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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Bekanntwerden dieses Briefes nicht nur eine Panik im Olympiagelände auslösen, sondern die Spiele überhaupt in Gefahr bringen würde. Niemand wird sich zur Eröffnung in ein Stadion setzen, wo irgendwo zwei Atombomben auf die Zündung warten. Vielleicht werden einige Feldmäuse auf den Bahnen ihre Rennen laufen – menschliche Athleten bestimmt nicht.«
    Der Minister nickte. Er umklammerte den Telefonhörer, und da er ein großer, starker Mann war, der seine Erregung in dieses Pressen seiner Hand legte, der Hörer aber nicht zerbrach, mußte das Telefon aus einem guten Material gebaut sein.
    »Ich wage an eine solche Möglichkeit überhaupt nicht zu denken«, sagte er mit angerauhter Stimme. »Ich betrachte alle Maßnahmen auch nur als ›theoretisch‹. So etwas, wie es da in diesem ominösen Brief steht, kann es ja in Wahrheit gar nicht geben. Sie stimmen mir doch zu?«
    »Nur zum Teil, Herr Minister.« Der Generalbundesanwalt, der oberste Ankläger Deutschlands, blickte hinunter auf den Fernschreibtext, der vor ihm auf der Tischplatte lag. »Ich habe sofort, als ich Kenntnis von dem Brief erhielt, unseren Sprengstoffexperten in Wiesbaden angerufen. Ist es möglich, habe ich gefragt, daß jemand 12 Kilogramm Plutonium besitzt und daraus zwei Atombomben bauen kann? Und was sagt der Experte – es ist Dr. Reichelt, Sie kennen ihn, Herr Minister? ›Möglich ist alles. Aber nicht bei uns! Hier kommen wir nicht an soviel Plutonium, und eine A-Bombe gewissermaßen in Heimarbeit zu bauen, im Keller oder in der Garage, ist völlig unmöglich. Nicht aber in den USA!‹ Und das gab mir zu denken. Es gibt also doch eine Möglichkeit.«
    »Ungeheuerlich.« Der Minister wischte sich mit einem großen Taschentuch über die Stirn. Er schwitzte plötzlich! »Leiten Sie alles ein, was notwendig ist. Ich werde den Bundeskanzler unterrichten.«
    »Um Gottes willen, nein! Noch nicht! Erst müssen wir uns klar darüber sein, daß wir uns nicht blamieren und dummen Streichen aufsitzen. Wir haben den 3. April … die Olympischen Spiele werden am 26. August eröffnet. Das sind noch fast fünf Monate Ermittlungszeit. Bis dahin kann sich die ganze Welt verändert haben …«
    »Ganz recht. Durch eine Atomwolke, die von München über ganz Europa zieht.«
    »Erst mit dem 26. August, Herr Minister. Denn wenn hinter dieser Drohung eine Realität steht, dann wird die Katastrophe frühestens am 26. August stattfinden. Die Wahnsinnigen, die die Bombe zünden, werden das nicht vor leerem Haus tun. Jedes Theater braucht Zuschauer, jeder Akteur träumt vom großen Applaus. Und wenn es der tausendfache Aufschrei des Entsetzens ist … wer soviel Geld, Mühe, technischen Aufwand und Satanerie investiert, will auch den ganz großen Schlag. Wir haben fünf Monate Zeit …«
    Ein Selbstbetrug, eine halbe Wahrheit.
    Natürlich sollten die Bomben im vollbesetzten Stadion explodieren … aber Zeit hatte niemand mehr. Die Ereignisse zwangen alle, sofort in die Startlöcher zu knien und loszurennen.
    Alle … die Präsidenten, Minister, Staatsanwälte, Kriminalbeamten, Physiker, Polizisten, Bauexperten, Sicherungsgruppen, V-Männer, Spurensucher – und einen Hellseher. Und der sah sehr dunkel.
    Aber kam später.
    Mit einem grüngestrichenen Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes flog der Innenminister eine halbe Stunde später nach München.

Wiesbaden
    »Das ist doch verrückt«, sagte Fritz Abels und lehnte sich zurück.
    Er saß auf dem Besuchersessel im Zimmer seines Chefs, des Leiters des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden, rauchte eine der angebotenen Zigaretten und legte jetzt die dünne Mappe auf die blanke Schreibtischplatte zurück. Ein roter Aktendeckel, ohne Aufschrift, so geheim war die Sache. Nur an der rechten oberen Ecke war ein dünner, roter Strich quer über den Karton gezogen.
    Fritz Abels war 46 Jahre alt, Vater von drei Kindern, Besitzer eines Einfamilienhauses am Stadtrand, Opelfahrer, Sportfischer und Mitglied des Gesangvereins ›Hohes C‹, Stammtischbruder der fröhlichen Runde ›007‹ und in Kriminalkreisen bekannt als der Mann, der von seinem Schreibtisch aus einen dreifachen Frauenmörder fing. Es war eine reine Denkarbeit gewesen, ein Zusammensetzen von hunderten Mosaiksteinchen, ein Puzzlespiel mit durchschnittenen Kehlen, abgetrennten Brüsten und aufgeschlitzten Vaginen. Eine geradezu sagenhafte Gabe, sich über Jahre hinweg an Dinge zu erinnern, die niemand mehr in seinen Hirnzellen aufbewahrte, kam Abels zu Hilfe. Er
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