte sie schließlich. »Ich wäre jetzt gern allein. Bitte.«
    Â»Selbstverständlich. Morgen wird sich ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes mit dem letzten Stand aus Bali bei Ihnen melden. Ich selbst würde Sie auch gern noch einmal aufsuchen. Ich bin mit Ihrem Fall betraut worden und für Sie da, falls Sie weitere Fragen haben.« Sie zog eine Visitenkarte aus der Tasche und legte sie neben das Telefon. Dann bekundeten beide Polizisten Katie ihr Beileid und verabschiedeten sich.
    Als die Tür ins Schloss fiel, gaben Katies Beine nach. Sie sank auf den kalten Boden. Sie weinte nicht. Sie schlang die Arme um die Knie, damit sie nicht so furchtbar zitterte. Was hatte Mia auf Bali gemacht? Katie wusste nichts über die Region. Vor Jahren hatte es dort vor einem Nachtclub einen Bombenanschlag gegeben, aber sonst? Offenbar gab es auf Bali Klippen, aber die Einzigen, die Katie vor sich sah, waren die grasbewachsenen Klippen von Cornwall, an denen Mia als Kind herumgehüpft war, während ihr dunkles Haar hinter ihr her wehte.
    Sie versuchte, sich auszumalen, wie Mia gestürzt war. Hatte sie auf einem Vorsprung gestanden, der auf einmal nachgegeben hatte? Hatte eine plötzliche Windböe sie erfasst? Hatte sie am Rand der Klippe gesessen und war von irgendetwas abgelenkt worden? Es schien so absurd, so fahrlässig, von einer Klippe zu stürzen. Die Informationen, die sie hatte, waren zu spärlich, sie ließen sich nicht zu etwas Sinnvollem ordnen. Aber sie sollte jetzt wohl jemanden anrufen. Ed. Sie sollte mit Ed sprechen.
    Beim dritten Versuch wählte sie die richtige Nummer. Sie hörte das Rascheln einer Bettdecke, ein gemurmeltes »Hallo?«, dann lauschte er ihr schweigend. Als er wieder sprach, mit tonloser Stimme, sagte er bloß: »Ich bin schon unterwegs.«
    Die Fahrt von seinem Apartment in Fulham zu ihr nach Putney hatte wohl nicht länger als zehn Minuten gedauert, aber später, im Rückblick, konnte sie sich an nichts erinnern. Sie hockte immer noch im Korridor, am ganzen Körper Gänsehaut, als es klingelte. Katie stand taumelnd auf. Die Rillen zwischen den Dielen zeichneten sich hinten auf ihren Oberschenkeln ab. Katie ließ Ed herein.
    Im Treppenhaus hörte man Getrampel, Ed nahm zwei
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