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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jeder Sprengsatz enthält sechs Kilogramm Plutonium. Auch hier werden Ihnen die Experten ausrechnen können, was das bedeutet.
    Diese Katastrophe, die in der Menschheitsgeschichte einzig dastehen würde, kann verhindert werden, indem das Olympische Komitee 10 Millionen Dollar zur Verfügung stellt, und zwar einzig zu dem Zweck, den friedlichen Wettstreit der Nationen zu gewährleisten. Erklären Sie in einer Anzeige in der ›Süddeutschen Zeitung‹ kurz: »Wir danken dem ehrlichen Finder«, dann werden wir Ihnen Ort und Ziel der Übergabe der 10 Millionen Dollar nennen und Ihnen nähere Instruktionen geben. Wir sind uns mit Ihnen einig, daß die Olympiade in München nicht zur größten Menschheitskatastrophe werden soll, sondern zum Mahnmal des Friedens und der Freundschaft unter den Völkern.
    In der Hoffnung, Ihr Interesse an unseren edlen Zielen geweckt zu haben, mit herzlichen Grüßen Ihr
    Komitee und Aktionsgemeinschaft für friedliche Spiele
    Der Präsident las den Brief ein zweitesmal, Wort für Wort, dann legte er ihn auf die Schreibunterlage.
    »Verrückt!« sagte er laut. »Total verrückt! Das hat ein Irrer geschrieben oder ein Witzbold.«
    Dann lächelte er, betrachtete das Datum und lehnte sich zurück.
    1. April.
    Ein makabrer Aprilscherz. Es gibt solche Leute, die mit Entsetzen Scherz treiben. Der Präsident legte den Brief beiseite, drückte auf die Sprechtaste seines Rundsprechgeräts, das ihn mit allen Büros verband, drückte daneben die Taste II – Fräulein Bernhold, die Chefsekretärin, Mädchen für alles mit einem Hirn, das ein Duell mit einem Computer aufnehmen konnte, es gab keinen Termin, den sie nicht im Kopf hatte, jeder Schritt des Präsidenten, sobald er im Amt war, war von ihr berechnet und geplant – und sagte:
    »Was steht an, Holdchen?«
    »Um 11 Uhr Besprechung mit der Bauleitung.«
    »Das trifft sich gut. Verbinden Sie mich doch mit der Staatskanzlei.«
    »Sofort?«
    »Sofort.«
    »Dr. Rummelmann hat schon dreimal angerufen. Er wartet jetzt in der Leitung. Soll ich durchstellen?«
    Der Präsident warf einen Seitenblick auf den Brief. Dr. Rummelmann war Mitglied des Rechtsausschusses, ein Jurist von hohen Graden; er las an der Universität über Strafrecht und galt als bester Kenner von badischen Weinen. Ob Rummelmann einen Rat wußte? Sollte man ihn überhaupt mit dem dummen Aprilscherz belästigen? 10 Millionen Dollar. Zwei Atomsprengsätze irgendwo im Olympiastadion. Zweimal sechs Kilogramm Plutonium. Lächerlich.
    »Stellen Sie durch, Holdchen.«
    Ein hartes Knacken in der Leitung, dann die tiefe Stimme von Dr. Rummelmann, langsam, bedächtig, die Stimme eines Mannes, der viel Zeit besaß, weil er die Zeit seines Lebens zum größten Teil hinter sich hatte.
    »Wie geht's?«
    »Wie immer«, antwortete der Präsident. »Terminkalender voll. Man müßte sechs Köpfe und zwanzig Hände haben. Ich habe da übrigens heute mit der Post einen Brief bekommen, geschrieben am 1. April. Man will das Olympiastadion in die Luft sprengen.«
    »Reichlich dumm für einen Aprilscherz. Nehmen Sie das ernst?«
    »Aber nein … Verstehen Sie was von Plutonium?«
    »Ich bin Jurist. Um Plutonium würde ich mich erst kümmern, wenn jemand damit Unsinn anfängt. Ich erinnere mich da an einen Fall … das war 1931 in Berlin. Damals bastelte ein Chemiestudent im Keller seiner elterlichen Wohnung in Dahlem ein Gebräu zurecht, das bei Erhitzung auf 45 Grad in die Luft gehen sollte. Weiß der Teufel, was das für eine Substanz war … wir haben es nie herausgekriegt, denn der junge Herr ist mit seinem Labor selbst in die Wolken geschossen worden. Es war Sonntag, und seine Eltern hatten einen Ausflug in die Lustheide gemacht. Das einzige, was wir fanden, war ein Notizbuch, in dem der Wirrkopf schrieb, er wolle mit seinem neuen Stoff Hindenburg in die Hölle jagen, weil er – Hindenburg – zu alt sei, um zu begreifen, daß er zu dumm als Reichspräsident sei. Das hätte damals gefährlich werden können … aber wer hat schon ein Interesse daran, das Olympiastadion zu pulverisieren?«
    »Jemand, der 10 Millionen Dollar verlangt.«
    »Oha! Ein Erpresserbrief also? Das sieht plötzlich ganz anders aus.« Dr. Rummelmann sprach jetzt schneller. »Wen haben Sie unterrichtet?«
    »Noch niemanden. Ich habe den Brief eben erst gelesen.«
    »Unterrichten Sie den Polizeipräsidenten.«
    »Vielleicht mache ich mich lächerlich? Wenn das Datum nicht der 1. April wäre …«
    »Das kann Zufall sein.«
    »Kann!
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