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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe
Autoren: Lucy Clarke
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für ein Telefonat?«
    Â»Ja, bestens.« In ihrer Kehle kratzte die trockene, dumpfe Heizungswärme.
    Â»Das Britische Konsulat auf Bali hat sich bei uns gemeldet. Es gibt weitere Neuigkeiten bezüglich des Todes Ihrer Schwester.«
    Sie schloss die Augen. »Ich höre.«
    Â»In derartigen Fällen wird im Rahmen einer Autopsie oft auch eine toxikologische Untersuchung verlangt. Mir liegt der Bericht nun vor, und darüber wollte ich mit Ihnen sprechen.«
    Â»Verstehe.«
    Â»Mia hat demnach zum Zeitpunkt ihres Todes unter Alkohol­einfluss gestanden. Ihr Blutwert hat 1,3 Promille betragen, was ihre Reflexe und ihr Reaktionsvermögen beeinträchtigt haben dürfte.« Er machte eine Pause. »Und da wäre noch etwas.«
    Katie ging zur Tür und klammerte sich an den Rahmen, damit sie nicht fortgerissen wurde.
    Â»Es gibt zwei Zeugen, die behaupten, Mia am Abend ihres Todes gesehen zu haben. Die balinesische Polizei hat sie natürlich befragt.« Er zögerte, und Katie spürte, dass er mit etwas rang. »Sie haben ausgesagt, dass Mia gesprungen sei.«
    Der Boden schien zu schwanken, Katie drehte sich der Magen um. Sie krümmte sich. Schritte kamen durchs Wohnzimmer, dann spürte sie Eds Hand auf ihrem Rücken. Katie schob sie weg und richtete sich wieder auf. »Sie meinen, sie …« Ihre Stimme überschlug sich beinah. »Sie meinen, es war Selbstmord?«
    Â»Ich fürchte, aufgrund der Zeugenaussagen und des Autopsieberichts gilt Selbstmord nun als die offizielle Todesursache.«
    Sie griff sich mit der Hand an die Stirn.
    Â»Ich kann verstehen, dass das sehr schwer –«
    Â»Wer sind die Zeugen?«
    Â»Ich habe Kopien von ihren Aussagen.« Ein Stuhl knarrte. Katie sah im Geiste, wie sich Mr Spire über einen Schreibtisch beugte. »Ja, hier. Bei den Zeugen handelt es sich um ein Paar in den Flitterwochen, beide dreißig. In ihrer Aussage heißt es, sie hätten kurz vor Mitternacht am unteren Klippenweg in Umanuk einen Spaziergang gemacht, bis zum Aussichtspunkt. Eine junge Frau, auf die Mias Beschreibung zutrifft, sei an ihnen vorbeigerannt und habe dabei ausgesprochen verstört gewirkt. Die Zeugin will Mia gefragt haben, ob sie Hilfe benötige, aber sie habe Nein gesagt. Mia sei dann auf dem Weg zur Spitze, der wohl schon seit Jahren nicht mehr genutzt wird, verschwunden. Als die Zeugen etwa fünf oder acht Minuten später nach oben schauten, soll Mia sehr nahe am Klippenrand gestanden haben. Im Bericht heißt es dann weiter, die Zeugen hätten geglaubt, Mia sei in Gefahr, doch ehe sie in irgendeiner Form reagieren konnten, sei sie schon gesprungen.«
    Â»Mein Gott.« Katie zitterte am ganzen Leib.
    Mr Spire wartete eine Weile, bevor er fortfuhr: »Aus dem Bericht des Pathologen geht hervor, dass Mia, den erlittenen Verletzungen nach zu schließen, wohl kopfüber von der Klippe gestürzt ist, was sich mit den Zeugenaussagen deckt.« Er ließ sich noch über einige weitere Details aus, doch Katie hörte ihm schon nicht mehr zu. In Gedanken war sie bereits auf der Klippe.
    Er irrt sich, Mia, oder? Du bist nicht gesprungen, das glaub ich nicht. Was ich zu dir gesagt hab – o Gott, bitte, mach, dass nicht das …
    Â»Katie«, sagte Mr Spire in ihre Gedanken hinein. »Die Vorkehrungen sind nun so weit gediehen, dass Mia am kommenden Mittwoch nach Großbritannien überführt werden kann.« Er fragte, für welches Beerdigungsinstitut sie sich entschieden habe, dann war der Anruf zu Ende.
    Katie spürte einen stechenden Schmerz hinter den Augen und drückte mit Daumen und Zeigefinger auf den bogenförmigen Knochen unter den Brauen. In der Wohnung unter ihr weinte das Baby.
    Ed drehte sie vorsichtig zu sich, damit sie ihn ansah.
    Â»Es war kein Selbstmord«, sagte sie mit kläglicher, gepresster Stimme.
    Er legte ihr die Hände auf die Schultern. »Du wirst auch damit fertig, Katie.«
    Aber was wusste er schon? Sie hatte ihm doch nichts von dem entsetzlichen Streit mit Mia erzählt. Sie hatte ihm doch nichts von den hässlichen, schändlichen Worten gesagt, die aus ihrem Mund gekommen waren. Er wusste nichts von der Wut und den Wunden, die seit Monaten schwelten. Sie hatte Ed nichts von alledem erzählt, weil die Menschen, die nur an der Oberfläche ihrer Beziehung mit Mia trieben, besser gar nicht wussten, welche dunklen und mächtigen
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