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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf seinen klappbaren Aschenbecher. Die versammelten Kommissare murmelten erfreut. Das war ein echter Beutels gewesen … die Anekdote würde, wie so manche von ihm, einen Rundlauf durchs Präsidium machen.
    »Ich neige auch zu der Ansicht, daß hinter diesem Brief eine starke Organisation steht«, sagte der Polizeipräsident ungerührt durch die aufkommende allgemeine Fröhlichkeit. »Wir sollten in diesen Kreisen suchen.«
    Auf einmal spürte jeder, daß Beutels' Witze der Situation nicht angemessen waren. Selbst Beutels kümmerte sich nicht mehr um seine Brasil, lehnte sich zurück und warf einen schnellen Blick in die Runde, der betretene Gesichter streifte.
    Er kannte sie alle seit Jahren, die hier saßen und nun mit strichschmalen Lippen zu ihrem Chef aufsahen. Einige hatte er sogar ausgebildet, empfohlen, gefördert, zu Ressortleitern gemacht. Er galt als der große Lehrmeister, Nachfolger des legendären dicken Gennat, der in den dreißiger Jahren in Berlin das Rückgrat der Kriminalpolizei gewesen war. Während Gennat immer und überall Hunger mit sich herumtrug und eigentlich nur essend anzutreffen war, kannte man Beutels nur mit Zigarre: Brasil, wenn tiefe Zufriedenheit sich in ihm ausbreitete, eine ›Blonde‹, wenn er reizbar war. Und nur neunmal – so berichtete man – hatte man ihn mit einer langen Brissago-Zigarre angetroffen. Dann ging man ihm besser aus dem Weg, schlug einen möglichst weiten Bogen um ihn, sprach ihn auf gar keinen Fall an und antwortete, wenn man selbst angesprochen wurde, knapp, stichwortartig, ohne viel Schnörkel.
    Die Lage wurde ernst … alle sahen es jetzt. Beutels holte aus der Brusttasche seines Jacketts eine Brissago-Zigarre, zog den Strohhalm heraus und bedankte sich mit einem knurrenden Kopfnicken, als sein Nebenmann ihm Feuer gab.
    Auch von diesen Brissago-Zigarren gab es verbriefte Geschichten. So bot Beutels jedem jungen Kriminalbeamten, der frisch und vollgepumpt mit Idealen und theoretischem Wissen auf die freie Wildbahn der Verbrecherjagd geschickt wurde, nachdem er die einzelnen Polizeifachschulen absolviert hatte, zur Begrüßung im Präsidium eine seiner höllischen Zigarren an. Zog der junge Mann den Strohhalm aus der Zigarre, war Beutels zufrieden und sagte: »Der Mann wird etwas!« Ließ er den Halm drin und rauchte die Zigarre mit Inhalt, tapfer, langsam bleich und grünlich im Gesicht werdend, meinte Beutels: »Der Junge hat Mut, aber kein Auge für Realitäten. Er wird's schwer haben!«
    Meistens behielt er auch darin recht. Er war eben ein ungewöhnlicher Mann.
    »Sonderkommission?« fragte er jetzt knapp.
    »Darauf wird's hinauslaufen.« Der Polizeipräsident schielte auf das Telefon. »Ich warte auf den Generalbundesanwalt, das Innenministerium und den Bundesverfassungsschutz.«
    »Du meine Güte! Je mehr Hunde bellen, um so weiter hört man sie.«
    »Wollen Sie den Fall allein übernehmen, Herr Beutels?«
    »Man sollte grundsätzlich keinen Lärm machen. Zumauern, das ist meine Ansicht. Kein Ton an die Öffentlichkeit. Den großen Ignoranten spielen. Und warten …«
    »Wie lange warten?«
    »Bis unser Plutonium-Junge sich wieder meldet. War's kein Aprilscherz, kommt er wieder.« Beutels sog an seiner langen, etwas gebogenen Brissago-Zigarre. Herber, abweisend riechender Rauch umgab ihn in schwebenden Wölkchen. »Was mich noch hindert, an das unvorstellbare Superding zu glauben, ist der Stempel des Postamts. München 23 – Schwabing – ist ein Stilbruch. Können Sie sich die Mafia oder Cosa Nostra in Schwabing vorstellen? Ich nicht! Und hier setzt die Begründung für meine Ruhe ein …«
    Auch große Männer wie Beutels können sich irren – das erwies sich bald.
    Das Telefon auf dem langen Tisch läutete.
    Aus Karlsruhe rief der Generalbundesanwalt an.

Bonn
    Der Innenminister saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl im Bundestag und hörte etwas gelangweilt einem Redner der Opposition zu, der seine Ansichten über die Verteuerung von Butter und Milchprodukten in Europa vortrug: »Es ist doch bedauerlich, meine Damen und Herren dieses Hohen Hauses, daß die Regierung auf der einen Seite einen Butterberg unterhält, zehntausende Tonnen Butter auf Halde legt oder zu billiger Kochbutter umschmelzen läßt, während auf der anderen Seite teure Butter importiert wird, um gewissen Agrarstaaten aus politischen Motiven gefällig zu sein und deren Nöte im Bauernstand lindern zu helfen. Auf Kosten des deutschen Steuerzahlers, der die Butter um 20 Prozent
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