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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel
Autoren: Patrick Dunne
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erblickte er entsetzt den Körper einer jungen Frau, die nackt auf dem Altartuch lag. Ihre Haut war wie Kerzenwachs, ihre Hände waren über den Brüsten gefaltet, die Augen geschlossen, und das schwarze Haar breitete sich wie ein Fächer über das weiße Leinen aus.
    Lavelle befühlte ihre Stirn und erhielt bestätigt, was er bereits vermutet hatte… kalt wie der Marmor, auf dem sie lag. Aber da war noch etwas… es ragte aus ihrer Wange… eine Art Schmucknadel… oder ein Spieß. Gleichzeitig nahm er einen heftigen Geruch wahr, keinen Fäulnisgeruch, sondern noch süßer… sinnlich, dekadent. Überwältigt von einer Ahnung des Bösen, kniete Pfarrer Lavelle nieder und betete.

2
    A uf der gegenüberliegenden Straßenseite war ein Irish Pub. Die Frau, die im strömenden Regen auf das Umschalten der Ampel wartete, hätte normalerweise über diese Ironie gelächelt, aber sie musste den Mund fest geschlossen halten, um den Speichel zurückzuhalten, den ihre Drüsen unablässig produzierten. Die Übelkeit gewann langsam die Oberhand.
    Walk. Weiß war die Farbe des Exils, dachte sie verbittert.
    Auf dem Weg über die Straße blieb sie alle paar Schritte stehen und kämpfte gegen den Brechreiz an. Die regennassen Fahrzeugschlangen im abendlichen Berufsverkehr reflektierten einen Wirrwarr aus Neonlichtern von Läden und Reklameschildern. Die Frau blickte starr geradeaus, bis sie den Eingang zur Kneipe erreicht hatte, und trat mit ruckartigen Bewegungen ein. Im Fernseher hinter der Theke lief die Aufzeichnung einer Partie Gaelic Football, die bei strahlendem Sonnenschein gespielt worden war. Eine Hand voll Männer schauten zu, und auch der Barkeeper hatte den Kopf zum Gerät gewandt, sodass er die Frau nicht bemerkte, die die Kapuze ihres Parkas zurückschlug und wie ein Roboter auf die Toilette zusteuerte.
    Dort angekommen, schlug sie die Tür einer Kabine hinter sich zu und schloss ab. Sie beugte sich über die Schüssel, stemmte die Hände gegen die Rückwand und ergab sich ihrer Übelkeit. Die erste Konvulsion riss ihr den Kopf zurück, und sie spuckte das saure Erbrochene auf den Boden. Sie trat einen Schritt nach hinten und kauerte sich über die Toilette, die Hände auf die Knie gestützt, das Gesicht fast in der Schüssel. Ein zweiter Krampf förderte so gut wie nichts herauf, aber sie würgte immer weiter. Der Brechanfall ließ ihr die Augen aus den Höhlen treten. Nach einem neuerlichen Würgen spürte sie schließlich etwas in der Kehle. Sie steckte zwei Finger tief in den Rachen und fing an zu ziehen. Zwischen ihren tropfenden Fingern tauchte etwas auf, das wie ein Stück Zellophan aussah.
    Sie zerrte weiter daran, bis ein in Abschnitte unterteilter Plastikstreifen wie ein riesiger Bandwurm aus ihrem Mund zu gleiten begann. Jeder Abschnitt wies eine leichte Wölbung auf. Sie würgte noch einmal und spie den zusammengerollten Rest des Plastikwurms in die Schüssel. Der Brechreiz ließ nach, und sie holte mehrmals tief Luft. Ihre Kehle war wund.
    Sie riss Papier aus dem Spender und schob sich Streifen in Mund und Nase. Dann schnäuzte sie sich mit einem frischen Papier. Sie stand auf, ihre Augen brannten. Sie tupfte sie mit dem Klopapier ab und sah auf die Uhr. Fast fünfzehn Stunden. Sie wurde immer besser. Sie sollte Meldung machen. Aber sie wartete lieber, bis sie draußen auf der Straße war.
    Sie verließ die Kabine und trat vor das Waschbecken, wo sie einen rosa Seifenklecks in ihre Handfläche drückte und sich die Hände wusch. Dann spritzte sie sich Wasser ins Gesicht und blickte in den Spiegel.
    Ihr aschfahles Gesicht wirkte winzig, wie es aus der großen Parkahaube ragte. Die Augen lagen tief über hervorstehenden Backenknochen. Die pergamentdünne Haut der Augenhöhlen sah blutunterlaufen aus und ließ die Augen größer wirken, als sie waren. Sie betrachtete sich aus der Nähe und zwickte sich in die Wangen. Ein zartes, blasses Rosa erschien auf beiden Seiten des Gesichts. Sie runzelte missbilligend die Stirn. Aber wenigstens dämpfte dieses neue Training ihren Appetit.
    Sie ging zurück in die Kabine und spülte. Das Wasser stieg bis zum Rand der Schüssel und lief unter dem Plastikknäuel im Ausfluss langsam wieder ab, ohne es wegzusaugen. Sie beschloss, es dort zu lassen. Ein Kurier, würde man denken, hinter dem jemand hergewesen war. Der in Panik geriet. Sich auf dem Klo des Zeugs entledigte. Man würde die Polizei holen. Aber sie würden keine Drogen finden.

3
    S arah Glennon wurde seit zwei
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