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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle
Autoren: Brigitte Riebe
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drinnen. Und jetzt geh ihm Bescheid sagen.«
    »Lauf!«, sagte sie zu Toni, sobald die Wirtschafterin verschwunden war. »Du kennst dich hier ja aus.«
    Er rannte die Treppe hinauf. Die beiden Frauen hörten, wie eine Tür auf- und wieder zuging.
    Mit säuerlichem Ausdruck kehrte Apollonia Krieger zurück.
    »Nach oben«, sagte sie. »Zweite Türe rechts. Ihr findet den Weg bestimmt allein.«
    »Ist das neben dem Zimmer, in dem Toni wartet?«, flüsterte Ava.
    »Ich denke, ja«, antwortete Marie leise. »Jetzt können wir ohnehin nur noch beten.«
    Friedrich Förner erhob sich nicht hinter seinem Schreibtisch, als die Frauen das Zimmer betraten.
    »Was wollt ihr?« Seine Stimme klang herrisch. »Ihr stehlt nur meine Zeit.«
    »Wir sind hier, um Euch einen Handel anzubieten, Monsignore«, sagte Marie. »Das Leben meines Mannes Veit Sternen gegen Euren Ruf.«
    »Veit Sternen hat den Teufelspakt gestanden. Er wird brennen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    »Dann gelangt dieser Brief noch heute in die Hände des Fürstbischofs«, sagte Ava, die Gundels Schreiben bereits in der Hand hatte. »Ihr kennt ihn? Oder soll ich ihn Euch noch einmal vorlesen, damit Eure Erinnerung zurückkehrt?«
    »Ich hab sie Magdalena genannt, denn sie ist ein Kind der Sünde .« Ihre Stimme war frisch und klar. »Dein Blut fließt in ihren Adern, und sie trägt dein Mal … «
    »Schweig!«, donnerte Förner.
    »Ihr erinnert Euch also«, konstatierte Marie. »Das ist gut, denn es erspart uns Zeit. Das tote kleine Mädchen mit dem Mal war Euer Kind. Ihr seid Lenchens Vater.«
    Förner war aufgesprungen.
    »Unsinn! Das ist eine ungeheure Verleumdung! Das muss ich mir nicht länger anhören. Dafür gibt es nicht einen Beweis!«
    »Wir haben den Brief. Und einen glaubwürdigen Zeugen, der alles beschwören wird. Toni! Komm herüber zu uns.«
    Die Tür ging auf, und der Junge kam mit gesenktem Kopf herein.
    »Anton!«, rief Förner. »Du? Du lässt dich doch nicht von diesen Weibern missbrauchen!«
    Toni schluckte, dann sah er ihn an.
    »Ich hab dein Mal gesehen«, sagte er. »Das Mal an deinem Hals. Es ist das gleiche, das auch Lenchen hatte. Jetzt ist sie tot, aber ich habe es gesehen, und die anderen auch!«
    »Damit kommt ihr nicht durch!« Förner verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. »Ein Stück Papier! Ein Bettlerkind! Wer soll euch schon glauben?«
    Ava schlug ihr Tuch zurück und zog den Rosenkranz aus ihrem Mieder. Voller Abscheu starrte er zunächst auf ihren Bauch, dann änderte sich sein Ausdruck.
    »Woher habt ihr ihn?« Seine Stimme klang auf einmal brüchig. »Von ihm? Aber er ist doch …« Er verstummte.
    »Ihr könnt Josef Grün danach fragen«, sagte Marie. »Er hat ihn an Euch gesehen. Wenn Ihr denn unbedingt wollt. Grün weiß über alles Bescheid.«
    Es war still im Raum. Tonis magere Brust hob und senkte sich schnell.
    »Was wollt ihr dafür?«, sagte Förner.
    »Das Leben von Veit Sternen«, erwiderte Marie. »Gegen Euer dunkles Geheimnis. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr veranlasst alles Nötige, damit mein Mann in der Weihnachtsnacht fliehen kann.«
    »Schon morgen? Das ist unmöglich!«
    »Dann sorgt dafür, dass es möglich wird«, beharrte Marie. »Sonst bekommt der Fürstbischof zum Fest eine hübsche Weihnachtsüberraschung.«
    »Und das Leben von Agnes Pacher«, fügte Ava zu Maries Überraschung hinzu. »Ihre Kinder brauchen die Mutter.«
    »Seid ihr endlich fertig?« Förners Stimme war dunkel vor Verachtung.
    »Nein«, sagte Marie. »Denn jetzt werden wir Euch noch genau mitteilen, wie alles abzulaufen hat.«

    Kinder fanden die Leiche, ein paar halbwüchsige Jungen, die sich einen Spaß daraus machten, Stöcke und Steine in den gurgelnden Fluss zu werfen. Beim Wehr war sie hängen geblieben; die eiserne Schleuse hatte Adams rechte Gesichtshälfte bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Die linke dagegen war unversehrt, und als man die Entstellungen mit einer Plane abgedeckt hatte, sah es aus, als schlafe er nur.
    Die Nachricht verbreitete sich schnell in Bamberg. Simon erhielt sie durch die Göhlerin, die mit rot geweinten Augen vom Bäcker kam, vor Kummer unfähig, die Habseligkeiten der Familie Sternen zusammenzupacken.
    Er ließ alles stehen und liegen und rannte los.
    Man hatte den Toten in einen Sarg gebettet und in einer der kleinen Kapellen des Collegiums aufgebahrt. Simon musste sich durchfragen; Josef Grün war es, der ihn schließlich zu Adam führte.
    »Er war mein begabtester
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