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INRI

INRI

Titel: INRI
Autoren: Michael Moorcock
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BIBLIOTHEK DER SCIENCE FICTION LITERATUR
Band 06/63

Titel der englischen Originalausgabe
BEHOLD THE MAN
Deutsche Übersetzung von Alfred Scholz
Das Titelbild schuf Helmut Wenske
    Sonderausgabe des
HEYNE-BUCHS
Band 06/3399
     
     
     
     
     
     
     
    Redaktion: Wolfgang Jeschke
Copyright © 1970 by Michael Moorcock
Copyright © 1972 der deutschen Übersetzung by Marion von Schröder Verlag GmbH, Hamburg und Düsseldorf
Printed in Germany 1987
Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München
Satz: Schaber, Wels Druck und Bindung:
Presse-Druck, Augsburg
Scanned by RedStarBurner

ISBN 3-453-31348-8
    ERSTER TEIL

1
    Die Zeitmaschine ist eine mit einer milchigen Flüssigkeit gefüllte Kugel, und der in einem Gummianzug steckende Reisende schwimmt darin und atmet durch eine Maske, die über einen Schlauch mit der Wand der Maschine verbunden ist.
    Die Kugel platzt bei der Landung auf, und die auslaufende Flüssigkeit versickert im Staub. Die Kugel setzt sich in Bewegung und rollt polternd und springend über kahlen Felsboden.
    Oh, Herr Jesus! O Gott!
    Oh, Herr Jesus! O Gott!
    Oh, Herr Jesus! O Gott!
    Oh, Herr Jesus! O Gott!
    Herrgott! Was geschieht mit mir?
    Ich bin im Arsch. Ich bin erledigt.
    Das verdammte Ding funktioniert nicht.
    Oh, Herr Jesus! O Gott! Wann hört das verfluchte Ding auf zu springen?
    Karl Glogauer rollt sich zusammen. Der Flüssigkeitsspiegel fällt, und er sinkt auf das elastische Plastikmaterial, mit dem die Maschine ausgekleidet ist.
    Die kryptographischen, unkonventionellen Instrumente geben kein Geräusch von sich, rühren sich nicht. Die Kugel kommt allmählich zur Ruhe, während der letzte Rest der Flüssigkeit durch den breiten Riß in der Wand hinausrinnt.
    Warum tat ich es? Warum tat ich es? Warum tat ich es? Warum tat ich es? Warum tat ich es? Warum tat ich es?
    Schnell öffnen und schließen sich Glogauers Augen, dann weitet sich sein Mund wie zu einem Gähnen, seine Zunge flattert, und er gibt ein Stöhnen von sich, das sich in ein Heulen verwandelt.
    Er hört das Heulen und denkt abwesend: Die Stimme der Zungen, die Sprache des Unbewußten… Aber er kann nicht hören, was er sagt.
    Luft zischt, und das Plastikfutter sinkt, bis Glogauer mit dem Rücken auf der Metallwand liegt. Er hört auf zu schreien und sieht den ausgezackten Riß in der Wand an; er ist nicht neugierig, was dahinter liegt. Er versucht seinen Körper zu bewegen, aber der ist vollkomme gefühllos. Es fröstelt ihn, als er die kalte Luft spürt, die durch die aufgeplatzte Wand der Zeitmaschine hereinweht. Es scheint Nacht zu sein.
    Seine Reise durch die Zeit war schwierig. Selbst die dicke Flüssigkeit hat ihn nicht ausreichend geschützt, obwohl sie ihm zweifellos das Leben gerettet hat. Einige Rippen sind vielleicht gebrochen.
    Schmerzen kommen mit diesem Gedanken. Aber er entdeckt, daß er Arme und Beine tatsächlich ausstrecken kann.
    Er kriecht über die schlüpfrige Wandfläche zu dem Riß hin. Er keucht, verschnauft und kriecht weiter.
    Er wird bewußtlos, und als er wieder zu sich kommt, ist die Luft wärmer. Durch den Riß sieht er grelles Sonnenlicht und einen stählern schimmernden Himmel. Er zwängt sich halb durch den Riß hinaus und schließt die Augen, als ihn das starke Sonnenlicht voll trifft. Er verliert wieder das Bewußtsein.
    Schuljahr 1949, Winter
Er war neun Jahre alt, geboren zwei Jahre nachdem sein Vater aus Österreich nach England gekommen war.
    Die anderen Kinder auf dem mit grauem Kies bestreuten Spielplatz der Schule schrien vor Lachen; sie spielten ein Spiel. Am Rande des Spielplatzes lagen noch kleine Haufen schmutzigen Eises. Hinter dem Zaun hoben sich die häßlichen Häuser von Süd-London schwarz vor dem kalten Winterhimmel ab.
    Das Spiel hatte ernst genug angefangen, und Karl hatte ein wenig ängstlich selbst die Rolle vorgeschlagen, die er spielen wollte. Zuerst hatte er die Beachtung genossen, aber jetzt weinte er.
    »Laßt mich runter! Bitte, Mervyn, hör auf!«
    Sie hatten ihn mit ausgebreiteten Armen am Drahtgeflecht des Spielplatzzauns festgebunden. Der Zaun beulte sich unter seinem Gewicht nach außen, und einer der Pfähle drohte nachzugeben. Er versuchte seine Füße freizubekommen.
    »Laßt mich runter!«
    Mervyn Williams, der Junge mit dem roten Gesicht, der das Spiel vorgeschlagen hatte, begann an dem Pfahl zu wackeln, so daß Karl an dem Drahtgeflecht hin- und hergeschaukelt wurde.
    »Hör auf! Hilf mir doch einer!«
    Sie lachten wieder, und er erkannte, daß seine
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