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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank
Autoren: Gunnar Staalesen
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glaube nicht, daß die anderen was merkten. Sie waren zu besoffen, und Lächel hatte angefangen, mit Laura rumzumachen. Irene … Dann hörte ich einen dumpfen Knall draußen in der Küche. Ich ging rüber. Jonsson hielt Samuelsen am Jackenaufschlag und hatte ihn vom Boden hochgehoben. Er schlug seinen Kopf gegen den Kühlschrank. Du machst mit, du dreckiges Schwein! zischte er. Du machst mit, du verdammtes Biest! – Und dann … Ich weiß nicht, was passierte – er schlug zu hart, oder der Nacken traf verkehrt, genau auf die Kante des Schrankes. Es war in einer Sekunde passiert. Ein scharfes Geräusch, und dann hing der Kopf einfach runter, leblos, und wir sahen das Weiße in seinen Augen. Er …« Er brach ab. »Ihr wißt doch, wenn Leute sterben …«
    »Das wissen wir«, sagte Bertelsen. »Und dann?«
    »Ich wär beinah ohnmächtig geworden, aber Jonsson – er blieb ruhig. Wir – erst mußten wir die anderen rausschmeißen. Erst Laura und Lächel. Dann Irene. Wir zogen ihm – ihr – die Kleider aus und überlegten, was wir tun sollten. Der Kühlschrank fiel uns ein, und Jonsson nahm alle Roste raus. Wir versuchten sie reinzupressen, aber der Kopf war im Weg. Dann kamen wir auf die Idee, daß, wenn die Leiche eventuell gefunden würde – ohne Kopf – das würde die Identifizierung erschweren.«
    »Und dann habt ihr den Kopf abgeschnitten?«
    Er nickte und schluckte. »Ich – ich mußte festhalten. Aber ich sah weg, aus dem Fenster, die ganze Zeit. Er schnitt – mit einem Küchenmesser, einem Filetiermesser.«
    »Großer Gott«, stöhnte Bertelsen. »Wie konntet ihr …«
    Die beiden anderen Polizisten waren leichenblaß. Obwohl ich darauf vorbereitet gewesen war, fühlte ich, wie es in meinem Magen zu rumoren begann. Es war keine schöne Geschichte. Es war eine der schlimmsten, die ich je gehört hatte.
    »Dann paßte sie rein, und dann hauten wir ab.«
    »Mit dem Kopf in einer Plastiktüte?« fragte ich.
    »Ja. Jonsson schaffte ihn weg, ich weiß nicht, wohin. Hinterher …«
    »Ja, na los!«, klaffte Bertelsen. »Schone uns nicht!«
    »Wir wollten ja auch den Rest der Leiche loswerden, bevor jemand kam und … Wir beobachteten das Haus und warteten, bis die Wirtin weg war, aber dann tauchte Veum auf und fing an, Fragen zu stellen, und gerade als wir – sie – holen wollten, tauchte er auch auf. Wir mußten … Jonsson schlug ihn nieder, aber es war wie in einem Alptraum, denn dann tauchte die Alte auf, die Wirtin. Wir mußten abhauen.«
    »Und dann wurdet ihr nervös, nicht?« sagte ich und kam Bertelsen zuvor. »Da fingt ihr an, sie vom Weihnachtsbaum zu pflücken, einen Stern nach dem andern. Laura. Lächel. Warum nicht Irene?«
    »Jonsson hatte ein Auge auf sie geworfen. Außerdem konnten wir sie nicht finden.« Der letzte Satz war auffallend doppeldeutig.
    Ich fuhr fort: »Ihr versuchtet, mich aus der Stadt zu vertreiben. Ole Johnny und seine Leute standen stramm, wenn der Chef pfiff, was? Und dann waren da diese Tonbänder von Elsa, die plötzlich von Bedeutung sein konnten, und ihr versuchtet, sowohl sie als auch mich abzuservieren – euch muß ja völlig die Panik gepackt haben!«
    »Aber ich war es doch nicht. Es war ein Unfall.« Er sah uns flehend an, wie um die ganze Schreckensgeschichte mit einer Bitte um Vergebung abzuschließen.
    »Wirst du das unterschreiben?« fragte Bertelsen formell.
    Er nickte stumm, mit feuchten Augen. Das Gesicht glänzte von Schweiß, das Haar war strähnig, die Augen desperat und ruhelos.
    Wir ließen ihn in der Zelle zurück, allein mit sich selbst und seinen Gedanken. Danach gingen die anderen zu Carl B. Jonsson hinein. Ich ging die Treppen hinauf zu Elsa. Ich konnte das Ganze nicht noch einmal ertragen.
     
    Als alles vorbei war, standen wir auf dem Gehsteig vor der Wache und warteten auf ein Taxi. Sie hatte mich untergehakt und lehnte sich schwer an mich. Es war nach Mitternacht, und der Himmel war blank, mit verstreuten Sternenflecken. Ein Auto fuhr vorbei, und durch ein halb heruntergekurbeltes Fenster hörten wir Lachen und Jauchzen.
    Ich sah in ihr hageres Gesicht. Sie fing meinen Blick auf und sagte: »Ich glaube, ich werde nach Hause zurückfahren – weg aus Stavanger.« Mit einem kurzen Schulterzucken fügte sie hinzu: »Interviews hab ich genug.« Sie lächelte traurig.
    Ich strich ihr über die Wange. Sie sagte: »Glaubst du, wir sehen uns wieder?«
    Ich hob leicht die Schultern. »Wer weiß? Vielleicht.«
    Das Taxi kam, und der Fahrer pfiff. Wir
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