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Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Titel: Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
Autoren: Stefan Scheich
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    Ruhrpottidylle. Es war ein Samstagnachmittag im Spätfrühling, und in der Schrebergärtnergemeinschaft »Grüne Lunge Altenessen e. V.« verstummte gerade der letzte Rasenmäher. Der Gestank schlecht verbrannten Zweitaktgemischs verzog sich langsam und machte dem Duft frisch angefeuerter Holzkohle Platz. Aus den Radios der eben noch emsigen Kleingärtner quäkte vereinzelt die Liga-Live-Konferenz auf WDR2. Eben hatte Schalkes Huntelaar die Führung gegen Erzfeind Dortmund erzielt, was ein zufriedenes Lächeln auf Werner Schmigalles Gesicht zauberte, während er in Parzelle 19 A den Grill anzündete.
    »Hasse gehört, Horst?!«, rief er in Richtung Buchsbaumhecke von Parzelle 6 und setzte zur Sicherheit noch ein »Zwei-eins Schalke!« hinterher. Die Stimme des 60-jährigen Fachangestellten der Essener Entsorgungsbetriebe, der zeitlebens ähnlich viele Mülltonnen wie Pils gestemmt haben musste, hatte dabei durchaus einen gehässigen Unterton. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
    »Ach, leck mich doch, mit dein scheiß Schalke!«, ertönte es jenseits der Hecke. Horst selbst war nicht zu sehen, aber in der Frage, welchem Verein seine Sympathien gehörten, ließ die BVB-Flagge, die müde am Fahnenmast hing, keine Zweifel aufkommen. Werner grinste, musste seine königsblaue Ehre aber natürlich dennoch verteidigen.
    »Pass auf, wat’e sachs, oder ich zieh dich gleich durche Rabatte!«
    »Ey, könnt ihr mal die Schnauze halten?!«, meldete sich jetzt Schrebergartenteilstück 11 zu Wort. »Die konföderieren grad die Bayern, und ich versteh kein Wort.«
    »Bayern? – Pfui!«, schallte es unisono aus 6 und 19 A. In dem Punkt waren sich Schalke- und Dortmundfraktion ausnahmsweise einig.
    Halbzeit. Werner Schmigalle fächelte dem Grill ein letztes Lüftchen zu und betrachtete dann sein Tagewerk. Der Rasen geschnitten, die Kanten an den Beeten sauber abgestochen und die Waschbetonplatten vor der Laube gründlich gekärchert. Zufriedenheit machte sich in Werner breit. Die Arbeit war erledigt, Schalke führte und der Grill brannte. Darauf erst mal ein Pils. Getreu der alten Weisheit, dass die Kohlen heiß sein sollten, die Kehle des Grillmeisters aber stets kühl und feucht.
    Werner Schmigalle nahm es mit diesem Leitsatz sehr genau. Zu genau, wie seine Frau Roswitha fand, und sie kommentierte das neuerliche Ploppen des Kronkorkens mit dem obligatorischen »Trink nich so viel, Werner!«.
    »Dat trink ich doch nich, dat is zum Ablöschen. Schaff mal die Koteletts ran, der Grill is heiß!«, konterte Werner auf altbekannte Weise.
    Roswitha verschwand schimpfend in der Gartenlaube und stand wenig später mit einem Teller Grillgut neben ihrem Werner.
    So weit das samstägliche Ritual in der Parzelle 19 A. Doch was Werner dann auf dem Teller erblickte, wich von den ungeschriebenen Gesetzen einer seit 34 Jahren funktionierenden Ehe auf geradezu beleidigende Art ab.
    »Wat is dat denn?«
    »Das sind …«
    Werner schwante Böses, weil es nie ein gutes Zeichen war, wenn seine Frau ins Hochdeutsche abglitt und ihre Stimme dabei automatisch den Tonfall einer Oberlehrerin annahm.
    »Das sind Geflügelsteaks. Dein Cholesterin ist …«
    »Rosaaa.« Die Art, wie Werner das a zog, hatte durchaus etwas Drohendes. Auf jemand anderen hätte der Tonfall einschüchternd gewirkt. Roswitha hingegen stemmte völlig unbeeindruckt die Hände in die breiten Hüften, die sich unter ihrem geblümten Tunikakleid mehr als deutlich abzeichneten. Nein, Roswitha war keine Frau, die sich leicht einschüchtern ließ, und ihre physische Präsenz unterstrich dies.
    »Wat is, Männe?«
    »Wo sind die Koteletts?«
    »Beim Metzger! Der Arzt sacht schließlich …«
    Werner Schmigalle platzte bald der Kragen. »Bist du jetzt mit dem Quacksalber oder mit mir verheiratet?«
    »Ich weiß gar nich, wat du hast. Die sind frisch, zart und mager!«
    Werner musterte seine Frau einen Moment lang und verstand. Am Morgen hatte ihn Rosa mitten beim Zähneputzen aus dem Bad gescheucht. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass sie auf die Waage wollte. Und nun kam sie ihm rein zufällig mit »mageren« Putensteaks? Werners Blick streifte den gedeckten Tisch vor der Laube. Es gab Grünzeug statt Kartoffelsalat. Jetzt wusste er Bescheid.
    »Rosa, mach mir kein Terror mit deine Komplexe.«
    »Wat genau meinste damit?!«
    Roswithas Stimme bekam einen drohenden Unterton, und Werner beeindruckte der sehr wohl. Ihre geweiteten Augen, die schnaubenden Nüstern, die sich
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