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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
Autoren: Louise Fu
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Bauch
keine Falten warf. Himmel, dies war ihr im letzten Jahr auf Mallorca passiert
und wie lange sie dann gebraucht hatte, um die blassen Kuhlen nachzubräunen und
nicht mehr wie ein merkwürdiges weiß-braunes Gürteltier auszusehen, es war eine
erbärmliche Zeit gewesen. Gleichzeitig saß sie gerade noch so aufrecht, dass
sie dem wimmelndem Strandleben bequem zusehen zu können. Ihren schweren
Simmel-Schmöker auf dem Stoff ihres Bikinihöschens balancierend (nicht auf den
Bauch legen sonst hatte man ein weißes Viereckstatoo auf der Haut!) betrachtete
sie über den Rand ihrer strassbesetzten Sonnenbrille hinweg die in der
seichten Brandung promenierenden Menschen. Ein leichtes Lippenkräuseln signalisierte
Ivonne, dass ihre Mutter zufrieden war und dies heute, wie jeden Abend, ihrem
Mann wie folgt mitteilen würde: Unter Abzug einiger weniger elfengleicher,
französischer Badenixen war sie die (Zeigefinger) am besten erhaltene
Mittvierzigerin diesseits und jenseits der Liegestuhlreihen, die sich wie
breitgetretene Schlangen den Strand hinauf- und hinunterwandten, weiterhin
(Mittelfinger) die Schönste im Gesamtbild und (Ringfinger) die Einzige im
Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte, denn hätte sie bei einem solchen Wabbelbusen
ihr Oberteil abgelegt - »sieh nur, Ivonne-cherie, die dort mit dem lila
Röckchen, Hilfe, das Röckchen behält man an, aber obenrum zeigt sie was sie
hat, oder vielmehr: zu wenig und zu sehr der Schwerkraft überlassen hat!« -
oder hätte sie, wäre sie ein in die Jahre gekommener Mann, was sie glücklicherweise
nicht war, man konnte froh sein, als Frau geboren zu sein mit aller Sinnlichkeit und Intuition , die den Männern so fehlte, hätte sie sich dann in ein so
betäubend enges Lackhöschen geschmissen und liefe mit einem Frisbee durch das
Wasser?
    »Und da kommt Familie
Speckwamperl! Ahahaha! Papa Speckwamperl hat zwar mächtig viele Haare auf dem
Oberkörper aber denkt er, dass diese Matte seinen Schwimmreifen verdeckt? Und
Töchterchen Speckwamperl hat einen echten Schwimmreifen, aber wie hat sie den
über ihren dicken Popo bekommen? Ivonne-cherie, reichst du mir mal das Kokosöl?
Warum sitzt du da den ganzen Tag unter dem Sonnenschirm, so nimmst du nie ein
bisserl Färbchen an!«
    Ivonne-cherie, die im
letzten Urlaub in Spanien, keine Ahnung mehr, dachte Ivonne, wie die komische
Insel und der hässliche Ort hießen, noch Ivonne-querida gewesen war, reichte
ihrer Mutter mit angeekelter Miene die glitschige Flasche. Tereses spitze
Fingernägel streiften ihren Handrücken und Ivonne zog hastig ihren Arm zurück,
so dass die Flasche beinahe in den Sand fiel.
    »Ach, du Trampel, nun
gib doch einmal Obacht! Das hätte ja eine schöne sandpanierte Schweinerei
gegeben!«
    Tereses
Plastikarmreifen in den französischen Nationalfarben klirrten, während sie das
Öl in langen, gleichmäßigen Strichen in ihre feste, braune Haut einmassierte.
Sie streckte ihre Beine in die Luft und begutachtete sie zärtlich von allen
Seiten – kein Härchen, keine Besenreiser, keine merkwürdigen Knubbel, keine
Adern, nur straffes Fleisch und straffe Muskeln, der Lohn für all die endlos
monotonen Morgenstunden, in denen sie den Befehlen von Frau Brünntich auf ihrer
»Pamela Brünntichs postnatale Basisübungen« -Kassette gehorchte. Ihr Mann, er
hatte ein Händchen für schöne wiewohl auch nützliche Präsente, hatte sie ihr
kurz nach Ivonnes Geburt geschenkt, nachdem dies Missgeschick passiert war, sie
nämlich zu einem Geschäftsessen mit wichtigen Leuten, das damals noch
kein bizinis dinner war, aufbrechen wollten und der Reisverschluss an
Tereses Rücken nicht zuging. Er bewegte sich keinen Millimeter, so sehr sie
auch die Luft anhielt, und so sehr Herr Weinwurm zerrte und zog und sie in die
Leiste puffte, damit sie sich ein bisschen mehr anstrengte, denn dies Kleid aus
roter, changierender Kunsteide war damals noch ihr einziges Abendkleid, und es
machte ihn sauer, richtig wütend, dass sie schon nach einem einzigen Kind zu
einer Matrone, zu einem feisten Muttertier , mutierte!
    Vielleicht sollte sie
einmal mit ihrer Nachbarin, Frau Kraus-Hilfskötter, mitgehen zu einer dieser
neuen Jane-Fonda-Kurse, von denen Frau Kraus-Hilfskötter nicht nur schwärmte
sondern durchdrungen war in heiliger Mission neue Anhängerinnen zu gewinnen.
Warum nicht, vielleicht war das Rumgehupfe weniger öde als die einsamen Bauch-
und Oberschenkelübungen auf dem Wohnzimmerteppich?
    Terese wischte sich
die öligen Hände
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