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Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit

Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit

Titel: Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit
Autoren: Julie Garwood
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Prolog
Schottisches Hochland, 1103
    Donald MacAlister hatte keinen leichten Tod. Der alte Mann kämpfte mit jeder Unze seiner Kraft, mit jedem Pfund Sturheit, das er besaß, gegen das Sterben an. Obwohl er den Tod als Ende seiner Qualen hätte willkommen heißen müssen, war er nicht bereit, sich ihm zu ergeben, denn er hatte die wichtigste Aufgabe seines Lebens noch nicht erfüllt: sein Vermächtnis zu vererben.
    Und das Erbe war der Haß. Der Laird glühte vor Haß auf seinen Feind. Auch sein Sohn sollte ihn spüren, diesen Haß, damit all sein Handeln fortan vom Durst nach Rache bestimmt werden würde. Und bis er nicht sicher sein konnte, daß der Junge verstanden hatte, wie wichtig es war, die Tat, die an diesem schwarzen Tag begangen worden war, zu rächen, mußte er gegen den Tod ankämpfen. So umklammerte seine große, rauhe Faust die kleine Hand seines Sohnes, und er blickte ihm eindringlich in die Augen. Sein Sohn – sein einziger lebender Erbe.
    »Räche mich, Connor MacAlister. Laß meinen Haß in dein Herz dringen, hüte ihn und nähre ihn … Und wenn du alt genug bist und der Tag gekommen ist, nimm mein Schwert und töte den Feind! Ich kann nicht in Frieden sterben, bevor du mir nicht dein Wort gegeben hast zu rächen, was mir und den Meinen am heutigen Tag angetan worden ist. Versprich es, Junge!«
    »Ja, Vater!« schwor Connor inbrünstig. »Ich werde Euch rächen.«
    »Spürst du den alles verzehrenden Haß in dir, mein Junge?«
    »Ja, Vater, das tue ich.«
    Donald nickte zufrieden. Endlich konnte er sich Ruhe gönnen. Falls er noch lange genug lebte, um seinem Sohn präzise Anweisungen für die Zukunft zu geben, war es um so besser; doch wenn der nächste Atemzug sein letzter war, so hatte diese Aussicht seinen Schrecken verloren, denn nun wußte er, daß sein Sohn tun würde, was er ihm aufgetragen hatte. Connor war klug, und Donald hatte absolutes Vertrauen in seine Fähigkeiten.
    Donald MacAlister bedauerte es, daß er nicht miterleben konnte, wie sein Sohn zum Mann heranwuchs, aber Donald war kein Mensch, der über Unvermeidliches jammerte. Mit dem gebrochenen Bein und dem Loch in seinem Bauch hatte er keine Chance, älter zu werden. Doch Gott war gnädig. In den letzten Momenten waren die Schmerzen beträchtlich zurückgegangen, und eine wunderbare Taubheit kroch von seinen Füßen langsam aufwärts seinem Herz zu.
    »Vater! Nennt mir die Namen der Männer, die Euch das angetan haben!«
    »Es waren die Kaerns. Sie kamen aus dem Norden – von zu weit her, als daß sie es auf unser Land abgesehen hätten. Doch sie sind blutsverwandt mit den MacNares, und ich habe den Verdacht, daß ihr Laird eine Hand in diesem Spiel gehabt hat. MacNare ist immer schon habgierig gewesen und wird nie zufrieden sein. Du solltest ihn töten, bevor er dir Schwierigkeiten macht und seine Gier nach Land ihn auf deine Schwelle treibt.« Der Alte brach ab und sah seinen Sohn eindringlich an. »Handle jedoch nicht übereilt. Weder die MacNares noch die Kaerns sind schlau genug, um diesen Angriff geplant zu haben. Vermutlich hatten sie einen Anführer. Ich weiß nicht, wer der Verräter ist, aber du wirst es herausfinden. Ich fürchte, daß der Feind aus den eigenen Reihen kommt.«
    »Ihr meint, daß einer von uns Euch verraten hat?« Allein der Gedanke entsetzte Connor.
    »Seit sie gestern abend angegriffen haben, geht mir der Gedanke nicht mehr aus dem Sinn. Die Kaerns kamen auf Wegen, die nur meine Gefolgsleute kennen. Sie hätten die Pässe niemals gefunden, wenn sie ihnen nicht gezeigt worden wären. Es gibt einen Verräter, und es wird deine Aufgabe sein, ihn ausfindig zu machen. Ja, ich bin sicher, daß er aus unseren eigenen Reihen stammt, Connor, und so Gott will, kämpft er in diesem Augenblick auf meinem Schlachtfeld mit dem Tod! Laß dir Zeit, Sohn, finde all die Namen heraus, und dann schlag zu. Töte alle, die noch am Leben sind. Und vergiß nicht, auch die Söhne zu töten!«
    »Seid beruhigt, Vater. Ich werde sie alle vernichten.«
    Donalds Hand schloß sich fester um die seines Sohnes. »Nimm dies als deine letzte Lektion, Sohn. Sieh mich sterben und lerne, wie man als tapferer Krieger lebt. Wenn du nun gehst, begib dich über den Pfad in den Wald. Angus wird dort auf dich warten und dir Anweisungen für deine unmittelbare Zukunft geben.«
    Der Laird wartete auf das zustimmende Nicken seines Sohnes, dann fuhr er fort: »Schau dich um und sag mir, was du siehst. Ist es so schlimm, wie ich
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