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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa
Autoren: Bianka Minte-König
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sein, ihm plausibel zu machen, warum es mich vor der Fahrt gruselte. Denn obwohl ich so ein unbestimmtes Gefühl hatte, war ich nicht in der Lage, eine logische Verbindung zwischen dem Gut und meinen Träumen zu finden, die auch Marc akzeptieren würde. Also stülpte ich mir den Helm auf den Kopf und hockte mich hinter ihm auf die Kawasaki. Ich klopfte ihm auf die Schulter, zum Zeichen, dass es losgehen konnte, und er gab Gas.
    Mit sattem Sound brausten wir nach Westen Richtung Lindenstraße, bogen am Mehringdamm links ab und fuhren schließlich auf die Autobahn.
    Das Wetter war schön und die Straßen trocken, sodass wir nach problemloser Fahrt in kaum mehr als einer Dreiviertelstunde den Ort Blankensee erreichten.
    Ich hatte ein bisschen gegoogelt und wusste, dass das ehemals selbstständige Dorf nur etwa fünfhundert Einwohner hatte und inzwischen als Ortsteil in die Stadt Trebbin eingemeindet worden war. Das Dorf lag an einem kleinen Nebenfluss der Nuthe und zeichnete sich besonders durch seine Lage im Naturpark Nuthe-Nieplitz und am Blankensee aus.
    Das Gut sollte außerhalb des Ortes nahe am See liegen und war natürlich nirgends ausgeschildert. So konnte ich froh sein, dass ich mir eine genaue Wegbeschreibung von der Anwaltsgehilfin hatte geben lassen. Dennoch war es nicht leicht zu finden. Irgendwie schien das Seeufer, außerüber einen Bohlensteg von Blankensee aus, überhaupt nicht zugänglich zu sein.
    Schließlich entdeckte ich doch noch einen Wegweiser zum See.
    »Halt«, brüllte ich also und gab Marc ein Zeichen, anzuhalten. »Wir sollten diesen Weg nehmen. Ich glaube, das Gut liegt ziemlich nahe am Wasser. Vielleicht kann man es von dort sehen.«
    Marc nickte und wir fuhren den Feldweg hinunter bis an den schilfbewachsenen Rand des Gewässers.
    Offenbar wurde hier geangelt, denn an einigen Stellen war das Schilf beiseitegedrückt und niedergetrampelt, als hätten sich hier Menschen längere Zeit aufgehalten.
    Marc nahm den Helm ab, ich tat es ihm nach und schüttelte erst einmal kräftig meine dunkle Mähne. Ich mochte den Helm nicht, denn er zerdrückte elend das Haar, aber leider war er ja Pflicht.
    Marc schloss die Maschine ab und wir folgten einem Trampelpfad, der dicht am Seeufer entlangführte. Alles sah ein bisschen urtümlich aus. Wir erreichten eine Stelle, an welcher der Schilfgürtel mindestens hundert Meter tief zu sein schien. Vom Seeufer waren wir an dieser Stelle offenbar noch immer weit entfernt. Das Schilf war nun so hoch, dass es über unsere Köpfe aufragte und man von der Umgebung praktisch nichts sehen konnte. Zudem war der Boden sehr feucht und das Wasser quietschte unter jedem Schritt.
    »Meinst du, das ist hier Naturschutzgebiet? Ich habe, glaube ich, etwas von einem Naturpark gelesen. Wirkt so abgeschottet … irgendwie unheimlich …«
    »Kann gut sein. Mal sehen, wo der Pfad endet«, meinte Marc jedoch lachend. Da war ich auch gespannt.
    Wir gingen etwa noch fünfzig Meter, dann hörte das Schilf plötzlich auf und wir hatten zum ersten Mal einen unverstellten Blick über den See.
    Er war schön, kleiner, als ich gedacht hatte, aber doch groß genug, um ein Gefühl von Weite zu vermitteln, von freiem Horizont … Das Wasser lag glatt wie ein hellblauer Spiegel vor uns und an seinem Ende berührte es den Horizont, an dem eine Gruppe weißer Schäfchenwolken über einer schmalen grünen Uferlinie weidete. Das Ufer war allgemein sehr flach, und an einigen Stellen schien es von Schilfinseln durchzogene morastige Untiefen zu geben, während an dem anderen Ufer ein paar Baumgruppen auf leichten Anhöhen standen. Man hörte das Schnarren von Rallen und das Zirpen der Teichrohrsänger. Frösche quakten. Eine blaue Libelle schwebte direkt vor mir über dem Wasser, das aus der Nähe dunkler wirkte, grüngelb auf jeden Fall, nicht blau. Zum Baden lud es an dieser Stelle irgendwie nicht ein.
    Viel zu organisch, dachte ich, vermutlich voller Algen. Nein, das war nichts für mich. Ich hob den Blick und brach in begeistertes Gestammel aus.
    »Da, da, da … das muss es sein!« Mit der Hand deutete ich über das Wasser.
    In der Tat sah man in der Ferne auf einer leichten Anhöhe eine kleine Ansammlung von Gebäuden. Aber das war es nicht, was mich so sicher sein ließ, denn schon bevor ich die entdeckt hatte, war mein Blick auf einen Steg gefallen, der am anderen Ufer in den See hineingebaut war, und auf diesem Steg stand eine schattenhafte Gestalt … Mir war, als hörte ich wieder die
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