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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle
Autoren: Brigitte Riebe
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sogar seines? Und damit auch das von Hanna, die unter seinem Dach lebte. Bei Drutenprozessen kam es immer wieder vor, dass die Verurteilung eines Mitgliedes binnen kurzem die der gesamten Familie nach sich zog.
    Und noch eines lag klar auf der Hand, das, was ihm das Herz am schwersten machte: Entkäme Veit Sternen wie durch ein Wunder noch einmal dem Feuer, so musste er Bamberg schnellstens und für immer verlassen. Er würde nicht nur sein Mädchen verlieren, sondern sein Enkelkind Selina mit dazu.
    Der Braumeister hatte sein Haus erreicht und öffnete die Tür. Hanna, die seine Schritte gehört hatte, empfing ihn mit einem Lächeln. Jener unvergesslichen ersten Nacht waren weitere gefolgt, die ihn sehr glücklich gemacht hatten, tagsüber jedoch blieb sie nach wie vor zurückhaltend. Wer sie jetzt so zusammen sah, hätte glauben können, dass sie sich nur flüchtig kannten.
    »Du bist schon zurück?«, sagte sie. »Ist etwas geschehen, Pankraz?«
    »Allerdings.« Er ging zu einer Truhe, schloss sie auf und entnahm ihr drei prall gefüllte Lederbeutel.
    »Der größte ist für dich«, sagte er. »Ich möchte, dass du ihn gleich morgen zum Kämmerer trägst und damit einen Teil deiner Schulden abbezahlst. Wir wollen es nicht übertreiben, damit kein dummer Verdacht aufkommt, deshalb bringst du ihm besser nicht die ganze Summe auf einmal.«
    »Und wenn er mich fragt, woher ich auf einmal so viel Geld habe?« Hannas Hand fuhr zum Bernsteinamulett.
    »Geld stinkt nicht«, sagte der Braumeister. »Und die Kassen sind leer. Er wird es wortlos einstreichen. Verlass dich drauf. Achte darauf, dass er es auch in den Büchern einträgt.«
    »Und die anderen beiden Beutel?«
    »Die bringst du der Otterfrau.« Er ließ sie nicht aus den Augen. »Ich weiß, dass du sie kennst, Hanna. Ich weiß inzwischen so einiges über dich, auch wenn ich damit nicht hausieren gehe. Darauf kannst du dich verlassen – immer.«
    »Und willst mich trotzdem weiterhin in deinem Haus haben?«
    Sie dachte an den Brief, der jetzt bei Ava lag, und fühlte sich plötzlich schlecht. Sollte sie ihm doch davon erzählen? Hanna entschloss sich, es nicht zu tun. Wäre er wichtig gewesen, hätte Pankraz sie längst danach gefragt.
    »Sogar mit dem Segen der Kirche, falls du einverstanden bist«, sagte Pankraz. »Ich wollte dich schon länger danach fragen.«
    »Darüber müssen wir uns ein andres Mal unterhalten.« Ihre Hand hatte leicht zu zittern begonnen, was ihm gefiel.
    »In Ordnung. Dann geh bitte zur Otterfrau und bring ihr dieses Geld. Sie wird es brauchen können. Dringend sogar, wie ich annehme, wenn sie die Stadt verlässt. Und wenn du bei dieser Gelegenheit etwas mehr erfährst …«
    Sie warf ihm einen scharfen Blick zu.
    »Wenn sie dir mehr darüber erzählen möchte«, korrigierte er sich, »so soll es mir recht sein. Vorausgesetzt, du gibst es an mich weiter.«
    »Ich soll gleich gehen?«
    »So wäre es mir am liebsten«, sagte Pankraz Haller. »Es gibt Dinge, die man nicht aufschieben sollte.«

    »Mathis ist zurück«, sagte Ava, nachdem sie Hanna Hümlin begrüßt hatte.
    »Ich hab schon davon gehört. Er ist gerade nicht da?«
    »Er verkauft die Ziegen«, sagte Ava. »Mathis hat jemanden gefunden, der anständig dafür bezahlt.«
    »Wo hat er denn die ganze Zeit gesteckt?«
    »Bei den Flößern«, sagte Ava. »Im Lamitztal. Er sagt, dort gibt es jede Menge leere Häuser.« Ein schiefes Lächeln. »Weil Flößen eine zwargutbezahlte, aber auch gefährliche Arbeit ist.«
    »Du suchst ein neues Haus?«
    Ava machte eine Geste, die alles und nichts bedeuten konnte. Sie zog die Stopfnadel energisch durch einen Wollsocken.
    »Dann kannst du das hier ja bestimmt gut gebrauchen.« Hanna stellte die beiden Geldbeutel auf den Tisch.
    »Was ist das?«, sagte Ava.
    »Blanke Silbertaler. Pankraz Haller schickt sie dir. Er sagt, du wirst sie brauchen können. Wenn du Bamberg bald verlässt. Ihr wollt weg von hier, Mathis und du?«
    »Das hat er gesagt?« Ava ließ den Socken sinken. »Er ist ein kluger Mann, dein Braumeister.«
    »Ich weiß«, sagte Hanna. »Deshalb bin ich ja bei ihm.«
    »Nur deshalb?«
    »Geht ihr weg, Ava?«
    Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man sehen, dass ihr Kopf sich unmerklich bewegte.
    »Du solltest vorsichtig sein bei euren Zusammenkünften«, sagte Ava unvermittelt, »wenn du deinen Pankraz behalten willst. Noch vorsichtiger als bisher, Hanna! Der Hexenbrenner ist schon jetzt von Sinnen. Und falls noch etwas
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