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Die Ratte des Warlords (German Edition)

Die Ratte des Warlords (German Edition)

Titel: Die Ratte des Warlords (German Edition)
Autoren: Johann Löwen
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I.
    1. Das Licht des späten Nachmittages schillerte an den Kämmen der im Norden liegenden Berge, deren verschneite Gipfel sich wie eine glitzernde Barriere zu einer anderen Welt auftürmten. Im schrägen Licht der Abenddämmerung nahm die hügelige Landschaft vor dem Gebirge allmählich die Farbe von alter Bronze an, und das Grün der spärlichen Vegetation, die die Hügel wie der Schaum die Meereswellen bedeckte, wurde dunkel wie Patina auf einer uralten Plastik eines erstarrten Ozeans.
    Die erodierten Bauten eines verlassenen Dorfes inmitten der Hügel wirkten leblos und verstohlen in der kargen Weite. Nur wenige Menschen kannten di esen undefinierbaren Ort. Lediglich wilde Tiere und sie suchten ihn manchmal auf. Die Tiere durchstreiften ihn zufällig. Menschen kamen nur mit der Absicht, unbehelligt im Verborgenen die Vorbereitungen für ihre Streifzüge zu treffen.
    Deswegen waren die drei Geländewagen zwischen den alten Mauern sorgfältig mit Tarnnetzen bedeckt. Und die Wachposten drückten sich so in die Schatten der Ruinen, dass sie sich in der Umgebung quasi aufgelöst hatten und sie dennoch kontrollierten.
    Sie wussten, was sie taten und sie machten es gu t, der Kampf lag ihnen im Blut. Wie schon ihren Vorfahren, die das unbesiegbare militärische Genie der Antike bezwungen hatten. Mehr als zwei Jahrtausende waren seit dem Triumph über Alexander den Großen vergangen, und unzählige Siege über andere Feinde waren seitdem hinzugekommen. Und trotzdem herrschte im südasiatischen Gebirgsstaat schon wieder der Krieg. Oder immer noch.
    Nur wurde dieser anders geführt. Nicht nur die Afghanen b eherrschten die Kunst, den Gegner aus dem Hinterhalt heraus zu überfallen.
    Seit achtzehn Stunden trennten neunhundertdrei zehn Meter die Mündung des Schalldämpfers am G22 vom alten Dorf, das unentwegt von zwei Männern mit kalten, aufmerksamen Blicken beobachtet wurde. Sie waren in der Nacht ungesehen hergekommen und sie waren den geübten Blicken der am späten Morgen aufgetauchten Taliban-Kämpfer verborgen geblieben. Die zotteligen braunen Streifen an der Tarnanzügen, die die Konturen der Scharfschützen undefinierbar machten, die wenigen Steine um sie herum, die ihnen als Deckung dienten, und ihre Regungslosigkeit hatten auch sie mit der Landschaft verschmelzen lassen.
    "Auto. Drei Uhr", murmelte kaum hörbar der Einweiser.
    Der Schütze drehte die Augen nach rechts , blinzelte zweimal sorgfältig und fokussierte den Blick auf dem Geländewagen.
    Noch ein alter UAZ, die die So wjets in den Achtzigern zu tausenden ins Land gebracht hatten. Die Taliban hatten durch Drogengeschäfte das Geld, um moderne westliche Autos zu fahren. Wenn jemand eines dieser fast dreißig Jahre alten Fahrzeuge benutzte, hatte er es noch nicht geschafft, ein mächtiger Warlord zu werden. Wollen taten sie das alle.
    So einen aufstrebenden Milizenführer jagten die beiden Männer. Beziehungsweise, die Amerikaner taten das. Weil dieser Taliban, um seine Stärke zu demonstrieren, drei gefangene US-Soldaten hingerichtet hatte, obwohl das Lösegeld für sie schon gezahlt worden war. Die Amerikaner wollten den Mann unbedingt liquidieren und hatten um Hilfe gebeten. Wie immer hatten sie den deutschen Verbündeten eine als sekundär eingestufte Position zugewiesen. Aber auch solche mussten aufgeklärt werden, um alle Faktoren zu berücksichtigen.
    Der UAZ hielt etwa zwanzig Meter vor der Hütte an, in der sich die anderen Teilnehmer des Treffens befanden. Zwei schwarz vermummte Frauen stiegen aus dem UAZ und machten sich auf den Weg zur Hütte. Der Bewacher winkte dem Fahrer, damit er den Wagen schnell versteckte.
    "Bedürfnisse hat jeder, gell", der Einweiser verfiel gern in seine Heimatmundart. "Ob er ein heiliger Krieger ist", kommentierte er erheitert weiter, "oder ein aufrichtiger Priester, was."
    "Mufti", berichtigte der Schütze knapp, ohne die Augen von den beiden schwarz vermummten Gestalten zu wenden. "Das sind keine Frauen", flüsterte er, nachdem sie die Hütte betreten hatten. "Ruf an. Wir haben ihn."
    "Sicher?", zweifelte sein Partner.
    "Ja. Die beiden liefen nicht wie Frauen. Und im Dossier stand, dass Khatir sich oft als Frau verkleidet. Und im Westen liegt ein britischer Kontrollpunkt."
    In einer unendlich langsamen Bewegung hob der Einweiser die Hand an se in rechtes Ohr, an dem der Empfänger des Funkgerätes befestigt war. Sekunden später sprach er mit einem Operator in der AWACS. Die fliegende Radarstation zog seit
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