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Wer bin ich ohne dich

Wer bin ich ohne dich

Titel: Wer bin ich ohne dich
Autoren: Ursula Nuber
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Vorwort
    Es ist eine traurige Tatsache: Frauen erkranken weltweit doppelt so häufig an Depression wie Männer. Seit Jahrzehnten hat sich an diesem Phänomen nichts verändert – die hohe Erkrankungsrate von Frauen scheint wie eingefroren. Das allein müsste schon Anlass zur Sorge geben. Doch das große Depressionsrisiko des weiblichen Geschlechts wird offensichtlich als unvermeidbarer Fakt hingenommen. So eindringlich Experten vor der weiteren Zunahme der Krankheit Depression warnen, so beiläufig wird meist das besondere Risiko der weiblichen Bevölkerung thematisiert.
    Grundsätzlich ist das Bedrohliche der Krankheit Depression längst erkannt: Die Forschungsbemühungen sind angesichts der stetig steigenden Diagnosen intensiv und die vorliegenden Erkenntnisse durchaus beeindruckend. Die Lebensbedingungen in der modernen, globalisierten Welt wurden als depressionsfördernd ausgemacht, die biochemischen Veränderungen im Gehirn von depressiv Erkrankten sind bekannt, und auch frühe traumatische Kindheitserfahrungen werden ausführlich als Auslöser der Depression diskutiert. Und natürlich liegen Antworten zur Frage vor, warum Frauen häufiger als Männer erkranken: Frauen reden bereitwilliger mit Ärzten über ihre emotionalen Probleme und werden deshalb häufiger als depressiv diagnostiziert. Frauen leiden in bestimmten Lebensphasen – in der Pubertät, nach der Geburt eines Kindes, in den Wechseljahren – unter | 7 | hormonellen Störungen, die sich auf ihre seelische Verfassung negativ auswirken. Frauen versuchen Probleme auf selbstschädigende Weise zu lösen. Zugespitzt könnte man aus den Veröffentlichungen schlussfolgern: Wenn Frauen depressiv werden, dann liegt das wahlweise an ihrer Biologie oder an ihren Persönlichkeitseigenschaften.
    Die erschöpfte Seele des Menschen ist von allen Seiten durchleuchtet. Doch alle bisherigen Erkenntnisse können nicht befriedigend erklären, warum das Depressionsrisiko für Frauen über viele Jahre hinweg konstant doppelt so hoch ist wie das der Männer. Das Verständnis für und das Wissen über die erschöpfte weibliche Seele sind bei vielen Experten, und daher auch bei den meisten Betroffenen, lückenhaft. Für die betroffenen Frauen hat das unter Umständen fatale Folgen: Sie geraten zu schnell in das »medizinische System«, ihre Symptome werden ausschließlich medikamentös behandelt, oder sie bekommen Behandlungen, die ihnen den Eindruck vermitteln, dass sie so, wie sie sind, nicht in Ordnung sind. Die Chance, dass sie die wirklichen Ursachen der Depression ausfindig machen, ist dann gering.
Burnout adelt, Depression stigmatisiert
    In jüngster Zeit ist die brisante Tatsache, dass mehr Frauen als Männer in ihrem Leben mindestens einmal eine depressive Episode erleben, noch mehr in den Hintergrund gerückt. Denn die Medien haben ein scheinbar spannenderes Thema entdeckt: Burnout. Längst ist es keine Schande mehr öffentlich zuzugeben, dass man – aus beruflichen Gründen – an die Grenzen seiner Kraft und Leistungsfähigkeit geraten ist. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren öffentlich zugegeben, ausgebrannt und mit ihren Nerven am Ende zu sein: Ralf Rangnick, Trainer | 8 | beim FC Schalke 04, stellte wegen seelischer und körperlicher Erschöpfung sein Amt zur Verfügung, die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Miriam Meckel begab sich ausgepowert in eine Klinik, und auch der Starkoch Tim Mälzer, der Skispringer Sven Hannawald, der Bestsellerautor Frank Schätzing, die Sängerin Mariah Carey, die Schauspielerin Renée Zellweger und viele andere bekannten sich dazu, an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit geraten zu sein. Allen Betroffenen sind zwei Dinge gemeinsam: Ihre Diagnose lautet »Burnout« – nicht »Depression«. Und sie alle waren, ehe sie ausgebrannt eine Pause einlegen mussten, äußerst erfolgreich und extrem leistungsstark.
    Durch die zahlreichen Medienveröffentlichungen bekam die Öffentlichkeit ein ganz bestimmtes Bild davon, was unter einem Burnoutsyndrom zu verstehen ist: Es ist die Krankheit der Manager, der Führungskräfte, der Leistungssportler, der Künstler. Kurz: Burnout ist die Krankheit der Leistungsträger. Wer ausgebrannt ist, muss vorher heftig gebrannt haben. Burnout, so meint der Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, ist eine Art »Verwundetenabzeichen«. Einfühlsam und voller Verständnis erklärte denn auch Hans-Dieter Hermann, der psychologische Betreuer der Fußballnationalmannschaft, den
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