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Cyclop

Cyclop

Titel: Cyclop
Autoren: Clive Cussler
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PROLOG
    19. März 1918
in der Karibik
    Die
Cyclop
hatte nur noch weniger als eine Stunde bis zu ihrem Ende. In achtundvierzig Minuten würde sie zum Massengrab für ihre dreihundertneun Passagiere und Besatzungsmitglieder werden – eine Tragödie, auf die keine düsteren Vorzeichen hinwiesen.
    Fast schien es, als wollten eine glatte See und ein sternenklarer Himmel das Schiff verspotten.
    Selbst die Möwen in seinem Kielwasser segelten mit gleichgültiger Ahnungslosigkeit im Wind, die scharfen Instinkte von dem milden Wetter der letzten Tage eingeschläfert.
    Aus dem Südosten wehte eine sanfte Brise, die kaum die amerikanische Flagge blähte.
    Morgens um drei Uhr dreißig befanden sich die meisten der Passagiere und wachfreien Besatzungsmitglieder schlafend in ihren Kabinen. Einige wenige, die bei der drückenden Hitze des Passatwinds keinen Schlaf fanden, standen auf dem Oberdeck an der Reling und beobachteten, wie sich der Schiffsbug immer wieder über die flach rollenden Wogen hob.
    Im Ruderhaus der
Cyclop
starrte Leutnant John Church in Gedanken versunken durch eines der großen runden Bullaugen. Er hatte bis vier Uhr morgens Wache, und er konnte nichts tun, um die Müdigkeit zu bekämpfen. Zwar bemerkte er eine zunehmende Höhe der Wogen, aber solange sie in so großen Abständen aufeinander folgten und ihre Kraft sich so sanft entfaltete, sah er keinen Grund, die Fahrt des Schiffes zu drosseln.
    Trotz der günstigen Strömung quälte sich das schwer beladene Frachtschiff mit kaum neun Knoten voran. Die Maschinen bedurften dringend einer Wartung, und zur Zeit arbeitete sogar nur noch die Backbordschraube. Nach dem Auslaufen aus Rio de Janeiro hatte ein Maschinenschaden die zweite Schraube lahmgelegt. Der Chefingenieur konnte nichts anderes melden, als daß man mit einer Reparatur bis Baltimore warten müßte.
    Leutnant Church hatte sich auf See zum Offizier hochgedient. Er war ein hagerer, vor der Zeit ergrauter Mann kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag. Viermal war er schon rund um die Welt gefahren, hatte Dienst auf vielen verschiedenen Schiffen versehen. Aber die
Cyclop
hielt er für das merkwürdigste Schiff, das ihm während seiner zwölf Jahre bei der Navy begegnet war. Es war seine erste Reise auf diesem acht Jahre alten Frachter, und diese Reise schien von den eigenartigsten Zwischenfällen begleitet.
    Seit sie den Heimathafen verlassen hatten, war der Besatzung wenig Erfreuliches widerfahren.
    Ein Mann war über Bord gegangen und von der Schiffsschraube zerhackt worden. Danach kam es zu einer Kollision mit dem Kreuzer
Raleigh,
bei dem beide Schiffe leicht beschädigt wurden. Im Kielraum führten sie fünf Gefangene mit. Einer von ihnen war für den brutalen Mord an einem Schiffskameraden verurteilt worden und befand sich auf dem Weg in das Marinegefängnis von Portsmouth, New Hampshire. Vor der Hafeneinfahrt von Rio war das Schiff fast auf ein Riff gelaufen, und als der wachhabende Offizier den Kapitän beschuldigte, das Schiff durch eine Kursänderung gefährdet zu haben, war er unter Arrest gestellt und in sein Quartier geschickt worden. Eine unzufriedene Mannschaft, eine beschädigte Steuerbordmaschine und ein Kapitän, der sich in den Schlaf zu trinken pflegte, machten die Fahrt nicht angenehmer. Als Church sich die unglücklichen Vorfälle der letzten Wochen ins Gedächtnis rief, schien es ihm, als deute alles auf eine drohende Katastrophe.
    Seine düsteren Gedanken wurden vom Laut schwerer Schritte hinter ihm unterbrochen. Er wandte sich um und nahm Haltung an, als der Kapitän das Ruderhaus betrat.
    Kapitän George Worley war ein Typ, der direkt aus Stevensons
Schatzinsel
entsprungen zu sein schien: Es fehlten nur die Augenklappe und das Holzbein; ein Bulle von einem Kerl, dessen Nacken fast nicht zu sehen war, denn unmittelbar über den breiten Schultern ragte der mächtige Schädel empor. Seine Hände waren die größten, die Church je gesehen hatte, riesig und dick wie der Band eines Lexikons. Worley war kein großer Freund der Uniformvorschriften, und so bestand seine Kleidung an Bord meistens aus Pantoffeln, einer Schirmmütze und einem Unterwäsche-Trikot. Church hatte den Kapitän niemals in Dienst-Uniform gesehen, außer wenn die
Cyclop
im Hafen lag und Worley dienstlich an Land zu tun hatte.
    Nach einem kaum zu vernehmenden Knurren als Begrüßung ging Worley zum Barometer und klopfte mit seinen dicken Knöcheln dagegen. Er studierte die Nadel und nickte.
    »Nicht schlecht«, meinte
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