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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Schrittmacher wie Beutels unbezahlbar.
    »Man kann sich die Laborarbeit sparen.«
    »Das ist alles, was sie darüber sagen?« Der Präsident war enttäuscht. Beutels nickte heftig, sein dicker, runder Kopf wirkte wie eine hüpfende Kegelkugel.
    »Datum 1. April. Da kann doch ein Armloser dran fühlen. Es ist mir rätselhaft, daß ein Mann wie Olympia-Willi so einen Unsinn ernst nimmt. Zuerst eins: Zwölf Kilogramm Plutonium kosten ein Vermögen – wieviel, das kann Ihnen jeder Chemiefachmann sagen –, auf jeden Fall kosten sie so viel, daß ein kleiner mieser Erpresser sich so einen Luxus gar nicht leisten kann. Zweitens: die elektronische Zündung. Nicht kompliziert, aber in Zusammenhang mit den beiden Bomben mehr als problematisch. Wenn im Sichtkreis alles zerstört wird, verwandelt sich ja auch der Erpresser in ein Engelchen. Drittens: Woher nimmt er das Plutonium, selbst wenn er das Geld dafür hat? Viertens: Um eine wirksame Atombombe zu konstruieren, bedarf es großer wissenschaftlicher und technischer Möglichkeiten. Es sei denn, irgendwo ist bekannt – oder es wird durch diesen Brief bekannt –, daß zwei Atombomben aus einem Arsenal geklaut sind. Das wäre nur bei den Amis möglich. Wir haben keine. Es liegen aber keine vertraulichen Diebstahlsanzeigen für Atombomben vor. Also ist der Brief Quatsch. Ein Aprilscherz.«
    Die anderen Kommissare nickten stumm Beifall. Unser Beutels, dachten sie. Mit ein paar logischen Sätzen zaubert er – husch, husch – die plötzlich aufgekommene Beklemmung weg.
    »Genau das habe ich auch gedacht.« Der Präsident übersah das stille Lächeln seiner Kommissariatsleiter. Beutels hat ihm ein Bein gestellt, jetzt stolpert er drüber und schreit dabei, er habe das Bein längst vorher gesehen. Warum hat er den blödsinnigen Brief ins Labor gegeben? »Aber da ist noch etwas, meine Herren. Die Bayerische Staatskanzlei nimmt das Schreiben ernst. Der Generalstaatsanwalt ist benachrichtigt und wird in zehn Minuten hier sein. Er seinerseits hat – Bonn vorgreifend – den Generalbundesanwalt in Karlsruhe angerufen. Im Augenblick spricht Herr Daume mit dem Bundesinnenminister.«
    »O weh«, sagte Beutels laut. Er legte seine Brasil in den blechernen Aschenbecher vor sich. Dieser Aschenbecher war berühmt. Er gehörte Beutels, war zusammenklappbar und wanderte überall mit, wohin Beutels ging. Saß Beutels, griff er in die Tasche, es machte leise ›klick‹ in seinen Händen, und der Aschenbecher stand auf dem Tisch. Durch das Präsidium lief hartnäckig die Sage, mit diesem Trick habe er schon sieben Ganoven überführt. Alle hätten sie gedacht, Beutels griffe in die Tasche, um eine Waffe zu ziehen, und das ›Klick‹ sei das Herumwerfen des Sicherungshebels. »Bonn! Das sieht böse aus! Das gibt Arbeit.«
    »10 Millionen Dollar, meine Herren! Oder eine unübersehbare Katastrophe!« Der Polizeipräsident sah Beutels fast flehend an. Giftige Polemik gegen Bonn half jetzt nicht, sie hemmte nur. »Nehmen wir an, der Brief schildert uns Tatsachen –«
    »Dann müßte dahinter eine große Organisation stehen. Eine mustergültige, steinreiche Organisation«, warf Beutels dazwischen.
    »Sie sagen es! Gehen wir davon aus.«
    »Dann ist es wohl kein politischer Fall. Bei den Olympischen Spielen sind alle Völker friedlich vereint, die sich sonst am liebsten gegenseitig ausrotten würden. Ein Fanatiker scheidet aus … politische Fanatiker sind finanzielle Bettnässer. Kein Volk der Erde hat ein Interesse daran, seine eigenen Leute im Rahmen der Olympiade zu pulverisieren. Was bleibt also? Mafia, Cosa Nostra … die Urväter-Schreckgespenster, die immer herhalten müssen, wenn in der Kriminalistik etwas unklar ist. In den USA ist das schon zu einem Gesellschaftsspiel geworden. Da treffen sich zwei G-Men in New York auf der Straße, jeder mit einem anderen Fall beschäftigt … der eine mit einem undurchsichtigen Bandenverbrechen, der andere auf der Jagd nach einem Schmugglerring. Fragt der eine: ›John, wem bist du auf der Spur?‹ Antwortet John: ›Ich muß unbedingt den Faden zu Mario di Varase finden, du weißt, zu dem Mafia-Boß.‹ Darauf erbleicht der andere G-Man, schlägt die Hände überm Kopf zusammen und jammert: ›John, tu mir das nicht an. Ich brauche di Varase für mich! Ich hab's schon gemeldet. Bitte, such dir einen anderen aus. Ich glaube, im Augenblick ist noch Lupo Cavacci frei.‹«
    Beutels nahm seine Brasil, nuckelte kurz an ihr und legte sie wieder zurück
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