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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank
Autoren: Gunnar Staalesen
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wollte sagen: Das brauchst du nicht. Ich sagte nur: »Gut.«
    Vevang saß vornübergebeugt auf der Pritsche. Er sah auf, als wir hereinkamen, und das Geräusch des Schlüssels im Schloß hinter uns schmerzte ihm offenbar in den Ohren. Das lange Haar hing in Strähnen zu beiden Seiten herunter, und die Glatze war sichtbar. Die Anspannung stand ihm förmlich im Gesicht geschrieben, und es konnte nicht lange dauern, ihn zum Zusammenbrechen zu bringen.
    Bertelsen sagte: »Nun erzähl mal, Vevang, von Anfang an. Ruhig und systematisch.«
    Vevang sah von Bertelsen zu mir und zu den zwei Polizisten. Seine Augen waren wässrig. »Ich – ehrlich gesagt: Ich hatte nichts damit zu tun. Es war Jonsson, der das Ganze betrieben und finanziert hat, der alles managte, Ole Johnny war nur ein Strohmann.«
    Bertelsen sagte trocken: »Redest du von dieser Spielhölle?«
    »Ja …«, antwortete Vevang kläglich, als gäbe es von nichts anderem zu erzählen.
    »Davon reden wir nicht, Vevang«, fuhr Bertelsen fort. »Wir reden von der Frau im Kühlschrank.«
    »Der Fr-Frau im …«
    »Und von Laura Lüstgen«, sagte ich. »Und Lächel-Hermannsen.«
    »Laura Lüstgen? Lächel-Hermannsen?« plapperte Vevang mir nach.
    »Führ dich nicht auf wie ein seniler Papagei«, sagte Bertelsen. »Gib zu, daß ihr sie um die Ecke gebracht habt.«
    »Um die E-e …« Das Wort blieb ihm im Hals stecken.
    »Du und Jonsson«, kläffte er.
    »Ich – nicht – es war ein Unfall!« schrie er mit Fistelstimme. Es war soweit. Sein ganzes Gesicht schien sich hinter den Augen zu sammeln, in einem Ausdruck von Angst und Erleichterung.
    Bertelsen starrte mich einen Augenblick streng an, dann atmete er tief und sagte: »Soso. In Ordnung. Ein Unfall. Können wir dann noch mal anfangen – ganz am Anfang?«
    Er schien Anlauf zu nehmen und sprudelte los. »Wir – wir waren in diesem Lokal, Jonsson und ich und Lächel, den ich kannte, und ein Mädchen, das Irene hieß und auf das Jonsson geil war. Jonsson feiert gern, und er sagt immer, daß wir rausmüssen, unter Leute, denn da kriegen wir Informationen her. Er weiß alles, der Kerl – alles, was es zu wissen gibt, über jeden in Stavanger.«
    »Wir lassen uns nicht beeindrucken«, sagte Bertelsen. »Wo wart ihr – bei Ole Johnny?«
    »Ja. Und dann war da ein Typ, mit dem wir ins Gespräch kamen. Er sagte, er hieße Arne Samuelsen und lud uns zu einer Art Nachspiel ein. Wir waren Kollegen, wie er sagte. Arbeitete bei der gleichen Gesellschaft. Jonsson war dabei, er ist immer dabei. Ich glaube, er – ich glaube, er durchschaute ihn, sie, Samuelsen, ziemlich schnell. Er durchschaut Leute wie kein zweiter, und ich sah es an seinen Augen – daß da was war, was er wissen wollte. Er kann der reinste Teufel sein, wenn er erst mal in Laune ist.«
    »Du meinst, daß er mit zu dem Fest ging, nur weil er vorhatte …«
    »Er wollte sie kleinmachen. Sie! Ich hab ihn schon vorher solche knacken sehen. Nicht Transvestiten, sondern Homosexuelle. Er …« Ein Kälteschauer durchfuhr ihn. »Er bringt mich um, wenn er zu hören kriegt …«
    »Dazu kriegt er keine Gelegenheit. Weiter!«
    »Dann trafen wir Laura Lüstgen unten auf der Straße, und da Lächel sie kannte, kam sie auch mit. Jonsson stieß mich in die Seite und sagte: Das paßt ja gut. Dann sind wir Paare. – Erst hinterher hab ich verstanden, was er gemeint hatte.«
    Vevang starrte auf mich, als verstünde er nicht, was ich da zu suchen hatte. Er sah die zwei Polizisten an, aber die sagten auch nichts. Der Raum wirkte wirklich ziemlich überfüllt, wie ein Bus während der Stoßzeit. Und es herrschte die allseits bekannte, norwegische Stimmung: Niemand sagte ein Wort. Zum Schluß blieb sein Blick an Bertelsen haften.
    Bertelsen sagte: »Als ihr da ankamt, wo Arne Samuelsen wohnte, was passierte da?«
    »Wir – wir saßen eine Zeitlang da und tranken, und dann … Dann schlug Jonsson vor … Wir waren alle ziemlich voll, und Jonsson zog ein Kartenspiel aus der Tasche und sagte, daß es zu Hause in den Staaten bei solchen Gelegenheiten immer sehr lustig gewesen sein, Kleiderpoker zu spielen. Er sah Samuelsen an, als er das sagte, und ich sah, daß der blaß wurde. Ich – ist es in Ordnung, daß ich er sage?«
    Bertelsen zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    Vevang fuhr fort, und jetzt sprach er schneller, wie um es hinter sich zu bringen. »Er – Samuelsen – er stand auf und ging in die Küche, entschuldigte sich mit irgendwas. Jonsson ging hinterher. Ich
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