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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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billiger im eigenen Land kaufen könnte! Ich nenne das einen Skandal …« Während dieser mit persönlicher Leidenschaft angereicherten Rede reichte ein Bundestagsdiener dem Minister einen kleinen Zettel.
    »Bitte sofort Bundesanwaltschaft in Karlsruhe anrufen. Persönlich. Streng vertraulich«, stand auf dem Blatt Papier. Eine lapidare Bitte, wie man sie einem Minister eigentlich nicht vorträgt.
    Der Innenminister erhob sich, schlängelte sich hinter den Stühlen der anderen Kollegen nach draußen und hörte gerade noch, wie der Abgeordnete vom Rednerpult rief: »Auch wenn Minister das Hohe Haus verlassen – es bleibt die Feststellung im Raum: Die Butter ist ein Skandal! Ein Beweis der Fehlplanu…«
    Im Foyer des Bundestages wartete schon der Referent II. Er wirkte etwas verstört, so, als ob ihm ein Steuerzahler die Hand gedrückt hätte mit den Worten: »Freut mich, einen aus der Nähe zu sehen, den ich mit meinen Steuern ernähre« – mit solchen Worten kann man ja unerhörte Effekte erzielen, die wenigsten Beamten sind darauf vorbereitet.
    »Was ist denn los?« fragte der Minister ungeduldig. »Karlsruhe? Sagen Sie bloß nicht, da ist wieder ein Sensationsfall passiert.«
    »Mehr als das, Herr Minister.« Referent II holte tief Atem. »Man will das Olympiastadion in München in die Luft sprengen.«
    »Was?« Der Minister, der eben zum Weitergehen angesetzt hatte, blieb abrupt stehen. »Das ist doch ein Witz, ein ganz dämlicher.«
    »Der Herr Generalbundesanwalt ist anderer Ansicht.«
    »So etwas gibt es ja gar nicht. Olympiastadion in die Luft sprengen! Das hat uns noch gefehlt. Daß man so etwas ernst nimmt.«
    Nach zehn Minuten war auch der Innenminister geneigt, den Brief zu akzeptieren. Still, etwas nach vorn gebeugt, mit halbgeschlossenen Augen hörte er am Telefon den Text an, den man ihm aus Karlsruhe vorlas. Er schwieg auch noch, als der Generalbundesanwalt mit seiner Deklamation zu Ende war. Dieser fragte deshalb:
    »Sind Sie noch da, Herr Minister?«
    »Ja. Natürlich. Mein Gott, das ist ja unausdenkbar. Ich fliege sofort mit einem Hubschrauber nach München. Wir treffen uns dort. Im Polizeipräsidium. Haben Sie einen Vorschlag?«
    »Ich halte den Fall für so wichtig, daß Sie, Herr Minister, eine Sonderkommission des Bundeskriminalamts einsetzen sollten, unter Führung eines Experten auf diesem Gebiet.«
    »Und natürlich eine Kommission der Sicherungsgruppe Bonn. Vielleicht auch den militärischen Abschirmdienst?«
    »Ich glaube nicht, daß hier Interessen der Bundeswehr verletzt werden, Herr Minister. Das ist eine rein zivile Angelegenheit.«
    »Der Bundesverfassungsschutz –«
    »Je mehr es wissen, um so schwieriger ist es, die absolute Geheimhaltung zu gewährleisten.« Der Generalbundesanwalt räusperte sich. Es gibt Kriminalfälle, von denen man nachts träumt, qualvoll, weil man in ihnen ertrinkt, oder triumphierend, weil man sich in der Unwirklichkeit seiner losgelösten Phantasie als den großen Helden und Eroberer sieht. Da gibt es keine Probleme, die man nicht lösen könnte, oder es gibt so unüberwindliche, daß man schweißgebadet und mit Zittern über dem ganzen Körper aufwacht und sich freut, daß die Wirklichkeit soviel harmloser ist.
    Hier aber waren alle Qualträume übertroffen, wenn dieser höllische Brief nicht in die Kategorie ›falscher Alarm‹ einzuordnen war.
    »Ich bin der Ansicht, Herr Minister, daß man den ganzen Komplex am besten zur höchsten Geheimsache erklärt.«
    »Natürlich. Ich fliege sofort nach München.«
    »Wer weiß in Ihrem Ministerium schon von diesem Brief?«
    »Nur mein Referent II. Ein völlig zuverlässiger Mann. Schweigsam wie eine Steinmauer.«
    Der Generalbundesanwalt räusperte sich wieder. Man muß es ihm sagen, dachte er. Was in den letzten Jahren an Geheimnissen alles durch undichte Stellen durchgesickert ist, gehört zu den großen Rätseln in diesem Staat. »Eine Steinmauer genügt nicht«, sagte er bedächtig.
    »Ich kann meinen Referenten wegen seines Wissens nicht erschlagen, wenn Sie das meinen!«
    »Das wäre auch schlechter Stil. Außerdem würde dem Steuerzahler die Witwen- und Waisenrente zur Last gelegt werden. Ich denke nur an die verschiedenen –«
    »Ich weiß, ich weiß.« Die Stimme des Ministers wurde ungeduldig. »Aus meinem Ministerium sickert nichts 'raus.«
    »Das dachte das Außenministerium auch … und trotzdem haben wir bis heute nicht den Plapperer entdeckt. Herr Minister, ich brauche nicht zu betonen, daß
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